Alte und neue Gesichter an der Kammerspitze

Acht Männer und eine Frau. Acht bekannte Gesichter, ein neues – jenes der Kärntnerin Dr. Petra Preiss. Das ist das Ergebnis der Ärztekammervollversammlungen in den Bundesländern und damit der Kammerwahlen. In allen Ländern wurden die bisherigen Kammerpräsidenten bestätigt, in Kärnten trat der bisherige Präsident nicht mehr an und machte damit den Platz frei für die erste Kammerpräsidentin in Österreich – eben für Petra Preiss (siehe Interview). In Wien konnte sich wie berichtet dank einer breiten Koalition erneut der Zweite der Wahl, Dr. Thomas Szekeres, in der Vollversammlung vor Wahlsieger Dr. Johannes Steinhart durchsetzen.
Offen ist nun noch die Wahl des Präsidenten der Bundesärztekammer, der statuarisch aus dem Kreis der Landespräsidenten kommen muss. Damit sind auch die Chancen für den amtierenden Präsidenten Dr. Artur Wechselberger intakt, eine zweite Amtszeit zu bekommen. Wechselberger ist auch mit einer Amtszeit von 27 Jahren der Längstdienende unter den Länderpräsidenten. Ebenfalls bereits mehr als drei Amtsperioden hat Oberösterreichs Präsident Dr. Peter Niedermoser vorzuweisen, der bereits seit 2005 der OÖ Kammer vorsteht. Bei den Kammerwahlen hatte seine Liste – ähnlich wie jene von Wechselberger – deutlich zugelegt.
Von Niedermoser kamen nach seiner Wahl im Bundesland auch erste überregionale Ansagen: Auf die Frage, ob er Ambitionen habe, auch auf Bundesebene Verantwortung zu übernehmen, legte sich Niedermoser gegenüber der Austria Presse Agentur zwar nicht fest, betonte aber, dass es nicht wichtig sei, wer auf dem Präsidentensessel sitze. In der Standesvertretung sollte ein Team finden, das wieder agieren und Konzepte auf den Tisch legen wolle.
Ähnliche Töne kamen nach der Landesvollversammlung auch aus der Steiermark vom dortigen Präsidenten Herwig Lindner, der sich zu den Themen ELGA, Primärversorgung und Krankenhäuser zu Wort meldete. Er lehne ELGA nicht ab, wolle aber ein funktionierendes System: „Gegen ein schlechtes wehren wir uns.“ Ähnliches gelte für die Primärversorgungszentren: Sie seien gewünscht, aber dafür brauche man kein Gesetz. In den Spitälern habe wiederum der Druck enorm zugenommen, „auch durch das Arbeitszeitgesetz und überlaufene Ambulanzen“.
Wiens Kammerpräsident Thomas Szekeres sieht wiederum als größte Herausforderung für die nächsten Jahre die Vernetzung von Spitals- und niedergelassenem Bereich sowie die Finanzierung und Bereitstellung der Gesundheitsversorgung der schnell wachsenden und älter werdenden Bevölkerung in Wien.

 

 

 

 

 

Interview mit Dr. Petra Preiss: „Zeit wars“

Erstmals hat eine Frau den Präsidentensessel in einer Ärztekammer über­nommen: Die Herz- und Thoraxchirurgin Dr. Petra Preiss ist neue Präsidentin der Ärztekammer Kärnten. Im Interview mit der Ärzte Krone skizzierte sie ihre Pläne.

Ärzte Krone: Erstmals gibt es in Österreich eine Präsidentin einer Ärztekammer …

Petra Preiss: … Zeit war‘s.

Warum hat es so lange gedauert? Es gibt ja schon mehr Ärztinnen als Ärzte. Auch der Nachwuchs ist großteils weiblich.

Wenn man ernsthaft einen medizinischen Beruf ausüben will und gleichzeitig seriöse Kammerarbeit machen will, ist das mit einer Familie unvereinbar. Das ist einer der Gründe. Auch ich habe das ja erst in Angriff genommen, nachdem eines der Kinder aus dem Haus und das andere mit 16 selbstständig ist. Aber natürlich: es ist eine Zumutung, dass Kammerpolitik ohne Frauen stattfindet. Ich unterliege auch jetzt nicht der Illusion, dass man Frauen plötzlich in lei­tenden Funktionen haben will. Es stehen einfach immer we­niger Männer zu Verfügung. Man glaubt also nicht, mit einer Frau besser zu fahren, man ist schlicht darauf angewiesen.

Wie wirkt sich das im Medizinbetrieb selbst aus? Der Nachwuchs­mangel und bevorstehende Pensionierungen sorgen gesundheits­politisch für laufende Debatten.

Man muss in jedem Fall die Strukturen än­dern. Kassenpraxen sind etwa extrem auf Massenabferti­gung ausgerichtet. Viele Frauen haben hier einen anderen Anspruch an Medizin und wünschen sich andere Modelle. Im Krankenhaus ist das einfacher, da kann man Teilzeitmo­delle entwickeln. Allerdings sind auch diese nicht für alle Fächer dauerhaft anwendbar. Ich glaube etwa nicht an den Teilzeit-Herzchirurgen.

Stichwort Primärversorgungszentren? Hier war die Ärztekammer lange abwartend.

Ich vertrete diese Position nicht – wir brau­chen Kooperationen und gerade auch im niedergelassenen Bereich eine bessere Vernetzung. Dafür sind neue Businessmodelle nötig, wo etwa auch Ärzte andere Ärzte anstellen können sollten. Wir müssen aber auch genügend Leute finden für die Ausbildung in der Allgemeinmedizin um den Bedarf abdecken zu könne, der sich in den kommenden Jahren entwickelt. Dafür braucht es auch genügend Ärzte, die Lehrpraxen betreiben. Hier sind wir noch weit entfernt von wirklichen Lösungen. Persönlich sehe ich als überzeug­te Spitalsärztin meine Schwerpunkte aber im Angestellten­bereich. Auch hier brauchen wir neue Lösungen. Im Detail möchte ich mich aber zuerst in die vorliegenden Konzepte wie etwa den regionalen Strukturplan Gesundheit noch ein­arbeiten, bevor ich konkretes dazu sage.