Behandlungserfolge bei infantiler Zerebralparese

Infantile Zerebralparese (IZP) wird als unheilbare neurologische Krankheit klassifiziert. Sie äußert sich in einer Störung von Bewegung und Haltung des Kindes und einem Defizit in allen motorischen Fähigkeiten. Die Ausfälle in der Motorik sind zumeist mit einer Störung der Sprachfähigkeit und der mentalen Funktionen verbunden.
Die Schädigung entsteht in der Zeit der Entwicklung des fetalen oder frühkindlichen Gehirns; Schätzungen zufolge sind etwa zwei von tausend Neugeborenen betroffen. IZP tritt oft bei Frühgeburten auf, deren Zahl in den vergangenen Jahren gestiegen ist.
Schätzungen zufolge gibt es in Österreich rund 30.000 Menschen, die an den Folgen von IZP leiden. Wichtig ist, dass die Behandlung von IZP so früh wie möglich einsetzt und alle Möglichkeiten der modernen Neurorehabilitation ausschöpft.
Die Diagnose IZP wird zumeist verspätet gestellt, obwohl die Störung der motorischen Entwicklung des Kindes von den Angehörigen oft schon früh erkannt wird. Das Adeli Medical Center in Piešt‘any in der Slowakei präsentiert sich als das führende Zentrum in der Neurorehabilitation von Kindern. Univ.-Prof. Dr. Dr. h. c. mult. Franz Gerstenbrand: „Das Adeli Medical Center bietet den Patienten ein individuell angepasstes Neurorehabilitationsprogramm. Das ärztliche Team ist erfahren und auf die neuesten Behandlungsmethoden ausgerichtet. Im weltweiten Vergleich sehe ich dort ausgesprochen positive Grundlagen verwirklicht – das hat mich gereizt, als wissenschaftlicher Berater im Adeli Medical Center mitzuarbeiten.“

 

 

Studienergebnis: Motorische Störungen verbessern sich

Nun hat eine Studie die Fortschritte in der Behandlung wissenschaftlich untermauert: Bei hundert Kindern mit IZP wurden nach dem speziellen Therapieprogramm bei Adeli Verbesserungen festgestellt. Das Ergebnis der Studie kurz gefasst: Nach den ausgewerteten Daten hat sich bei allen Patienten eine Verbesserung der bereits chronisch gestörten Motorik nachweisen lassen. Das Behandlungsprogramm des Adeli Medical Centers wurde nach dem international etablierten „Gross Motor Function Measure-88 System“ (GMFM-88) bewertet.
Für die Studie wurden die Daten von hundert Patienten mit IZP ausgewertet, die zwischen Anfang 2008 und Anfang 2011 im Adeli Medical Center behandelt worden waren. Eine Behandlungsphase dauerte drei Wochen. Bei allen Patienten lag ein deutliches motorisches Defizit vor. Auffallend waren eine Spastizität der unteren Extremitäten sowie spastische Symptome im Bereich der Arme.
Dr. Alexander Kunz, bei der Studie mitwirkender Neurologe der Christian-Doppler-Klinik Salzburg: „Bei allen Patienten wurde eine Gesamtbesserung in allen fünf Testkategorien festgestellt. Geprüft wurden Fortschritte im Liegen und Rollen (Kategorie I), Sitzposition (Kategorie II), Haltung auf allen vieren und Krabbeln (Kategorie III), Stehen (Kategorie IV) und Gehen, Laufen und Springen (Kategorie V). Die Störungen beim Gehen, Laufen und Springen hatten sich weniger gebessert. In den Kategorien Sitzen und Liegen war die Entwicklung günstiger. Bei keinem einzigen Patienten ist eine Verschlechterung der motorischen Störungen in einer der fünf Kategorien eingetreten.“
Das vorrangige Ziel der Therapie bei IZP ist auf die Verbesserung der gestörten motorischen Fähigkeiten gerichtet. Die intensiven Behandlungsphasen müssen mehrmals wiederholt werden, um Resultate zu zeigen.

Langfristige Therapiebegleitung der Patienten

Bei der Therapie der IZP gilt nach der repetitiven Neurorehabilitation der Grundsatz, dass die Behandlung der Patienten über ihr gesamtes Leben weiterzuführen ist. Die wiederholt durchgeführten Behandlungsphasen müssen dabei an die bestehenden neurologischen Ausfälle angepasst sein. Dabei ist auf die Verhinderung von Sekundärschäden zu achten.
Zu den Folgen eines Gehirnschadens zählt das Bed-Rest-Syndrom, das mit Muskelatrophie und Entwicklungsstörungen der Wirbelsäule verbunden ist.
Gerstenbrand: „Das Besondere an der Behandlung im Adeli Medical Center ist, dass für jeden Patienten ein individuelles Programm zur Neurorehabilitation festgelegt wird.“ Seit seiner Gründung vor zehn Jahren hat das Adeli Medical Center rund 4.500 Patienten mit verschiedenen Krankheitsbildern betreut. Viele kommen aus Europa, einige auch aus anderen Teilen der Welt. „Rund 15% der Patienten machen bei uns besonders beachtliche Fortschritte, zum Beispiel ihre ersten Schritte“, sagt Adeli-Geschäftsführer Maxim Raskin.

Umfassendes Programm unterstützt Rehabilitationsprozess

Das intensive Programm beinhaltet neben der Bewegungstherapie und Aktivierung der Motorik auch Heilschlamm-, Manual- und Reflextherapie, Ganzkörpermassagen und Logopädie. „Durch die umfassende Betreuung und die gezielte Anregung des geschädigten Zentralnervensystems wird der Rehabilitationsprozess maßgeblich unterstützt“, sagt Raskin.
Die Behandlungsdauer beträgt für jeden Patienten von 4,5 und bis zu sechs Stunden pro Tag. Die Behandlung erfolgt an sechs Tagen pro Woche. Für das Team von Adeli ist vor allem die Einbindung der begleitenden Angehörigen wichtig. Diese erhalten eine Einweisung in das Programm. Ihre aktive Mithilfe trägt in hohem Ausmaß zu den positiven Resultaten der Behandlung bei.

Intensiver Einsatz für Säuglinge und Kleinkinder

Die Ärztin Dr. Olga Boldisova betreut im Adeli Medical Center Säuglinge und Kleinkinder bis zwei Jahre. Sie hat auf dem Gebiet der Kinderneurologie und Rehabilitation jahrzehntelange Erfahrung. „Eine gezielte Frühdiagnostik und die Erstellung eines komplexen Rehabilitationsprogramms ermöglicht eine höhere Chance für Entwicklungsmöglichkeiten von Säuglingen und Kleinkindern mit Neuroentwicklungsproblemen“, sagt Boldisova. „Unser gemeinsames Ziel ist es, zu vermeiden, dass sich eine Entwicklungsverzögerung mit der Zeit zu einer schweren Behinderung entwickelt“, sagt Boldisova.
In dem Zentrum wird mit den Patienten auf der Basis der jüngsten wissenschaftlichen Erkenntnisse in der Neurologie gearbeitet. Ein Beispiel dafür ist die Stimulation des propriozeptiven Systems. Diese Stimulation wird bei Adeli durch den Einsatz von Techniken und Geräten aus der Raumfahrtmedizin erreicht – zum Beispiel durch simulierte Hyper- und Hypogravitation und den Vibrationsschuh. „Die Stimulation des propriozeptiven Systems steht im Mittelpunkt der Therapie im Adeli Medical Center“, sagt Gerstenbrand. „Auf dieser wissenschaftlichen Grundlage ist das Zentrum aufgebaut. Man macht mit den Patienten nicht nur Bewegungsübungen, sondern stimuliert das motorische Rückmeldesystem. Dadurch erfahren die Zentren im Gehirn eine erhöhte Aktivierung und können die gestörte Motorik besser versorgen.“
Die Wirksamkeit dieser Methoden wurde durch neue Forschungen mit Hilfe der funktionellen MRI-Studie (fMRI) wissenschaftlich bewiesen. Damit hat sie als innovative Behandlungsmöglichkeit Eingang in die Neurorehabilitation gefunden.

Hyperbare Sauerstoffbehandlung

Als zusätzliche Behandlung für Patienten mit IZP wird die hyperbare Sauerstoffbehandlung (HBOT) genutzt, um Schädigungen des Gehirns noch besser zu behandeln. Zahlreiche Forscher in den USA haben bei der Behandlung von neurologischen Erkrankungen mit der HBO-Therapie bereits sehr gute Erfahrungen gemacht.
Diese Methode kann zur Behandlung von Patienten eingesetzt werden, die unter den schweren Folgen eines Schädel-Hirn-Traumas, eines Schlaganfalls oder eines apallischen Syndroms im fortgeschrittenen Remissionsstadium unterschiedlicher Ätiologie leiden. Auch bei Patienten mit einem Locked-in-Syndrom zeigt diese Therapie gute Ergebnisse. Eine HBOT-Behandlung dauert pro Sitzung etwa 90 Minuten.

Kinderneurologie in Lehre und Forschung unterrepräsentiert

Das Krankheitsbild der infantilen Zerebralparese liegt im Grenzgebiet zwischen Neurologie und Pädiatrie. Gerstenbrand: „Leider ist die Zahl der Neurologen, die Kenntnisse in der Behandlung von Kindern haben, nach wie vor sehr gering. Dieses Gebiet hat in der Lehre, aber auch in der Forschung nicht den Stellenwert, den es verdienen würde. Das Vorurteil, dass eine Schädigung des kindlichen Gehirns reversibel ist, kommt noch erschwerend hinzu.“
Für die meisten Kinder fehlt es an Betreuungsmöglichkeiten, weil es keine speziellen Zentren für Patienten mit IZP gibt. In ganz Österreich stehen insgesamt nur 50–70 Betten für die Rehabilitation von Kindern zu Verfügung. In der Rehabilitation von Erwachsenen sind es rund 8,000.
Erhebungen des Österreichischen Bundesinstituts für Gesundheit (ÖBIG) aus dem Jahr 2010 gehen davon aus, dass bis 2020 ein Bedarf von rund 350–450 Plätzen für die Rehabilitation von Kindern und Jugendlichen bestehen wird.