Die „LandArztMacher“: So wird das Land für junge Ärzte attraktiv

Vier Ärzte aus dem Bayrischen Wald haben ein Ziel: Dem medizinischen Nachwuchs zu zeigen, wie abwechslungsreich die Arbeit als Landarzt ist. Sie bieten ein vielseitiges Fortbildungsprogramm an, in dem weder die medizinische Tätigkeit noch die Freizeit zu kurz kommen. Dr. Wolfgang Blank, Facharzt für Allgemeinmedizin: „Unsere Idee ist, den ärztlichen Nachwuchs und vor allem eine ärztliche Tätigkeit auf dem Land intensiv und individuell zu fördern.“ Vom Famulanten über Lehrpraktikanten und Ärzte in Ausbildung – alle geben begeistertes Feedback, wie man in den Tagebüchern nachlesen kann. Und es spricht sich herum – die Nachfrage ist groß.

Blank: „Wir sind gerne Ärzte und arbeiten gerne auf dem Land. Unsere positiven Erfahrungen wollen wir mit anderen teilen, um sie für eine ärztliche Tätigkeit auf dem Land zu begeistern.“ Zielgruppe sind junge Menschen, die sich für das Medizinstudium interessieren, aber auch Studierende der Medizin und Ärzte und Ärztinnen in Weiterbildung. Die künftigen Kollegen erfahren bei uns Wertschätzung und werden gezielt gefördert und nicht als lästiges Anhängsel betrachtet, das mit dem Arzt mitläuft.“
Ausgangslage für das Projekt war, dass gerade in ländlichen, strukturschwachen Regionen ein Ärztemangel droht und damit die medizinische Versorgung der dort lebenden Bevölkerung gefährdet ist. Und: Studierende kommen in ihrer Ausbildung nur in sehr geringem Umfang mit der ländlichen Medizin in Kontakt. Außerdem spielt im techniklastigen universitären Studium die eigenverantwortliche Tätigkeit als Ärztin und Arzt nur eine nachrangige Rolle. Das Projekt ist geprägt durch innovative Lehr- und Lernmodelle (Supervision, Peer-Teaching, Arbeiten im Netzwerk). Blank: „Die Teilnehmer sollen durch die intensive Betreuung nicht nur fachlich, sondern auch emotional in das Netzwerk der medizinischen Versorgung hineinwachsen. Ziel ist es, mittelfristig so viele Ärzte in der Region auszubilden, dass wir sie ins befreundete Ausland schicken müssen.“ Schon in Schulen werden die LandArztMacher aktiv: Studenten und Ärzte gehen an die örtlichen Gymnasien und bringen den Schülern das Medizinstudium und die Arbeit als Arzt auf dem Land näher.

Studentenprojekte

Exzellenter Sommer (Peer-Teaching): Vier Wochen werden vorklinische und klinische Studierende gemeinsam in Klinik und Praxis ausgebildet. Sie wohnen zusammen in einem Feriendorf und verbringen auch die Freizeit (meist sportliche Aktivitäten wie Klettern, Kanufahren, Schifahren …) miteinander.

Exzellenter Winter (Gruppenfamulatur): Vier Wochen lang leisten klinische Studierende ihre Hausarztfamulatur in der Region. Die Erfahrungen in der Praxis werden von inhaltlich auf die Famulatur abgestimmten Seminaren zur Vertiefung begleitet.

Exzellenter Tag: Studierende aus der Region werden alle drei Monate einen Tag in einer der Kliniken des Landkreises von engagierten ambulant und klinisch tätigen Ärzten aktiv geschult. Die Studierenden sind in die Planung und Durchführung einbezogen (Peer-Teaching). Der jeweilige Thementag wird durch einen geselligen Abend mit Fragen zur Studiengestaltung abgeschlossen.

Exzellent Dahoam: Die Studierenden aus der Region stehen über die sozialen Medien eng miteinander in Kontakt. In Kooperation mit den klinisch und ambulant tätigen Ärzten erhalten sie die Gelegenheit, aktuelle Studieninhalte konkret am Beispiel zu erleben. Hospitationen und spezielle Patientenvorstellungen sind so kurzfristig umsetzbar und vertiefen das an der Universität gelernte Wissen.

Am Exzellenten Winter 2015 nahmen zehn Studenten aus ganz Deutschland teil, am Exzellenten Sommer 2015 nahmen 22 Studenten teil, im März fand der exzellente Winter 2016 statt.

Projekte für Ärzte in Aus-/Weiterbildung

Für ambulant und stationär tätige Assistenten werden Fortbildungszirkel in der Weiterbildung aller Fachrichtungen mit erfahrenen Ärzten angeboten, in einem „pharmafreien und evidenzbasiert arbeitenden Weiterbildungsverbund“, so Blank. „Zusätzlich findet eine intensive und frühzeitige Einbindung in die bestehenden therapeutischen Netzwerke der Region statt.
Im Rahmen des „Weiterbildungsverbund Viechtach“ findet eine curriculare Weiterbildung über fünf Jahre statt – aufeinander abgestimmte Tätigkeiten in Klinik und Praxis und die Möglichkeit, in vielen Teilfächern der ambulanten medizinischen Versorgung tätig zu sein. Blank: „Die Ziele der DEGAM-Verbundweiterbildung plus werden selbstverständlich aktiv umgesetzt. Wir richten uns zudem nach den Vorgaben des Kodex für die Weiterbildung in Arztpraxen des Hausärzteverbandes.“ Eine Ärztin in Weiterbildung für Allgemeinmedizin: „Die Praxis hier mit ihrem großen Spektrum an Patienten bietet mir die Möglichkeit, mich intensiv einzuarbeiten und meine Erfahrungen im hausärztlichen Bereich zu bereichern.“

Vereinbarkeit von Familie und Beruf

Die (angehenden) Ärzte werden zusätzlich bei der Suche nach einer Wohnung, einem Krippen- oder Kita-Platz oder Tageseltern unterstützt. „Besonders wichtig ist uns, dass auch der/die jeweilige Partner oder Partnerin in unserer Region einen attraktiven Arbeitsplatz finden.“ Auch die Work-Life-Balance wird berücksichtigt: „Wir können ihnen verschiedene Arbeitszeitmodelle anbieten und sind dabei für viele Varianten offen.“
Und wer finanziert das alles? „Unsere Sponsoren sind zum Beispiel HUK Coburg, AOK Bayerwald, Barmer GEK und andere. Die Arberland Regio unterstützt uns bei der Durchführung des Projektes.“
Eine Evaluierung hat ergeben, wie sich die individuelle Einstellung der Teilnehmer zur ärztlichen Tätigkeit auf dem Land verändert hat:

  • positive Bewertung der Region (relative Steigerung 30%)
  • positive Veränderung der Vorstellung, auf dem Land tätig werden zu wollen (relative Steigerung 30%)
  • 20% der Teilnehmer außerhalb der Region engagieren sich in der Folge im Projekt als Referenten
  • 10% der Teilnehmer außerhalb der Region machen ein Folgepraktikum (Famulatur, PJ)

Ein durch und durch erfolgreiches Projekt – wäre schön, wenn das auch in Österreich möglich wäre! Man wird ja noch träumen dürfen.

 

Ziele der „LandArztMacher“
  • Vermittlung medizinischer Versorgungsrealität im ländlichen Raum
  • Stärkung der individuellen ärztlichen Haltung
  • Erleben der Vorteile des sektorenübergreifenden Arbeitens
  • praktische Umsetzung des ärztlichen Netzwerkgedankens
  • positive Beispiele der Vereinbarkeit von Beruf und Familie
  • Einbindung in die soziale und kulturelle Struktur der Region