IM FOKUS: NIERE | Salzkonsum: Zeit zum Umdenken?

Eine Beziehung zwischen vermehrtem Salzkonsum und erhöhtem Blutdruck ist schon seit Längerem bekannt. So weisen Patienten, die an einem erhöhten Blutdruck leiden, und deshalb mit entsprechenden Medikamenten behandelt werden müssen, oft ein deutlich sensibleres Blutdruckverhalten gegenüber Salz auf, sodass deren Blutdruckwerte mitunter deutlich ansteigen, wenn ihre tägliche Salzaufnahme zunimmt, was bis zur relativen Wirkungslosigkeit der verordneten Blutdruckmittel reichen kann. Da erhöhte Blutdruckwerte klare Risikofaktoren für eine Reihe von Herz-Kreislauf-Erkrankungen darstellen, wird deshalb auch Salz in diese Ursachenkette verwoben. Es nimmt daher kaum wunder, dass es schon seit Längerem verschiedenste Forderungen gibt, den Salzkonsum in der Allgemeinbevölkerung deutlich zu reduzieren. Diese Forderungen reichen bis hin zum Ansinnen politischer Vorgaben für die Nahrungsmittelindustrie. So wurde z.B. in Wien der Salzgehalt im Brot vor einigen Jahren reduziert.
Doch wie hoch (oder niedrig) sollte der Salzkonsum für die weitgehend gesunde Allgemeinbevölkerung denn sein? Diese Frage war bislang alles andere als leicht zu beantworten, da die Beweislage für einen direkten schädlichen Einfluss eines hohen Salzkonsums sehr widersprüchlich war und ist: Bekanntermaßen ist eine Assoziation kein Beweis. Studien, in denen versucht wurde, Patienten mit erhöhtem Blutdruck salzarm zu ernähren, führten auch zu einer Blutdrucksenkung, die allerdings in der Regel sehr moderat war. Darüber hinaus haben Zusammenfassungen von mehreren Studien, die eine salzarme Diät als Maßnahme bei Patienten mit Herz-Kreislauf-Erkrankungen durchgeführt haben, ergeben, dass der Einfluss einer solchen Salzreduktion nicht besonders effektiv war. Um es komplizierter zu machen: Größere Querschnittstudien konnten zeigen, dass sowohl ein Exzess an Salzzufuhr wie auch ein Zuwenig an Salz mit einer ungünstigen Prognose vergesellschaftet waren. Beide Extreme führten zu mehr Herz-Kreislauf-Erkrankungen und einer reduzierten Lebenserwartung, aber leider gibt es auch hier wieder nennenswerte Ausnahmen. Die Empfehlungen zur tatsächlichen Salzzufuhr für die Allgemeinbevölkerung, die von den verschiedensten Fachgesellschaften in den letzten Jahren propagiert wurden, standen und stehen durch die Widersprüchlichkeit der Daten auf sehr dünnen Beinen.

Empfehlungen und tatsächlicher Kochsalz-Verbrauch

Noch in jüngster Zeit wurde empfohlen, den Minimalbedarf an Kochsalz pro Tag mit ca. 3,8 g (oder 1,5 g Natrium) anzusetzen, aber nicht mehr als ca. 6 g Kochsalz pro Tag einzunehmen, was etwa einem Teelöffel Salz entspricht, da hier ja gewisse Hinweise auf einen Zusammenhang zwischen erhöhtem Blutdruck und Salzzufuhr existieren. Den Empfehlungen nach sollten ältere Menschen oder Patienten mit Diabetes und/oder mit einer chronischen Nierenkrankheit und/oder einem erhöhten Risiko für Herzinfarkt oder Schlaganfall überhaupt nicht mehr als ca. 3,8 g Salz pro Tag zu sich nehmen (was auch unsere Leitlinien für CKD-Patienten empfehlen).

Kritische Anmerkungen und neue Studien

Bei aller Widersprüchlichkeit der bislang gemachten Studien und vor allem angesichts des Mangels an Studien, die bei einer genügend großen Anzahl von sowohl Gesunden wie auch bestimmten Patientengruppen die Auswirkungen einer salzarmen Ernährung über einen genügend langen Zeitraum auf so wesentliche Endpunkte wie Schlaganfall, Herzinfarkt und vor allem Überlebenszeit untersucht hätten, sind kaum verlässliche Schlüsse über die ideale Menge der Kochsalzzufuhr, geschweige denn gesellschaftspolitische Forderungen, die eine ideale Kochsalzmenge vorschreiben, möglich. Ein erster Schritt wäre eine Analyse des Zusammenhangs zwischen der Kochsalzzufuhr weitgehend gesunder Menschen mit dem langfristigen Blutdruck sowie der Krankheits- und Überlebenswahrscheinlichkeit.
Zusammengefasst zeigen diese Studien zum einen, dass weltweit nur ein kleiner Bruchteil jene geringe Kochsalzzufuhr erreicht, die sich die Verfechter einer strengen Kochsalzbeschränkung wünschen. Zum anderen werden überhaupt die sehr rigiden Empfehlungen etwa der WHO oder auch von KDIGO relativiert. Natürlich kann man auch diese Studie kritisieren, wie etwa den Rückschluss von Harnsalzbestimmung auf die tatsächlich zugeführte Kochsalzmenge. Weiters muss man sich auch bewusst sein, dass es sich hier um keine Interventionsstudie, sondern um eine reine Assoziationsstudie handelt. Dennoch bestechen sowohl die Güte der erfassten Daten wie auch die enorme Zahl der Teilnehmer. Es sollte aber allen an dieser wichtigen Diskussion Interessierten, mithin der gesamten Gesellschaft, klar sein, dass jetzt erst recht weitere solide und hochqualitative Studien sowohl bei Gesunden als auch bei Patienten, die von einer Änderung ihres Salzkonsums profitieren könnten, durchgeführt werden müssen.
So lässt sich insgesamt für die weithin nierengesunde Allgemeinbevölkerung sagen, dass wir in den westlichen Industriestaaten zwar immer noch ein Zuviel an Kochsalz essen mögen, gleichzeitig aber auch die untere Marke der Kochsalzzufuhr nicht mit letzter Gewissheit identifiziert haben. Noch immer kennen wir die ideale Menge an Kochsalzzufuhr nicht. Aber immerhin ahnen wir, dass ein Zuwenig an Kochsalz offenbar äußerst gefährlich sein kann.

Kochsalzzufuhr bei Patienten mit chronischer Niereninsuffizienz

Interessanterweise existieren nicht viele Studien zu CKD-Patienten, die die durchschnittliche Kochsalzzufuhr einschätzen können. Zudem ist mittlerweile die 24-Stunden-Harnnatrium-Messung durch die Arbeiten von Titze und Mitarbeitern zumindest relativiert worden. Weiters ist diese Form der Analyse bei Patienten mit verändertem Salzhandling unter oftmals RAS-Blockade und/oder auch verschiedensten Diuretika stehend noch nicht für die CKD-Population validiert worden.

Salz und CKD: Besteht wirklich „Salzsensitivität“? Die wenigen verfügbaren Studien zeigen zumindest eine ähnlich hohe Natriumausscheidung wie die der Generalbevölkerung, was – wenn man die 24-Stunden-Messung als valide ansieht – zumindest bemerkenswert ist, da diese Patienten in nephrologischer Betreuung waren. CKD-Patienten werden als „salzsensitiv“ angesehen. Dies betrifft vor allem die Tatsache, dass die antiproteinurischen Effekte einer RAS-Blockade mit oder ohne Thiazid durch Salzrestriktion – in kleineren Studien – verstärkt wurden. In zwei retrospektiven Studien u.a. aus den Datensätzen von REIN, RENAAL und IDNT waren auch tatsächlich die günstigen Effekte einer RAS-Blockade bei der Hochsalzgruppe nicht mehr zu sehen. Dennoch sollte man sich die Extrapolationen der Kochsalzzufuhr genauer ansehen: Bei den REIN-Daten waren bei der niedrigen sowie moderaten Salzeinfuhrgruppe die besten Outcomes zu verzeichnen, die entsprechende Salzzufuhr lag immerhin bei 7,1–10,8 g pro Tag, erst ab 14 g pro Tag waren die Outcomes schlechter. Die ca. 11 g Salz pro Tag entsprechen weder den WHO- und noch weniger den KDIGO-Vorgaben und waren dennoch nicht schlechter als 7 g Salz pro Tag, was auch noch über allen Empfehlungen liegt.

Salz, RAS und CKD: Kennen wir die Mechanismen? Hier könnten einige ursächliche Möglichkeiten zum Tragen kommen: Bekanntlich supprimiert sehr hohe Salzzufuhr das RAS nahezu komplett, also könnte hier eine zusätzliche pharmakologische RAS-Blockade sogar schädliche Auswirkungen haben, so als ob man eine duale RAS-Hemmung durchführen würde. Weiters würde dieses Modell postulieren, dass Salzrestriktion das RAS stimuliert, und bekanntlich sind hohe Reninwerte per se in mehreren Studien mit einem schlechteren Outcome bei kardiovaskulären Hochrisikopatienten vergesellschaftet. Hier könnte vielleicht hypothetisch die RAS-Blockade mit ARB oder ACE-Hemmern das RAS zumindest so modifizieren, dass günstige RAS-Komponenten hochreguliert werden (sog. „alternatives RAS“), die schließlich zu günstigen Outcomes führen. Zudem könnte die durch hohe Salzzufuhr bedingte Erweiterung des Extrazelluärvolumens (EZV) eine Rolle in der Therapieresistenz und Vermittlung schädlicher kardiovaskulärer Effekte eine entscheidende Rolle spielen, die vielleicht unabhängig von jeglichen RAS-Modulationen ist.

Wie viel Salz bei CKD: Mehr Bedeutung eines Salzmangels? Das untere Limit der Beziehung Salz und RAS ist aber offensichtlich auch gefährlich: Wie bei dualer RAS-Blockade können – zumindest experimentell nachgestellt – Versuchstiere unter Salzrestriktion mit einer hochdosierten RAS-Blockade auch in ein akutes Nierenversagen getrieben werden. Unter dualer Blockade und Salzrestriktion versterben diese sogar rasch. Das RAS ist unter diesen Bedingungen proximal von Angiotensin II natürlich exzessiv hochgefahren. Es muss also auch für CKD-Patienten mit RAS-Blockade zumindest eine J- oder U-förmige Beziehung zwischen Salzzufuhr und Outcome bestehen. Die Gretchenfrage ist, wie diese Beziehung im Vergleich zur Allgemeinbevölkerung aussieht: Ein steiler Anstieg im natriumarmen Anteil sollte bei RAS-Blockade eher bedenklich für therapeutische Empfehlungen sein, während ein steiler Anstieg im natriumreichen Anteil einer solchen Beziehungskurve vermutlich Salzrestriktion und gleichzeitige RAS-Blockade als therapeutisches Konzept natürlich stark forciert werden sollte. Die offensichtliche Armut an validen Daten macht aber klar, weshalb sorgsam kontrollierte prospektive Studien nötig sind.
Sieht man sich zumindest anhand verfügbarer epidemiologischer Daten diese Beziehung z.B. bei Diabetespatienten (sowohl Typ 1 als auch Typ 2!) an, erkennt man leider eine solche J-förmige Beziehung zwischen Kochsalzzufuhr und Überleben, wonach Diabetiker mit niedriger Kochsalzzufuhr ein deutlich höheres Todesrisiko hatten. Natürlich leiden solche Analysen an vielen Problemen, wie etwa der Möglichkeit, dass Patienten im niedrigen Salzanteil vielleicht insgesamt die kränkeren Diabetiker waren, die Patienten in der eher mit jüngeren Patienten besetzten Studie mit Typ-1-Diabetikern waren der Studie nach (als Post-hoc-Analyse der Finnish Diabetic Nephropathy [FinnDiane] Study) aber keineswegs klassisch multimorbid und fortgeschritten niereninsuffizient.

Gefahren eines Salzmangels bei CKD und Diabetes: Die in den meisten Studien wie auch in der Normalbevölkerung beobachtete Beziehung zwischen geringer Natriumausscheidung im Harn und erhöhter Morbidität (sowie Mortalität) kann nicht mehr länger geleugnet werden und wurde immerhin auch in einem experimentellen CKD-Modell beobachtet: Hier wurde bei ACE-Hemmung und rigoroser Kochsalzarmut eine Reduktion von Blutdruck und Proteinurie gesehen, aber gänzlich unerwartet wurde auch ein vermehrter tubulointerstitieller Schaden im Behandlungsarm wie auch bei gesunden Tieren, die mit ACE-Hemmern und Salzrestriktion behandelt wurden, beobachtet. Notabene: Die Expression von ACE in der Niere findet sich nicht glomerulär, sondern vor allem in den tubulointerstitiellen Gefäßen! Im Übrigen haben wir für tubuläre Schäden keine validen Routinemarker, sodass eine solche Form der Schädigung bei unseren Patienten unbemerkt bleiben würde. Hier muss angefügt werden, dass bei Diabetikern ein „Sodium Paradox“ existiert, wonach bei Kochsalzrestriktion eine glomeruläre Hyperfiltration in Gang kommt, die hypothetisch auf einer exzessiven intrarenalen RAS-Aktivierung beruhen soll. Ob dieses Phänomen klinisch relevant ist, ist nicht bekannt. Da glomeruläre Hyperfiltration als schädlich für die weitere CKD-Progression angesehen wird, ist es zumindest bemerkenswert, dass dieses Salzparadoxon bei Diabetikern mit Nephropathie nicht weiter studiert oder überhaupt therapeutisch in Erwägung gezogen wird.

Gefährlicher Salzmangel und CKD: Wie sieht die Beziehung zwischen Salz und Progression der Niereninsuffizienz bei nicht-diabetischen Patienten möglicherweise aus? Fan und Mitarbeiter haben die Teilnehmer der bekannten MDRD-Studie, die ja bekanntlich wegen ihrer Proteinrestriktion intensiv diätetisch beraten wurden, hinsichtlich Natriumausscheidung und CKD-Progression genauer analysiert. Interessanterweise war die Kochsalzzufuhr zu Beginn der Studie nicht mit dem weiteren Nierenschicksal oder der Gesamtsterblichkeit verknüpft. Die weitere Interaktionsanalyse von Proteinurie und Natriumzufuhr hatte es aber in sich: Bei jenen CKD-Patienten, die weniger als 3 gNatrium am Tag zu sich nahmen, war eine hohe Natriumausscheidung mit einem erhöhten Risiko eines terminalen Nierenversagens assoziiert, wenn die Patienten eine Albuminurie < 1 g/Tag aufwiesen, während ein niedrigeres Risiko bei jenen Patienten mit einer Proteinurie > 1 g/Tag bestand.

Erste prospektive Studie zu Salzrestriktion und CKD – LowSALT CKD: 2013 erschienen erstmals Daten zur Salzrestriktion als singulärer Interventionsmaßnahme bei CKD-Patienten im Rahmen einer prospektiven Studie. Das gab es – unglaublich, aber wahr – bislang tatsächlich nicht: Bei Low SALT CKD wurden immerhin 538 CKD-3- bis -4-Patienten mit hauptsächlich hypertensiver Nephropathie gescreent, wobei aber nur 25 Patienten (!) randomisiert wurden, um die Effekte einer Kochsalzrestriktion < 5 g pro Tag auf verschiedenste Parameter im Rahmen einer Cross-over-Studie zu analysieren. Interessant: 115 Patienten wollten bei der Studie, die kein neues Medikament, aber einen deutlichen Lifestyle-Einschnitt mit sich bringt, nicht teilnehmen. Deshalb ist es nachvollziehbar, dass 59 Patienten non-adhärent waren, 391 Patienten waren „gut“ mit ihrem Blutdruck eingestellt (was auch immer „gut“ heißt), nach Randomisierung fielen immerhin weitere fünf Patienten aus der Studie. Nach Studienende (sechs Wochen) waren denn auch der mittlere Blutdruck um 10/4 mmHg wie auch das EZV (gemessen mittels BCM) um ca. 0,8 l und auch die Proteinurie gesunken. Bisherige kleinere Studien zeigten auch einen Einfluss einer kochsalzarmen Diät auf den Blutdruck, jedoch in einem geringeren Ausmaß. In dieser Studie nahmen die Patienten im Mittel aber drei bis vier Antihypertensiva ein, was für eine ziemliche Selektion der Patienten spricht, etwa von solchen, die speziell von einer kochsalzarmen Nahrung profitieren könnten. LowSALT CKD ist mit seiner Phase II über einen längeren Zeitraum (sechs Monate) konzipiert, und es wird deshalb interessant, welche Resultate hier noch zu erwarten sind, insbesondere was Therapieadhärenz oder eine mögliche Gegenregulation hinsichtlich Blutdruck und Albuminurie betrifft.

Natrium und Volumsstatus: Einen entscheidenden und in letzter Zeit immer mehr ins Zentrum der Aufmerksamkeit rückenden Punkt stellt die Beziehung zwischen Natrium und Volumsstatus dar. Bei unterschiedlichen CKD-Patienten kann nämlich bei gleicher Salzaufnahme das Ausmaß der Flüssigkeitsretention deutlich variieren, etwa wenn man proteinurische Patienten mit diabetischen oder adipösen Patienten vergleicht. Demgemäß kann eine Flüssigkeitsüberladung (Fluid Overload – FO) vorhanden sein, wenn die Kochsalzzufuhr streng kontrolliert ist, wie etwa bei nephrotischen Patienten, während es zu keiner signifikanten Volumsexpansion bei Patienten mit exzessiver Kochsalzzufuhr kommen kann, wenn Kochsalz effektiv eliminiert werden kann oder wenn die von Titze und Mitarbeitern postulierten nichtosmotischen Salzspeicherungsmechanismen zum Tragen kommen. Ein interessanter Link besteht übrigens zwischen FGF-23, der renalen Natriumresorption und dem Volumsstatus, der eine neue Beziehung zwischen Kochssalzzufuhr und Phosphatbelastung bei CKD-Patienten herstellt. So zeigen Humalda und Mitarbeiter, dass bei Kochsalzrestriktion die antiproteinurische Reaktion auf ACE-Hemmer verloren geht, wenn hohe FGF-23-Spiegel vorliegen.
Gerade in den letzten Jahren wurde mehr und mehr klar, dass FO bei CKD-Patienten lebensentscheidend ist. Es ist denkbar, dass die Vielzahl von Ursachen, woran CKD-Patienten versterben – wie diastolische Herzinsuffizienz, Linksventrikelhypertrophie, Myokardinfarkt oder zerebraler Insult –, als direkte Konsequenz der gestörten Wasser- und Salzregulation gesehen werden kann.13 So haben rezent Hung und Mitarbeiter gezeigt, dass mit Hilfe des BCM, bei CKD-3- bis -5-Patienten regelhaft ein subklinischer FO von ca. 1,1 l bestand (nur 48% der Patienten waren tatsächlich euvoläm!), der mit verschiedensten Risikomarkern wie erhöhtem TNF-α, aber vor allen höherem NT-proBNP assoziiert war. Darüber hinaus zeigten Tsai et al., dass FO mit rascherer Progression bei CKD 4–5 verknüpft war (HR 3,16 in der höchsten FO-Tertile). Daraus wird klar, dass unbedingt eine prospektive Studie diese interessanten Daten weiter untersuchen muss. Es ist zudem sicher von Interesse für künftige Studien, den Beitrag der Kochsalzzufuhr in Beziehung zu FO bei CKD-Patienten zu studieren. Die Applikation von BCM-Messungen bei CKD-Patienten und entsprechende Therapieinterventionen, die diese Faktoren beeinflussen, könnte – richtig angewendet, um auch eine Hypovolämie zu vermeiden – einen Meilenstein in der Therapie von CKD-Patienten darstellen. Als zusätzliches Maß der Einschätzung des FO und des kardiovaskulären Risikos scheint besonders NT-proBNP sinnvoll zu sein, da bereits milde Erhöhungen ohne klinischen Hinweis auf eine kardiale Schädigung sowohl eine subklinische Volumsexpansion als auch sicherlich ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko vorhersagen.

24-Stunden-Harn in Diskussion: Während die Bedeutung des 24-Stunden-Harns für das Natrium durch Titze et al. gewiss auch relativiert wurde, stellt diese Untersuchung immer noch den Goldstandard zur Bestimmung der Kochsalzzufuhr dar. Weiters können mehrfache Messungen etwaigen Schwankungen wirksam entgegenwirken und zudem dem Kliniker einen Eindruck über Kalium-und Magnesiumausscheidung sowie auf Phosphat- und Proteinzufuhr geben. Die Korrelation mit Kreatinin kann zudem auf physische Fitness als robusten Prädiktor für Mortalität schließen lassen. Die Vorteile dieser simplen Analyse sollten etwaige theoretische Überlegungen, die dieses multidimensionale Tool für den Nephrologen in Frage stellen wollen, deutlich aufwiegen.

ZUSAMMENFASSUNG UND AUSBLICK: Bei aller Vehemenz der Forderungen zu einer idealen Ernährung von verschiedensten Seiten gilt es wohl derzeit, Maß zu halten in der Umsetzung möglicherweise lohnenswerter Ziele und sich der Komplexität der Faktoren, die bei der Ernährung eine Rolle spielen, bewusst zu sein. Das heißt aber auch, beim Fehlen klarer Beweise vorerst (und vielleicht für immer) weniger rigorose Vorgaben für eine ideale Kochsalzzufuhr hinzunehmen; denn für Entscheidungsträger – und vor allem für Ärzte – gilt gegenüber allzu einfachen Lösungen bei komplexen Fragen immer primum nil nocere als oberstes Handlungsprinzip: Zumindest ein bisschen Salz für die meisten von uns wie auch für unsere Patienten wird es wohl sein müssen.

 

Literatur bei den Verfassern

 

„Selbsthilfe Niere“

Der mildtätige Verein „Selbsthilfe Niere“ wurde 2011 als Zweigverein der Gesellschaft Nierentransplantierter und Dialysepatienten Wien, Niederösterreich und Burgenland gegründet. Der Verein richtet sich an Patienten, die trotz chronischer Erkrankung ein selbstbestimmtes Leben führen wollen. Außerdem will „Selbsthilfe Niere“ Betroffene und Angehörige ansprechen, denen die Entscheidung für eine Art der Nierenersatztherapie noch bevor steht.