Parkinson: Plattform „Fox Trial Finder“ nun auch in Österreich

„Die Parkinson-Krankheit betrifft in Österreich mindestens 16.000 Personen vor allem in der zweiten Lebenshälfte, sie tritt aber auch bei wesentlich jüngeren Personen auf“, so Univ.-Prof. Dr. Gerhard Ransmayr, Präsident der Österreichischen Parkinson Gesellschaft (ÖPG); AKH Linz, Abt. für Neurologie. Neben den typischen Hauptsymptomen Rigor, Tremor und Akinesie gibt es auch weniger bekannte nichtmotorische Symptome wie Schmerzen, Störungen des Geruchssinns, des Schlafes, von Konzentration, Gedächtnis, anderen intellektuellen Hirnleistungen, Stimmungslage und Verhalten sowie Symptome des vegetativen Nervensystems wie niedriger Blutdruck, Reizblasensyndrom, Obstipation etc.
„Zunehmende Kenntnisse der Ursachen und Folgen nichtmotorischer Störungen, die Entwicklung neuer Medikamente und Verabreichungsmethoden sowie nichtmedikamentöse Therapien gegen motorische Symptome und Komplikationen und gegen nichtmotorische Störungen haben zu einer abgestuften und kombinierten Behandlung geführt: in Abhängigkeit von Krankheitsphase und Symptomenausprägung, Alter, Geschlecht, Statur, Komorbiditäten und Nebenwirkungsrisiko“, fasst Ransmayr einen wichtigen Trend zusammen.

Pumpentherapien bei der Parkinson-Erkrankung

Die Parkinson-Krankheit ist die mit Abstand am besten behandelbare neurodegenerative Krankheit. Im Zentrum der Behandlung der motorischen Symptome steht der medikamentöse Dopaminersatz. Unverändert ist L-Dopa die wirksamste Substanz. Wenn Patienten im Laufe ihrer Erkrankung motorische Wirkschwankungen entwickeln, werden die Medikamente angepasst. „Dadurch können OFF-Phasen mit schlechter Beweglichkeit, Steifigkeit und Zittern oft verkürzt werden“, so Priv.-Doz. Dr. Regina Katzenschlager, Abt. für Neurologie, Donauspital/SMZ Ost, Wien. Bei vielen Patienten kommt es jedoch nach Dosiserhöhungen zu Dyskinesien. Nach einiger Zeit gelingt es dann oft nicht mehr, eine Medikamentenkombination und -dosierung zu finden, die die Beweglichkeit gut kontrolliert, ohne störende Überbewegungen hervorzurufen. Katzenschlager: „Dann kommt bei einem Teil der Betroffenen ein operatives Vorgehen in Frage, die tiefe Hirnstimulation. Allerdings besteht dafür eine Altersgrenze von ungefähr 70 Jahren. Zudem können Patienten mit bestimmten Symptomen wie Gleichgewichts- oder Gedächtnisstörungen nicht operiert werden.“
Eine Alternative besteht in der gleichmäßigen Verabreichung von Parkinson-Medikamenten mittels Pumpensystemen. Katzenschlager: „Die gleichmäßige Verabreichung verbessert die Wirkschwankungen und kann auch zu einer Besserung der Überbewegungen führen. Bei den Pumpenverfahren gibt es keine Altersgrenze und sie kommen insgesamt für mehr Patienten in Frage.“ Levodopa in Gelform kann mittels einer äußerlich getragenen Pumpe kontinuierlich an den Ort seiner Resorption im Dünndarm verabreicht werden. Das geschieht zumeist während der Tagesstunden. Studien zeigen eine gute Wirkung dieser Verabreichungsform (z.B. Olanow CW, Lancet Neurology 2013).
Apomorphin hat als einzige Substanz eine ebenso starke Wirkung auf die motorischen Parkinson-Symptome wie Levodopa. Patienten verabreichen sich die Substanz entweder selbst mittels eines Pens und einzelner Injektionen unter die Haut, oder sie wird (meist tagsüber) über eine kleine, außerhalb des Körpers getragene Pumpe gleichmäßig unter die Haut abgegeben. In Form von Injektionen ist Apomorphin das am schnellsten wirkende Parkinson-Medikament, das zur Verfügung steht. Die Wirkung tritt nach fünf bis 20 Minuten ein und hält für durchschnittlich 40 Minuten an. Die Verabreichung von Apomorphin mittels Infusion erfolgt meist während des ganzen Wachtages. In zahlreichen offenen Studien berichten Zentren von einer mindestens 50%igen Reduktion der OFF-Zeit. Katzenschlager: „Die erste randomisierte, placebokontrollierte Studie zur Apomorphin-Pumpentherapie hat vor Kurzem in Europa begonnen.“

Regelmäßige körperliche Aktivität und gezielte Übungsbehandlung

„Auch bei bestmöglicher Behandlung ist die Unterstützung der Beweglichkeit durch andere Maßnahmen ein ebenso wichtiger Therapiebestandteil. Regelmäßige körperliche Aktivität und gezielte Übungsbehandlung spielen eine wichtige Rolle. Etliche Studien belegen die Bedeutung der Physiotherapie“, so Univ.-Prof. Dr. Eduard Auff, Univ.-Klinik für Neurologie, MedUni/AKH Wien. „Damit kann z.B. mit der Parkinson-Krankheit verbundenen Schmerzen vorgebeugt werden.“
Sturzgefahr kann durch gezieltes Übungsprogramm selbst in fortgeschrittenen Krankheitsphasen verringert werden. „Startschwierigkeiten“, dass Betroffene z.B. beim Versuch zu gehen zunächst nicht vom Fleck kommen, können durch spezifische Maßnahmen („cueing“) verbessert werden. Etwa mit weißen Strichen am Boden, die beim Einhalten der Schrittlänge unterstützen.
Auch sportliche Aktivitäten sind für Parkinson-Patienten möglich und förderlich, es soll aber keine Überforderung oder Gefährdung der Patienten entstehen. Auff: „Sportarten, bei denen das Gleichgewicht eine wichtige Rolle spielt, sind weniger geeignet. Andererseits können Techniken wie Tai-Chi oder Qigong einen positiven Effekt auf Balanceprobleme haben. Einfach anzuwendende gleichmäßige Bewegungen wie bei Nordic Walking fördern über den Bewegungseffekt hinaus die Fitness und damit auch die Lebensqualität. Dies gilt auch für komplexe Bewegungen wie Tanzen.“
Die Sturzgefahr kann reduziert werden, indem Patienten Schutzschritte üben: Damit verbreitern sie die Basis ihres Stehen, und können so das Gleichgewicht wiederherstellen, wenn sie stolpern. Probleme beim Sprechen (leise, monotone, oft schwer verständliche Sprache) können durch logopädische Behandlung verbessert werden, so Auff. „Der Einsatz von Hilfsmitteln, die beim Essen, beim Ankleiden oder bei der Hygiene unterstützen, ist ebenfalls ein wichtiger Therapiebeitrag.“

Entwicklung neuer Parkinson-Medikamente hat hohe Priorität

Die Entwicklung neuer Parkinson-Medikamente gegen die motorischen Kardinalsymptome hat eine hohe Priorität, so Univ.-Prof. Dr. Werner Poewe, Univ.-Klinik für Neurologie, MedUni Innsbruck: „Im Fokus stehen Medikamente, die nichtmotorische Probleme der Krankheit, wie zum Beispiel die Demenz, eindämmen, die auf Dopaminersatz schlecht ansprechenden motorischen Komplikationen bessern und letztendlich das Fortschreiten der Krankheit aufhalten können.“ Hierzu werden weltweit zurzeit mehr als 100 klinische Studien durchgeführt.

Neue Internet-Plattform „Fox Trial Finder“ informiert

„Eine Schwierigkeit dieser Art klinischer Forschung besteht darin, dass interessierte Patienten, die für bestimmte Studienfragen geeignet wären, häufig keine Kenntnis von solchen laufenden Projekten haben und klinische Einrichtungen, an denen solche Untersuchungen durchgeführt werden, oft nur langsam geeignete Patienten rekrutieren können“, so Poewe. Die Michael J. Fox Foundation hat in den USA hierzu die neue Internet-Plattform „Fox Trial Finder“ entwickelt, auf der Patienten Informationen zu laufenden klinischen Studien in ihrer Umgebung finden und studiendurchführende Zentren die bei ihnen geplanten oder laufenden Projekte bekanntgeben können. Mit Beginn des Jahres gehört auch Österreich zu den europäischen Ländern, in denen der „Fox Trial Finder“ implementiert wird. Bis dato haben sich bereits 50 Patienten registriert.