BRUNO WATSCHINGER: Was die Diagnostik der therapieresistenten Hypertonie anbelangt, wurden keine wesentlichen neuen Erkenntnisse präsentiert. In der Behandlung steht neben medikamentösen und interventionellen Therapieformen auch wieder die Frage der Compliance im Vordergrund. Mehrere Studien konnten zeigen, dass Patienten nicht so therapietreu sind, wie es wünschenswert wäre, und dass fehlende Therapietreue nicht selten Ursache einer therapieresistenten Hypertonie ist. Auch wenn geplant, wird es schwierig sein, die Compliance in wissenschaftlichen Studien valide zu erfassen.
Die SIMPLICITY-HTN-3-Studie hat für alle sehr überraschende Ergebnisse gebracht. Obgleich pathophysiologisch einiges für die RSD spricht, konnte deren Effektivität nicht wie erwartet nachgewiesen werden. Allerdings bleiben nach dieser ersten placebokontrollierten Studie noch viele Fragen offen. Neben methodischen Aspekten der SIMPLICITY-3 gilt es auch der Frage nachzugehen, warum Schwarzafrikaner im Vergleich zu Kaukasiern nicht von der RSD profitiert haben.
Ob die Compliance für die signifikante Blutdrucksenkung in der Placebogruppe verantwortlich war, d.h. dass Patienten ihre Medikation „genauer“ einnahmen, wenn sie an der Studie teilnahmen, sollte weiter untersucht werden.
Es wurde am Kongress berichtet, dass eine neue Studie zur RSD in Planung ist, in der die methodischen Mängel des Studiendesigns von SIMPLICITY-HTN-3 berücksichtigt werden.
Für den Einsatz der RSD ergeben sich durch die Studie neue Aspekte.
In der Österreichischen Gesellschaft für Hypertensiologie (ÖGH) besteht ein Konsens darüber, dass Patienten über einen längeren Zeitraum hinweg von einem Hypertonie-Spezialisten zu betreuen sind, bevor eine RSD in Betracht gezogen wird. Diese soll dann auch nur therapierefraktären Patienten angeboten werden, die ein sehr hohes kardiovaskuläres Risiko aufweisen und trotz aller medikamentösen Maßnahmen keine Blutdruckkontrolle erreichen. Zukünftige Patienten sollen auch in kontrollierten Studien behandelt werden. Die ÖGH hat im Journal für Hypertonie die Empfehlungen für die Indikation der RSD kürzlich überarbeitet und die Indikation strenger gezogen.
Ich denke aber nicht, dass man die Methode aufgrund dieser einen Studie „zu Grabe tragen“ sollte, sondern glaube, dass in weiteren kontrollierten Studien eine genauere Definition jener Patienten, die von der Denervierung profitieren können, erarbeitet werden muss.
Eigentlich ist allen Organen, besonders natürlich dem Herz, den Nieren, dem Gehirn und den Gefäßen eine besondere Aufmerksamkeit zu schenken. Besonders für Diabetiker und Patienten mit einer Nierenschädigung ist eine optimale Blutdruckkontrolle besonders wichtig.
Allerdings haben sich in den letzten Jahren die Empfehlungen zu den Zielwerten verändert. Derzeit wird der Zielwert mit einem Wert von < 140/90 mmHg beziffert. Bei Vorliegen einer Albuminurie ist er mit < 130/80 mmHg etwas niedriger. Vorsicht ist bei Diabetikern mit einer koronaren Herzerkrankung geboten. Hier soll der diastolische Blutdruck nicht unter 70 mmHg sein, da sonst die Gefahr von koronaren Ereignissen ansteigt.
Compliance ist ein wichtiges, aber auch schwieriges Thema, welches in gleicher Weise Patienten mit anderen chronischen Erkrankungen betrifft. Allerdings gibt es kein „Patentrezept“ für eine bessere Therapietreue. Dies ist unter anderem auch damit zu erklären, dass es sich bei der Compliance um ein multifaktorielles Geschehen handelt. Besonders wichtig für die Therapietreue ist nachweislich eine gute Arzt-Patienten-Beziehung.
Was die Gefäßsteifigkeit betrifft, ist einiges an wissenschaftlichen Aktivitäten im Fluss. So kommen zunehmend neue Geräte auf den Markt, mit denen die Gefäßsteifigkeit – die bis dato sehr aufwendig zu bestimmen war – besser und einfach gemessen werden kann. Zum Beispiel kann durch eine Entwicklung des „Austrian Institute of Technology“ die Gefäßsteifigkeit während der 24-Stunden-Blutdruckmessung bestimmt werden. Die ÖGH plant mit niedergelassenen Ärzten ein Projekt, um mehr Informationen über den Langzeitblutdruck und die Gefäßsteifigkeit zu erhalten, und um basierend auf diesen Erkenntnissen die medikamentöse Behandlung zu optimieren.
Ich denke, dass es in der Zukunft neue Medikamente geben wird, die möglicherweise über positive Zusatzeffekte verfügen. Mit solchen Medikamenten ist jedoch in den kommenden zwei Jahren nicht zu rechnen. Darüber hinaus wird – so denke ich – der Stellenwert der invasiven Methoden besser definiert und abgesichert werden können. Neben medikamentösen und invasiven Behandlungsoptionen wird die Erforschung der Compliance einen wichtigen Stellenwert einnehmen. Von Seiten der ÖGH widmen wir uns gezielt der strukturierten Ausbildung von Hypertensiologen. In diesem Zusammenhang möchte ich auf das „Hochdruck-Diplom“ der ÖGH hinweisen (www.hochdruckliga.at), welches die Ausbildung zum Hypertoniespezialisten anbietet.