2,6 Prozent plus, Hochpreiser explodieren

Die Diskussionen über eine Neuordnung des Erstattungskodex beschäftigt die Pharmawirtschaft weiterhin. Zwar wurde der vorliegende Gesetzesentwurf vorerst abgeblockt, die Pläne der Kassen liegen aber wie berichtet weiterhin auf dem Tisch. Gen.-Kons. Dr. ­Johann Kwizda, Vorsitzender im Bundesgremium des Handels mit Arzneimitteln: „Für einen so massiven regulatorischen Eingriff fehlt schlicht jede Notwendigkeit.“ Die Krankenkassen würden seit Jahren eine positive Gebarung aufweisen und zudem beständig ihre Rücklagen vermehren. Allein im vergangenen Jahr wurden laut vorläufiger Gebarung des Hauptverbandes der Sozialversicherungsträger 140 Millionen Euro dem Rücklagenkonto zugewiesen, kritisiert Kwizda.

Der Großhandel sei von geplanten Änderungen besonders betroffen. „Der steigende Einsatz von extrem preisgünstigen Generika reicht nicht mehr aus, die variablen Kosten im Arzneimittelvollgroßhandel abzudecken. Bereits jetzt liegt die Großhandelsspanne für die Hälfte aller Krankenkassen-Packungen unter den Portokosten eines Standardbriefes von 68 Cent. Wenn diese Entwicklung so weitergeht, können wir den Versorgungsauftrag als kritische Infrastruktur für Österreich nicht mehr aufrechterhalten“, sagt Dr. Andreas Windischbauer, Präsident des Verbandes der Arzneimittelvollgroßhändler PHAGO.

Eine Studie des IPF zeigt laut Mag. Sylvia Hofinger von der Wirtschaftskammer, dass die Kosten der heimischen Arzneimittel pro Packung deutlich unter dem EU-15-Schnitt liegen, obwohl Österreich gemessen am Bruttoinlandsprodukt pro Einwohner das viertreichste Land der EU ist. Hofinger: „Weitere massive Preiseingriffe können dazu führen, dass neue Produkte für die österreichischen Patienten nicht mehr so rasch wie bisher zur Verfügung stehen und Österreich damit seinen Spitzenplatz bei der Versorgung mit innovativen Arzneimitteln verliert.“

Auch für die Apothekerkammer gibt es keinen Bedarf an einer neuen Arzneimittel-Preisregelung. 2016 stiegen die Arzneimittelausgaben der Krankenkassen um 2,6 Prozent. „Es liegt gar nicht auf der Hand, dass man regulatorisch eingreifen müsste“, sagte Kammervizepräsident Mag. pharm. Dr. Christian Müller-Uri. Im Vorjahr stiegen die Ausgaben der Kassen für in den Apotheken eingelöste Rezepte um 2,6 Prozent. Die Zahlen zeigen aber einen wachsenden Anteil an hochpreisigen Produkten. Während die öffentlichen Apotheken österreichweit einen Umsatzrückgang bei den Medikamenten mit einem Apothekeneinstandspreis von weniger als 200 Euro um 0,8 Prozent registrierten, stieg der Umsatz bei höherpreisigen Medikamenten um acht Prozent. Österreichweit machten die Hochpreiser am Arzneimittelumsatz bereits einen Anteil von 39,8 Prozent aus. Während der Anteil der abgegebenen Packungen für Krebsmedikamente und immunmodulatorische Arzneimittel nur 1,4 Prozent betrug, lag der Umsatzanteil bei 26,2 Prozent. Im Vergleich dazu machten die Herz-Kreislauf-Medikamente bei den Packungen einen Anteil von 29,5 Prozent aus, beim Umsatz jedoch nur einen von 14,1 Prozent.