Akuter Husten und Bronchitis – was die Guidelines empfehlen

Husten ist ein wichtiger Schutzreflex der Atemwege, er sorgt dafür, dass der Bronchialschleim bei geschädigter mukoziliärer Clearance herauskommt. Die Prävalenz des Symptoms wird in einigen europäischen und US-amerikanischen Untersuchungen mit 9–33 % angegeben, abhängig von den Rauchgewohnheiten der Befragten sowie der individuellen Exposition gegenüber inhalativen Umweltnoxen.1 Doch nicht nur exogene Noxen, sondern auch Alter und Geschlecht sind prädiktive Faktoren. Die Sensitivität des Hustenreflexes nimmt im Kindesalter und in der Pubertät zu, sie ist bei Frauen stärker ausgeprägt als bei Männern und verringert sich im höheren Lebensalter. Letzteres erklärt die Zunahme einer Aspiration und deren Folgen bei älteren Personen.

Vielfältige exogene Ursachen

Häufige hustenauslösende Stimuli sind physikalische Reize, darunter thermische (kalte Luft) und mechanische (aspirierte Fremdpartikel sowie eingeatmeter Rauch, Staub oder Luftverunreinigungen) sowie chemische Reize. Pharmakologisch führen u. a. Capsaicin, Zitronensäure und destilliertes Wasser zu Hustenreiz. Dies trifft auch auf körpereigene und/oder mikrobielle Entzündungsmediatoren wie Bradykinin, Tachykinin und Prostaglandin E2 sowie auf toxische Gase zu.
Den medikamenteninduzierten Husten können u. a. ACE-Hemmer, Betablocker, Fentanyl, Paroxetin, Sirolimus und Propofol verursachen. Dabei ist die Klasse der ACE-Hemmer der häufigste Hustenauslöser. Etwa 10  % aller Frauen und 5  % der Männer sind betroffen, wenngleich die Literatur Zahlen zwischen 0,2  %  und 33  % nennt.2 Der Mechanismus dahinter: ACE-Hemmer blockieren den Abbau von Bradykinin, Substanz P sowie Prostaglandinen in der Bronchialschleimhaut.
12 % der Bronchitis-Fälle gehen, wie die Schweizer SAPALDIA-Studie3 ergab, auf das Konto von Luftschadstoffen. Diese hat eindeutig gezeigt, dass die Luftverschmutzung die altersbedingte Verminderung der Lungenfunktion beschleunigt und die Häufigkeit von Erkrankungen der Atemwege wie etwa Asthma und chronischer Bronchitis erhöht. In der Teilstudie SAPALDIA 2 ließen sich über 8.000 Probanden aus der ersten Studie noch einmal befragen und untersuchen. Im Vergleich der Ergebnisse der beiden Teilstudien konnte gezeigt werden, dass die Hustensymptome dank dem Rückgang der Luftverschmutzung zwischen 1991 und 2002 abgenommen haben.
Hinsichtlich der Exposition von Zigarettenrauch sind Säuglinge und Kleinkinder besonders betroffen. Passivrauch führt zu häufigeren und schwereren akuten Virusinfektionen der unteren Luftwege (obstruktive Bronchitis, Bronchiolitis, Lungenentzündung).

 

Charakteristika des Sputums
  • mukös: schleimig, bezüglich der Viskosität und Elastizität verändert
  • serös-schaumig: bei hohem Flüssigkeitsgehalt des Sekrets, z.  B. bei Lungenödem; gelegentlich bei chronischer Bronchitis („Bronchorrhö“)
  • purulent oder putrid (gelb und grün): bei Infektionen, aber auch bei Asthma oder eosinophiler Bronchitis, Bronchiektasen
  • blutig (Hämoptoe, Hämoptyse): bei Infektionen, Nekrosen, Tumor, Bronchiektasen, Gerinnungsstörung
  • Bronchialausguss: allergische bronchopulmonale Aspergillose, Bronchiektasen, unkontrolliertes Asthma und COPD
Quelle: Pneumologie 2010; 64:336–373

Akuter Infekthusten

Beim Husten infolge eines respiratorischen Infekts zeichnen Viren verantwortlich, Antibiotika können daher nicht helfen. Gemäß einem Cochrane-Review4 wird die Besserung der Symptome nur um 0,58 Tage im Vergleich zu Placebo verkürzt, gleichzeitig besteht das Risiko für Antibiotikanebenwirkungen, der Förderung von Antibiotikaresistenzen und der Störung des Darmmikrobioms. Häufigste Auslöser von akuten viralen Infekten sind Rhinoviren (in 30–50 % der Fälle) ferner Corona-, Parainfluenza-, Respiratory-Syncytial-, Influenza-, Adeno-, Entero- und Metapneumoviren.5 „Beim Lungengesunden kommt selten eine Superinfektion hinzu. Tritt eine Farbänderung von weiß/grau zu grün ein, liegt höchstwahrscheinlich eine bakterielle Beteiligung vor, die eine Indikation für den Einsatz eines Antibiotikums ist“, stellt Pohl klar.
Der Infekthusten ist zu Beginn meist trocken und schmerzhaft. Nach und nach geht der Reizhusten in den produktiven Husten über. In der Literatur wird eine Sekretproduktion von 30 ml (entsprechend zwei Esslöffeln) und mehr in 24 Stunden angegeben. „Die akute Bronchitis ist in der kalten Jahreszeit eine der häufigsten Entzündungserkrankungen. Es kommt zu einer Inflammation der Bronchialschleimhaut mit dadurch bedingter Schwellung und Schleimproduktion. Die Dauer beträgt circa 10 Tage, wobei der Husten über vier Wochen persistieren kann“, definiert Pohl. Adenoviren und Mykoplasmen verursachen in der Regel 6–8 Wochen anhaltenden Husten, nach Infektion mit B. pertussis husten die Patienten noch länger.6 Gelegentlich tritt eine spastische Bronchitis (mit zusätzlicher Verkrampfung der Bronchien) auf, die sich mit pfeifenden Geräuschen beim Abhusten und Keuchen präsentiert.

Chronische Bronchitis

Leitlinien empfehlen, 8 Wochen abzuwarten, um eine ausführliche diagnostische Differenzierung des akuten Hustens vom chronischen Husten einzuleiten.7, 8 „In der Praxis werden bei manchen Patienten – entsprechend dem Leidensdruck – schon früher weitere diagnostische Maßnahmen gesetzt“, ergänzt Pohl. Eine sofortige Diagnostik des Hustens erfordern Hämoptoe, Thoraxschmerz, Atemnot, hohes Fieber, Aufenthalt in Ländern mit hoher Tbc-Prävalenz, anamnestisch bekannte Malignome, Immundefizienz, HIV-Infektion, immunsuppressive Therapie und extrem starkes Rauchen. Häufigste Ursache des chronischen Hustens und in der Folge der chronischen Bronchitis ist das Rauchen.

Allgemeine und medikamentöse Maßnahmen

Bei unproduktivem Reizhusten bzw. bei Husten mit geringen Sekretmengen im Rahmen einer akuten Atemwegsinfektion kommen Antitussiva zum Einsatz, darunter Kodein, Dihydrokodein und Dextromethorphan sowie Phytopharmaka wie Thymian, Spitzwegerich, Drosera und Wollblumen. Demulzenzien bewirken eine Reduktion der Reizung der Hustenrezeptoren. Die antitussiven Präparate enthalten als gemeinsamen Bestandteil Zuckersirup, häufig auch Lokalanästhetika und zentral wirkende (pflanzliche) Antitussiva sowie Expektorantien – bspw. Spitzwegerich, Isländisch Moos oder Eibischblätter. Wird der akute – aber auch der chronische Husten – aus dem Bereich der oberen Atemwege getriggert, empfiehlt sich der Einsatz von schleimhautabschwellenden Substanzen, wie Pseudoephedrin, Triprolidin oder Cetirizin.9, 10
„Die akute virale Bronchitis erfordert als wichtigste Maßnahmen Schonung und Bettruhe. Patienten ist zu empfehlen, zu Hause zu bleiben, um nicht andere anzustecken, und viel Flüssigkeit zu sich zu nehmen“, empfiehlt Pohl.
Als medikamentöse Therapien können Expektoranzien eingesetzt werden, die den zähen Schleim verflüssigen und das Abhusten fördern. Chemische Substanzen sind u. a. Ambroxol, Bromhexin, Carbocystein, Cineol, Guaifenesin, N-Acetylcystein und Kalium jodatum. Anis, Efeublätter, Eukalyptus, Myrtol, Pfefferminz, Primelwurzel, Spitzwegerich und Thymian zählen u. a. zum Schatz der expektorierenden Pflanzenwelt.
In Hinblick auf die oft umstrittene Kombination der antitussiven mit der sekretolytischen Therapie fand ein Paradigmenwechsel statt: Die Wirkung kann eventuell durch die Kombination beider Prinzipien (tagsüber Sekretolyse, nachts Hustendämpfung) verstärkt werden.11 Die chronische Bronchitis wiederum muss kausal behandelt werden.

Mikronährstoffe zur Immunstimulierung

Vitamin C – eines der wichtigsten Vitamine für unseren Körper – ist maßgeblich an der Abwehr von Erkältungserregern beteiligt und kann zusätzlich die Abwehrkräfte des Körpers unterstützen. Auch Vitamin D sowie die Mineralstoffe Selen und Zink können zur normalen Funktion des Immunsystems empfohlen werden.

Antibiotika richtig anwenden

Bakterielle Infekte der oberen Atemwege induzieren durch die Produktion von Entzündungsmediatoren akuten und chronischen Husten. Meist sind S. pneumoniae, S. aureus und H. influenzae verantwortlich. Sie erfordern, ebenso wie eine bakterielle Superinfektion im Rahmen einer viralen Bronchitis, eine antibiotische Therapie. Wichtig ist die Compliance der Therapie, zu der Apotheker einen wesentlichen Beitrag leisten können.

Vorsicht Pertussis bzw. Asthma!

Bei Reizhusten bzw. (chronischem) refluxassoziiertem Husten, häufigem Räuspern sowie gleichzeitig bestehendem Sodbrennen und saurem Aufstoßen muss an den gas­troösophagealen Reflux (GERD) gedacht werden. „Wenn der Husten über mehrere Wochen andauert oder sehr intensiv ist, ist ein Lungenröntgen angezeigt, da auch andere Ursachen dahinterstecken können. Beispielsweise können auch Erwachsene an einer Pertussis erkrankt sein“, macht Pohl aufmerksam. Die Behandlung der bakteriellen Infektion erfolgt mit Makroliden über 14 Tage. Bei Kindern ist vor allem an ein eventuell bestehendes Asthma bronchiale zu denken. „Kinder können bis zu 12 Mal im Jahr an einem Infekt leiden, doch nicht jeder Husten muss infektiös bedingt sein. Besonders wenn der Husten außerhalb der klassischen Infektionszeiten und in der Nacht auftritt, ist ein Arztbesuch ratsam“, so Pohl. Laut einem Bericht der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie (ÖGP) leiden immerhin 42.000 Kinder zwischen zwei und sechs Jahren an Asthma – Tendenz steigend. Damit ist sie die häufigste chronische Erkrankung im Vorschulalter. „Aber auch ,vorgeschädigte‘ Patienten mit Asthma bronchiale oder chronisch obstruktiver Lungenerkrankung (COPD) sind auf Grund der Hyperreagibilität der Atemwege sensibler für Infekte, Viren können so leichter eindringen. COPD-Patienten tragen Hauskeime in sich, die dadurch aktiviert werden. Es kann zusätzlich zu einer bakteriellen Bronchitis kommen, daher wird bei diesen Patienten die Antibiose rascher durchzuführen sein“, erklärt Pohl. Umgekehrt können rezidivierende Infekte im Kindesalter prädisponierende Faktoren für die Entstehung von Asthma und COPD sein.

 

Quellen:
• „Asthma im Kindesalter: In Österreich häufigste chronische Erkrankung der Zwei- bis Sechsjährigen“, Pressemitteilungen der ÖGP vom 7. 5. 2013
• „Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten mit akutem und chronischem Husten“, Leitlinie der Deutschen Gesellschaft für Pneumologie und Beatmungsmedizin, Pneumologie 2010; 64:336–373

 

Literatur:
1 Chung KF, Pavord ID, Lancet 2008; 371:1364–1374
2 Israili ZH, Hall WD, Ann Intern Med 1992; 117:234–242
3 www.sapaldia.net
4 Smucny J et al., Cochrane Database Syst Rev 2004; CD000245 Heikkinen T, Järvinen A, Lancet 2003; 361:51–59
5 Hewlett EL, Edwards KM, NEJM 2005; 352:1215–1222
6 Kardos P, Pneumologie 1995; 49:2–13
7 Irwin RS, Madison JM,; Am J Respir Crit Care Med 2002; 165:1469–1474
8 Curley FJ et al., Am Rev Respir Dis 1988; 138:305–311
9 Irwin RS et al., Am Rev Respir Dis 1981; 123:413–417
10 Morice AH et al., Eur Respir J 2002; 19:6–7
11 AWMF-Leitlinien-Register Nr. 020/003: Diagnostik und Therapie von erwachsenen Patienten mit akutem und chronischem Husten