Arzneimittelfälschungen am Haken

Apotheker Krone: 2017 muss die Richtlinie 2011/62/EU umgesetzt sein. Wie steht es um deren Implementierung in Österreich? Wie wird das österreichische System konkret aussehen?
Bundesministerium für Gesundheit: In Österreich wurde ein großer Teil der Bestimmungen dieser Richtlinie mit einer Novelle zum Arzneimittelgesetz umgesetzt, die am 13. März 2013 in Kraft getreten ist. Die restlichen Bestimmungen dieser Richtlinie werden durch eine Novelle der Arzneimittelbetriebsordnung 2009 umgesetzt, die noch 2013 erfolgen wird. Mithilfe dieser neuen Regelungen wurden bzw. werden strenge Vorschriften zum Schutz vor gefälschten Produkten geschaffen, und es wird damit der wachsenden Bedrohung der öffentlichen Gesundheit durch gefälschte Arzneimittel begegnet, die über die legale Lieferkette zu den PatientInnen gelangen. Diese Regelungen zum Schutz vor Medikamentenfälschungen werden durch die Einführung eines europäischen Datenspeicher- und abrufsystems, das die Informationen über die Sicherheitsmerkmale bereitzuhalten hat und der Prüfung der Identität und Echtheit jeder einzelnen Medikamentenpackung dient, noch vervollständigt.
Wie sind die Pharmaunternehmen, Großhändler und Apotheken in das Projekt mit eingebunden?
Alle Stakeholder waren im Rahmen der Begutachtung der Novelle des Arzneimittelgesetzes eingebunden. Bei den EU-weiten Sicherheitsmerkmalen wird kommendes Jahr eine Detailregelung der Kommission erwartet. Darin werden Modalitäten der Überprüfung der Sicherheitsmerkmale durch Hersteller, Großhändler und Apotheker festgelegt werden.
Wie soll das System finanziert werden?
Die EU-Richtlinie schreibt vor, dass die Kosten des oben angeführten Datenspeicher- und abrufsystems von den Herstellern für Arzneimitteln, d. h. der pharmazeutischen Industrie, zu tragen sind.

Erste Ergebnisse von securpharm

Der deutsche Schutzschild securpharm gegen Arzneimittelfälschungen ist eine Initiative zum Schutz vor gefälschten Medikamenten, getragen von sieben Akteuren des deutschen Arzneimittelvertriebs. Ihr Ziel ist der Aufbau eines deutschlandweiten Sicherheitssystems für die legale Vertriebskette. Grundlage ist die 2011 verabschiedete EU-Fälschungsrichtlinie, die vorschreibt, dass jede Packung ab 2017 Sicherheitsmerkmale tragen muss, mit denen auf Echtheit geprüft werden kann.
Nach einer längeren Entwicklungsphase wird dieses System nun seit Anfang 2013 mit interessierten Herstellern, Großhändlern und Apotheken erprobt. Die Ergebnisse des ersten Praxistests: Mehr als 280 beteiligte Apotheken, 24 mitwirkende Pharmaunternehmen, mehr als 3,5 Millionen gekennzeichnete Arzneimittelpackungen und über 30.000 erfolgreiche Verifizierungen. Im Praxistest konnten die mitwirkenden Apotheker feststellen, dass sich die Verifizierung mit wenig Zeitaufwand in den Arbeitsalltag integrieren lässt. Für Großhändler bietet das System zusätzlich die Möglichkeit zur stichprobenartigen Überprüfung von Packungen, was in den vergangenen Monaten bereits durch einen Großhändler erfolgreich erprobt wurde.

Quelle: idw/ABDA

 

Statement der Pharmig zur EU-Fälschungsrichtlinie

Die pharmazeutische Industrie begrüßt generell alle Maßnahmen, die dazu führen, die Fälschungssicherheit von Arzneimitteln zu gewährleisten. Mit der am 1. Juli 2011 veröffentlichten Richtlinie 2011/62/EU des Europäischen Parlaments und des Rates zur Verhinderung des Eindringens gefälschter Arzneimittel in die legale Lieferkette (kurz „Fälschungsrichtlinie“) wurden zahlreiche Maßnahmen getroffen, die fast das gesamte Life-Cycle-Management eines Arzneimittels betreffen.
Bereits seit Anfang dieses Jahres bzw. auch mit Juli sind die pharmazeutischen Unternehmen mit den Good-Manufacturing-Practice-Anforderungen für die Herstellung, die Ein- und Ausfuhr von Wirkstoffen konfrontiert. Bereits vor der Verpflichtung zur Umsetzung der EU-Richtlinie galten bezüglich der Herstellung von Wirkstoffen in Österreich hohe Standards, weshalb die heimischen Unternehmen hier gut vorbereitet sind.
Obwohl die finalen gesetzlichen Anforderungen in Form der delegierten Rechtsakte hinsichtlich der Sicherheitsmerkmale von Arzneimitteln noch nicht definiert sind, arbeitet die Industrie bereits an ­mög­lichen Lösungen für diese Herausforderung. Mit Anfang 2013 startete in Deutschland mit securpharm ein Pilotprojekt, das eine mögliche Umsetzung auf nationaler Ebene darstellen soll. Dieses Projekt bezieht die einzelnen Stakeholder Industrie, Großhandel und Apotheken mit ein und nimmt aus Sicht der Industrie eine Vorreiterrolle ein. Speziell für Österreich wäre das Projekt ein praktikabler Ansatz, um die Maßnahmen abseits einzelner nationaler Lösungen in allen EU-Ländern bis voraussichtlich 2017 zu implementieren.
Die Kosten für das – aufgrund der Anforderungen hinsichtlich Verifizierung und Identifizierung zu errichtende – Datenspeicher- und -verwaltungssystem sind von der pharmazeutischen Industrie zu tragen. Aktuelle Schätzungen liegen bei einem finanziellen Aufwand von 6,8 bis 11 Milliarden Euro. Dazu kommen noch individuelle Kosten für die Hersteller, um ihre Verpackungslinien aufzurüsten, damit sie den neuen Verpflichtungen nachkommen können. Das sind enorme Aufwendungen für die pharmazeutische Industrie, die letztlich jedoch dazu dienen, dass Patienten vor Arzneimittelfälschungen weiter geschützt werden.