Auf Kernkompetenzen fokussieren

 

Exponiertes Vorarlberg

„Auf Grund der Nähe zur Schweiz und zu Deutschland mit jeweils anderen Apothekensystemen hat Vorarlberg andere Probleme als viele andere Bundesländer. In der Schweiz gibt es Vieles, das in Österreich Angst und Schrecken verbreitet: Apothekenketten, dispensierende Ärzte und Krankenkassen sowie der Versandhandel (auch über die Krankenkassen). Die Schweizer Apotheker mussten in den letzten 10 Jahren überlegen, wie sie in so einem Umfeld überleben können und haben dies mit viel politischem Engagement und Arbeit nach Innen gelöst. Sie sind Vorbild in der Telemedizin und hinsichtlich der Qualitätszirkel. Sie dürfen u. a. impfen und seit kurzem auch Diagnosen stellen, was in Österreich undenkbar ist. In Deutschland gibt es seit 10 Jahren den Versandhandel und die Niederlassungsfreiheit mit konsequenten Versorgungsproblemen am Land und starkem Wettbewerb in den Städten. Hinzu kommt, dass der grenznahe Raum stark von Komplementär- und Alternativmedizin geprägt ist, bspw. praktizieren viele Heilpraktiker. Insgesamt sind die Kunden mehr über die Grenzen orientiert. Deshalb stehen die Vorarlberger Apotheken in einem permanenten Wettbewerb und müssen stetig am Ball bleiben, um die apothekerlichen Leistungen in diesem Umfeld konkurrenzfähig zu halten.“

Augenmerk auf Apothekerkompetenzen, nicht auf Screenings

„Für Österreich plädiere ich dafür, dass wir uns konsequenter auf die Kernkompetenzen Arzneimittel und Beratung der Patienten fokussieren und uns weniger mit isolierten Screening-Verfahren und sonstigen Checks beschäftigen, welche eigentlich zu den Aufgaben der Ärzte (im Rahmen der Vorsorgeuntersuchung) und Sozialmediziner gehören. Wir haben uns zwar an den vergangenen Präventionsprojekten beteiligt, sehen jedoch keine echten, nachhaltigen Fortschritte für das Gesundheitssystem, insbesondere für die Position der Apotheke. Ich stehe dazu, dass wir unsere Kernkompetenzen einbringen und fördern sollten und uns nur in Abstimmung mit den Playern des Gesundheitssystems an Präventivprojekten und Screenings beteiligen.
Die Beratung in Arzneimittelfragen ist der einzige USP des Apothekers, alle anderen Leistungen könnten auch von anderen Berufen erbracht werden. Um Mängel in dieser Kernkompetenz zu verhindern, haben wir bereits vor Jahren ein Schulungs- und Trainingsprogramm für Apotheker und PKA auf die Beine gestellt, das die kommunikative Leistung verbessert und die Beratungsqualität auf einen soliden Qualitätslevel bringt. Das ist mit ein Grund warum die Vorarlberger Apotheker in den vergangenen Mystery-Shopping-Aktionen deutlich am besten abgeschnitten haben. Ab November 2014 werden weitere Schulungen stattfinden, um das hohe Niveau zu halten. Dem folgt eine Evaluierung über Verkaufszahlen und Mystery-Shopping.
Die wichtigste und größte Kundengruppe sind ältere Personen. Der Erhalt des guten Images bei dieser Klientel ist ein wichtiges Ziel, weshalb wir in intensivem Kontakt mit allen Seniorenverbänden sind, um zu ermitteln welche Bedürfnisse bestehen. Diese gilt es möglichst breit abzudecken. Nach der Evaluation der Wünsche, wie eine Apotheke seniorengerecht gestaltet werden kann, werden wir eine große Kampagne lancieren.“

Medikationsmanagement braucht postgraduale Ausbildung

„Medikationsmanagement ist ein wichtiger Punkt im zukünftigen Berufsbild, der Weg dorthin ist kritisch zu beleuchten. Der Start ist erfolgt, viele sind begeistert, jedoch gibt es wenige konkrete Vereinbarungen mit den anderen Systempartnern. Wer hier erfolgreich sein will und auch den Knopf der Polypharmazie auflösen will, muss Einblick in Krankengeschichte, Diagnose und Laborparamater erhalten und bezüglich Interaktionen fit sein, um dann auch einen konkreten Lösungsvorschlag abgeben zu können. Diese Kompetenz haben nur wenige in Österreich, vor allem Krankenhausapotheker. Aus meiner Sicht müssten sich Gesundheitspolitik, Sozialversicherung, Ärztekammer und Apothekerkammer zusammensetzen, um das Problem konkret anzugehen. Ich schlage daher vor, eine postgraduale Medikationsmanagement-Ausbildung zu kreieren, mit einem entsprechenden Studienabschluss, in enger gemeinsamer Abstimmung. Damit wäre die Ausbildung von allen Gesundheitspartnern akzeptiert und es gäbe keine Auseinandersetzungen hinsichtlich der Befugnisse und Zuständigkeiten. Die daraus hervorgehenden Sachverständigen – ob Apotheker, Ärzte oder auch Biochemiker, wie auch immer – sollen dann von allen in Anspruch genommen werden können, durchaus auch von und auf Kosten der Sozialversicherung.“

Erfolgreiches Projekt„Parenterale Ernährung“

„Die Vorarlberger Apotheken haben bewiesen, dass sie die Bevölkerung nicht nur mit Arzneimitteln, sondern auch mit anderen Dingen gut versorgen können. In einem dreijährigen Pilotversuch haben wir ein hervorragendes System aufbauen können, das die Versorgung mit enteraler Ernährung – auch an Wochenenden – sicherstellt.

Die Krankenkasse hat nun ein österreichweit einzigartiges Modell entwickelt, in dem auch Apotheken diese Produkte abgeben dürfen und dabei auch etwas verdienen. In Salzburg und Oberösterreich ist die Abgabe zwar auch möglich, jedoch ist die Marge sehr gering.

Hausapotheke: Der Fall „Bregenzer Wald“

„In den vergangenen Monaten hat uns ein Fall einer ärztlichen Hausapotheke beschäftigt. Es wurden sämtliche Register der politischen Intervention gezogen, um die Eröffnung einer Apotheke im Bregenzer Wald zu verhindern. Jedoch war der Fall so klar, dass der Unabhängige Verwaltungssenat des Landes binnen 2 Monaten zugunsten der Apotheke entschieden hat. Heute zeigt sich, dass der Bedarf einer apothekerlichen Versorgung in dieser Region gegeben ist, da täglich bis zu 200 Kunden die neu eröffnete Apotheke aufsuchen.“