Bilanz: 2016 war ein mageres Jahr

Während die Krankenkassen auf rund 2,65 Milliarden Euro Rücklagen sitzen, hat ihr Sparkurs im Vorjahr gerade im Arzneimittelbereich zu wachsendem Druck und teilweise sinkenden Erträgen geführt. Nachtdienste, zusätzliche Serviceleistungen und höherer Beratungsbedarf steigerten umgekehrt die Aufwände, aber nicht die Wertschöpfung. Um lediglich 2,6 Prozent stiegen die Ausgaben für Arzneimittel im Jahr 2016, verglichen mit dem Jahr davor. Was unterm Strich übrig blieb, stagnierte aber. Das ist die vorläufige Bilanz von Apothekerkammer, Großhandel und der Industrie.

Gleichzeitig sorgt eine sich verbessernde Wirtschaftslage für eine deutliche Steigerung der Beitragseinnahmen bei den Krankenkassen. Bereits im Jahr 2015 war hier ein Plus von 3,9 Prozent zu verzeichnen. Das Gesundheitssystem brauche keinen Spardruck, sondern Innovationen, die finanziert werden müssen, fordert die Arzneimittelbranche. „Eine dieser Innovationen ist das Medikationsmanagement, bei dem wir Apotheker mit den Kunden ganz genau und detailliert die Einnahme der Arzneimittel besprechen und optimieren,“ sagt Dr. Mag. pharm. Christian Müller-Uri, Vizepräsident der Österreichischen Apothekerkammer.

Der Umsatz mit Arzneimitteln auf Kosten der Krankenkassen betrug im Jahr 2015 in Summe 2,617 Milliarden Euro netto über öffentliche Apotheken. Trotz einer Vielzahl neuer und weiterentwickelter Arzneimittel, trotz anhaltendem Bevölkerungswachstum und weiter steigender Lebenserwartung ist die prognostizierte Zuwachsrate für 2016 von lediglich 2,6 Prozent äußerst bescheiden. Sie hat sich im Vergleich zum Jahr 2015 zudem fast halbiert und zeigt damit eine rückläufige Entwicklung auf. Die endgültigen Zahlen werden von der Apothekerkammer bei der Fortbildungsveranstaltung in Schladming am 8. März präsentiert.
Sieht man sich die Ergebnisse speziell für den Großhandelsbereich an, liegen diese deutlich unter den Gesamtzahlen: Das Umsatzwachstum aller Arzneimittel, die der Arzneimittelvollgroßhandel an öffentliche Apotheken und Anstaltsapotheken auslieferte, betrug im Vorjahr 1,5 Prozent. Aufgrund des degressiven Spannen-Modells sei daher die Entwicklung der Wertschöpfung des Großhandels negativ, sagt der Präsident des Verbandes der Österreichischen Arzneimittelvollgroßhändler, Dr. Andreas Windischbauer: „Bereits jetzt liegt die Großhandelsspanne für die Hälfte aller Krankenkassen-Packungen unter den Portokosten eines Standardbriefes von 68 Cent.“

Paradoxerweise unterstreiche das geringe Wachstum umso mehr das Bekenntnis der pharmazeutischen Industrie zum solidarischen Gesundheitswesen, sagt Dr. Jan Oliver Huber, Generalsekretär der Pharmig. Die Unternehmen verpflichteten sich bekanntlich, gemeinsam mit dem Großhandel, allein im vergangenen Jahr 125 Millionen Euro an Solidarbeiträgen zu zahlen. „Dieser hohe Betrag wurde ursprünglich unter der Prämisse festgelegt, dass dadurch ein außergewöhnliches Wachstum bei den Arzneimittelausgaben für die Kassen abgefedert hätte werden sollen. Jetzt zeigt sich, dass wir weitab von prognostizierten vier und mehr Prozent liegen. Trotzdem erhielten die Kassen 125 Millionen Euro von der Pharmawirtschaft.“

Auch international fällt die Bilanz des vergangenen Jahres für die Pharmabranche enttäuschend aus: Die Medikamentenzulassungen nahmen deutlich ab. In den USA genehmigte die zuständige Behörde FDA nur 22 Präparate – das waren halb so viele wie 2015 und das niedrigste Niveau seit sechs Jahren. In Europa erhielten 81 verschreibungspflichtige Produkte grünes Licht, 93 waren es noch im vorangegangenen Jahr. „In den Jahren 2014 und 2015 gab es einen regelrechten Boom an Zulassungen. Nun macht sich Ernüchterung breit, denn die Zahlen für 2016 signalisieren eine Rückkehr zur Normalität“, rechnet das Beratungsunternehmen EY vor. Hinzu kommt Gegenwind aus der Politik: In Zeiten angespannter Haushalte stemmen sich Regierungen und Krankenkassen gegen steigende Kosten in der medizinischen Versorgung.