Fachberater statt Supermarkt: „Apotheker sind wichtige Partner“

Apotheker Krone: Die Austromed, der Verband der Medizinproduktehersteller, will in den kommenden Wochen mit einer Kampagne die eigenen Produkte verstärkt bewerben. Warum?

Friedrich Thomasberger: Mit unserer Imagekampagne mit dem Titel „Qualität fürs Leben – Medizinprodukte machen es möglich“ soll gezeigt werden, wie wichtig Forschung und Entwicklung als Basis für immer effizientere, qualitativ hochwertigere und innovativere Medizinprodukte sind. In den vergangenen Jahrzehnten haben Medizinprodukte einen Quantensprung gemacht. Selbst hinter einfachen Produkten steckt enorm viel Know-how – vieles davon stammt zudem aus Österreich. Um diese Innovationen den Patienten zur Verfügung stellen zu können ist es nötig, dass auch die Politik, Sozialversicherungen, Krankenhäuser aber auch Apotheken und viele mehr verstärkt den Nutzen eines Produktes erkennen – und nicht nur auf die Kosten schauen. Mit der Imagekampagne wollen wir deshalb den Medizinprodukten in der Öffentlichkeit einen entsprechenden Platz geben.

Warum gerade jetzt?

Thomasberger: Medizinprodukte haben grundsätzlich ein gutes Image – sie sind mittlerweile eine Selbstverständlichkeit im österreichischen Gesundheitswesen geworden. Aktuell stehen österreichischen Patienten über 400.000 unterschiedliche Medizinprodukte zur Verfügung. Dies reicht vom einfachen Pflaster über einen Großteil des Inventars eines Krankenhauses beziehungsweise einer Pflegeeinrichtung bis hin zu Spezialgeräten wie Magnetresonanztomografie-Geräten. Stellen Sie sich einen Operationssaal ohne Medizinprodukte vor: ein weißer, leerer Raum mit einigen Ärzten und Krankenschwestern, die in Unterwäsche auf am Boden liegende, unbekleidete Patienten schauen. Das muss man sich immer vor Augen führen, wenn es um das Thema Medizinprodukte geht.

In der Folge des von Frankreich ausgehenden Brustimplantate-Skandals vor einigen Jahren und anderer Probleme mit Medizinprodukten will die EU aktuell über eine Verordnung die Zulassung und den Gebrauch neu regeln. Seit drei Jahren wird über eine neue Medizinprodukteverordnung in der EU beraten, jetzt wird es ernst. Wie sehen Sie die geplanten Regelungen?

Thomasberger: Die Regelung wird alle Medizinprodukte betreffen – vom Zulassungsverfahren über Studien, gefährliche Substanzen bis zur Wiederaufbereitung von Einmalprodukten. Der EU-Ministerrat hat sich nun auf eine gemeinsame Linie verständigt, jetzt sollen die weiteren Prozesse für die Ausarbeitung der Verordnung starten, 2016 sollen die neuen Regeln via Verordnung in Kraft treten und für alle Unternehmen und Mitgliedsländer bindend sein. Im Kern sind strengere Regeln vor allem bei der Marktüberwachung vorgesehen. Nach der neuen Regelung müssen so genannte Hochrisikomedizinprodukte künftig klinische Studien durchlaufen, die deren Sicherheit und Wirksamkeit belegen – erst dann sollen sie zugelassen werden.

Ihre Zwischenbilanz?

Thomasberger: Das Ziel ist sicherlich, die Patientensicherheit zu erhöhen. Aber es darf nicht zu einer überbordenden Bürokratie führen. Derzeit sind auch einige Regelungen angedacht, die den Patienten nichts bringen, aber vor allem die Unternehmen belasten. Die Frage wird sein, wie praktikabel die Verordnung sein wird. In der Branche herrscht die Sorge, dass im so genannten Trilog zwischen Kommission, EU-Rat und dem EU-Parlament aus ökonomischen Gründen eine Art Tauschhandel mit Verringerung der Sicherheitsstandards bei den Einwegprodukten erfolgen könnte. Hier gibt es Bestrebungen, an sich für den einmaligen Gebrauch in Krankenhäusern, Ordinationen und anderen Gesundheitseinrichtungen bestimmte Produkte leichter wiederverwertbar zu machen – aus Patientensicht ist das durchaus kritisch zu bewerten.

Viele Medizinprodukte werden auch über Apotheken vertrieben. Wie sehen Sie diesen Vertriebspartner?

Thomasberger: Apotheken sind für uns ein wichtiger und interessanter Vertriebspartner – denken Sie an Verbandstoffe, Wundauflagen, Messstreifen für Diabetiker und vieles mehr; oder an stoffliche Medizinprodukte wie Nasensprays oder Augentropfen. Ich würde mir aber durchaus wünschen, dass die Apotheker hier auch ihr Sortiment ausweiten – auch im Hinblick auf überall laufende Bemühungen, sich breiter aufzustellen. Im Bereich Heilbehelfe und Hilfsmittel vertreibt die Medizinproduktebranche derzeit vor allem über den Sanitätsfachhandel. Als medizinischer Fachhandel – und so verstehe ich die Apotheken – könnten sie aber auch die Strategie einschlagen, hier mehr zu machen.

Als Strategie gegen das zunehmende Angebot im Lebensmittelhandel?

Thomasberger: Ja – die Abwanderung von verschiedenen Produkten in den Lebensmitteleinzelhandel sehen wir durchaus kritisch. Sobald ein Produkt komplexer und der Sicherheitsaspekt höher ist, gehört es meiner Meinung nach in den medizinischen Fachhandel. Denken Sie an Themen wie Blutdruck- und Blutzuckermessung. Wenn es den Apotheken ins Ladenkonzept passt, begrüßen wir einen Ausbau der Zusammenarbeit.

Sie haben den Kostendruck der Krankenkassen kritisiert. Ähnliches erleben die Apotheken und die Pharmabranche gerade im Arzneimittelbereich. Was fordern Sie von den Kassen?

Thomasberger: Wichtig ist uns, dass man die Leistungen erkennt. Wir führen aber auch Gespräche über eine einheitliche Erstattung, die es derzeit gar nicht gibt. Wir fordern also vor allem Transparenz im Erstattungsprozess. Es gibt Kassen, die Inkontinenzeinlagen und Wundauflagen zahlen, andere nicht.