Frei von der Leber weg – Selbstmedikation: das rät die Apothekerin

Als zentrales Stoffwechselorgan erfüllt die Leber täglich wichtige Ausscheidungs- und Entgiftungsaufgaben. Sie dient als Speicherorgan für Glykogen, welches bei Bedarf durch das Hormon Glukagon, den Gegenspieler des Insulins, zu Glukose abgebaut wird. Die Leber speichert außerdem Fett in Form von Lipoproteinen sowie einige Vitamine. Weiters produziert sie unter anderem Cholesterin und in weiterer Folge die Gallensäuren, welche mit der Galle ausgeschieden werden. Auch ist die Leber für die Synthese von Bluteiweißstoffen wie Albumin, einige Globuline, Gerinnungsfaktoren und Akute-Phase-Proteine verantwortlich. Beim Ungeborenen dient die Leber bis zum 7. Schwangerschaftsmonat der Blutbildung.

Belastungen für die Leber

Leberzellschäden werden in erster Linie durch Virusinfektionen (Hepatitis A, B, C, D, E), Vergiftungen, Alkohol oder Tumoren verursacht. Hinweise über das Ausmaß der Lebererkrankung beziehungsweise -schädigung liefert eine Blutuntersuchung, wobei im Krankheitsfall erhöhte Werte bestimmter Enzyme festgestellt werden. Zwar sind Leberschäden nicht immer alkoholbedingt, dennoch gilt chronischer Alkoholabusus als wesentliche Ursache für Lebererkrankungen wie Fettleber, alkoholtoxische Hepatitis und Leberzirrhose, wobei sich die Befunde überlappen können. Es besteht meist eine lineare Korrelation zwischen der Intensität des Alkoholmissbrauches und der Schwere der Leberschädigung.
Nicht zu unterschätzen sind auch mögliche lebertoxische Effekte vieler Arzneistoffe. Die Leber spielt eine wesentliche Rolle beim Metabolismus von Arzneimitteln, welche durch Biotransformation in ihre aktive Form übergeführt und/oder ausgeschieden werden. Entscheidend ist dabei die Rolle verschiedener Enzymkomplexe, welche für die metabolischen Prozesse verantwortlich sind. Werden verschiedene Substanzen über denselben Enzymkomplex verstoffwechselt, so sind Interaktionen möglich. Wirkt die Substanz als direktes Zellgift, so ist die Schädigung meist dosisabhängig und für die jeweilige Substanz charakteristisch. Möglich ist auch eine Reaktion gegenüber Arzneimitteln, welche nur bei sehr empfindlichen Personen Leberschäden hervorrufen. Leberschäden verursachen anfänglich kaum Beschwerden, weshalb eine regelmäßige Bestimmung der Blutwerte sinnvoll ist:

  • GOT = AST = ASAT (Glutamat-Oxalacetat-Transaminase),
  • GPT = ALT = ALAT (Glutamat-Pyruvat-Transaminase),
  • GGT (Gamma-Glutamyl-Transferase) und
  • AP (alkalische Phosphatase).

Regeneration der Leber

Grundsätzlich hat die Leber eine ausgeprägte Fähigkeit zur Regeneration. Sie ist sogar in der Lage, abgestorbene oder verletzte Teile neu zu bilden, sofern mehr als 50 % der funktionellen Masse der Leber erhalten sind.
Um die Regeneration einer geschädigten Leber jedoch zu ermöglichen, ist die Karenz sämtlicher schädlicher Toxine erforderlich. Insbesondere bei alkoholbedingten Leberschäden ist absolute Alkoholkarenz die Grundvoraussetzung für einen Therapieerfolg. Zu den bewährtesten Leberschutzpräparaten zählt die Mariendistel (Silybum marianum) mit dem Hauptwirkstoff Silymarin, einem Gemisch aus Flavanonderivaten. Die Struktur der äußeren Zellmembran der Hepatozyten wird durch Silymarin derart verändert, dass Lebertoxine nicht in das Zellinnere eindringen können. Außerdem wird die ribosomale Proteinsynthese gesteigert und die Lipidperoxidation gehemmt, wodurch eine Regeneration geschädigter Leberzellen möglich ist. Als Tagesdosis werden 200–400 mg Silymarin empfohlen. In der tibetischen Medizin verwendet man eine fein abgestimmte Kräuterrezeptur aus entsteinten Myrobalanen-, Amla- und Terminalia-bellirica-Früchten zur Entgiftung, Reinigung und zur Unterstützung der Leberaktivität.
Hepatoprotektive Wirkung hat außerdem Sojalecithin. Indikationen sind daher unter anderem alkoholbedingte Leberschäden sowie chronische Hepatitis. Ein weiterer positiver Aspekt ist die Senkung des LDL-Spiegels durch Hemmung der Lipidperoxidation. Auf einem rein physikalischen Prinzip beruht der entgiftende Effekt zeolithhältiger Produkte. Schadstoffe werden durch das vulkanische Mineral bereits im Darm gebunden, wodurch die Leber entlastet wird.

Mikronährstoffe ergänzen!

Erkrankungen der Leber gehen sehr häufig auch mit einem Mangel an Vitaminen einher. Insbesondere die Vitamine B3 und B12, welche in der Leber gespeichert werden können, sind reduziert vorhanden. Empfehlenswert ist die Gabe eines Vitamin-B-Komplex-Präparates, da sich die einzelnen B-Vitamine gegenseitig unterstützen beziehungsweise aktivieren. Auch hier sei wieder auf den Verzicht auf Alkohol hingewiesen: Alkohol reduziert einerseits die Vitamin-Resorption aus der Nahrung und hemmt andererseits die Aktivierung der B-Vitamine.
Neben absoluter Alkoholkarenz sollte auch auf eine bewusste Ernährung geachtet werden. Ideal sind Getreideprodukte wie Brot, weiters Kartoffeln, Gemüse, Milch und Milchprodukte sowie mageres Fleisch und Fisch. Zu meiden sind fette Speisen, blähende Gemüsesorten, Zwiebel, Nüsse und unreifes Obst. Scharfe Gewürze sind sehr vorsichtig einzusetzen, auch geräucherte oder gesäuerte Speisen werden häufig schlecht vertragen. Grundsätzlich sind mehrere kleinere Mahlzeiten besser als drei große Hauptmahlzeiten.

 

Arzneimittel mit lebertoxischen Nebenwirkungen (Beispiele):

  • systemische Antimykotika
  • Paracetamol in hohen Dosen
  • Isoniazid, Methyldopa, MAO-Hemmer, Indomethazin
  • Propylthiouracil, Halothan
  • Amiodaron, Chlorpromazin
  • Sulfonamide, Zytostatika