Hyperhidrose trockenlegen

Hyperhidrose ist eine übermäßige Schweißproduktion, die örtlich begrenzt oder generalisiert auftreten kann. In der allgemeinen Öffentlichkeit werden die Beschwerden immer noch unterschätzt, obwohl die Konsequenzen massiv sein können: Die Ausübung mancher Berufe wird unmöglich, Betroffene ziehen sich oft aus dem sozialen Leben zurück und leiden immer wieder unter psychischen Schwierigkeiten.

Je nach betroffener Körperregion unterscheidet man die palmare Hyperhidrose (Handschweiß), die axilläre Hyperhidrose (Achselschweiß), die plantare Hyperhidrose (Fußschweiß) und die Hyperhidrose des Gesichts (vor allem die Stirn ist betroffen).1

Einfluss der Psyche

Die primäre Hyperhidrose ist genetisch begründet und beginnt im Kindes- und Jugendalter. Das Auftreten des Schwitzens ist unabhängig von der Temperatur, unvorhersehbar und kann nicht willentlich kontrolliert werden. Während des Schlafes sind Patienten der primären Form nicht vom vermehrten Schwitzen betroffen.2 Die Psyche spielt eine gewisse Rolle, wie Prim. Univ.-Doz. Dr. Manfred Prager, Facharzt für Chirurgie und Gefäßchirurgie und Spezialist bei Hyperhidrose, erläutert. „Als Trigger löst sie bei Stimmungslagen wie Aufregung, Erregung, Nervosität – also alltäglichen und prinzipiell normalen Stimmungsschwankungen – vermehrtes Schwitzen aus. Andere haben in der gleichen Situation Bauchgrimmen und eventuell Durchfall.“ Die meisten Menschen würden diese Probleme ab der Pubertät bemerken. Schon das Schreiben am PC oder mit der Hand kann durch das Schwitzen zur Qual werden.

Unterschieden werden muss auch die nächtliche Hyperhidrose. Ihre Auslöser sind ungünstige Schlafbedingungen, übermäßiger Alkoholkonsum am Vorabend, Hormone, Infektionskrankheiten oder die Psyche. Somit gibt es nächtliche Hyperhidrose mit oder ohne Krankheitswert. Das Hauptkriterium zur Unterscheidung ist die Intensität der Beeinträchtigung des Schlafes (bei starker Beeinträchtigung muss bspw. die Bettwäsche gewechselt werden).2

Sekundäre Form: Folge von Krankheiten

Verschiedene Krankheitsbilder können die übermäßige Absonderung von Schweiß begünstigen. Dazu zählen Hyperthyreose, Hypertonie, Hypoglykämie im Rahmen von Diabetes mellitus, hormonelle Störungen, chronische Infekte und psychische Erkrankungen. Auch im Klimakterium kann es zu Hyperhidrose kommen. Schwitzen in der Menschheitsgeschichte und heute um herauszufinden, warum es zum Schwitzen kommt, muss man die Evolution des Menschen betrachten. „Über das sympathische System werden antreibende, leistungsfördernde Körperreaktionen vermittelt, Reaktionen, die sich schon sehr früh in der Entwicklungsgeschichte der Wirbeltiere bei Kampf, Flucht und Stress als förderlich für das Überleben erwiesen haben“, erklärt Prof. Prager. „Der Sympathikotonus führt zu vermehrtem Schwitzen – der Angreifer vermag rutschige Haut nicht so gut zu fassen – und zu verminderter Durchblutung der Haut, damit mehr Blut für die Muskulatur von Arm und Bein zur Verfügung gestellt werden kann.“ Manche Menschen reagieren auf Trigger heftiger mit der Haut, kalte nasse Hände und Achseln sind die Folge. Prof. Prager: „In unserer Zeit gibt es keinen Bedarf mehr für diese Reaktion, im Gegenteil: Die menschliche Umgebung kann nun leicht den vermeintlich größeren Aufregungszustand der Betroffenen erkennen und darin eine Schwäche entdecken. Eine Katastrophe, wenn man sich vorstellt, wie das bei einem angehenden Manager, einer jungen Anwältin oder bei Frischverliebten wirkt. Verschärft wird die Situation auch noch durch die Angst vor der Bloßstellung, die natürlich diesen Sympathotonus noch vermehrt.“ Verbesserungen mit Aluminiumsalzen Verschiedene Studien haben gezeigt, dass Aluminiumsalze die distalen Schweißdrüsen hemmen. Es ist wahrscheinlich, dass Metallionen mit Mukopolysacchariden präzipitieren, so die Drüsenfunktion beeinträchtigen und quasi wie ein Absperrhahn die Schweißabsonderung blockieren.3 Manchen Patienten hilft Ionophorese für die Hände und Füße sehr gut. Botulinumtoxin blockiert die Reizübertragung auf die Schweißdrüsen und verhindert so das Schwitzen. Allerdings, so Experte Prof. Prager, „hilft es nur kurze Zeit und muss in stets kürzer werdenden Abständen lokal injiziert werden.“ Möglich sei auch eine chirurgische Entfernung der Schweißdrüsen in der Achselregion. Wundheilungsprobleme ließen sich dabei allerdings nicht ausschließen, und es komme zur Bildung unschöner Narben.
Flüssigkeit sehr wichtigImmer noch hält sich hartnäckig die Mär in der Bevölkerung, dass vermehrtes Trinken auch zu verstärkter Schweißbildung führt. Hierbei handelt es sich nicht nur um einen Irrtum, sondern auch um ein gesundheitliches Risiko, denn die verlorene Flüssigkeit muss ersetzt werden, um Kreislauf- und Nierenprobleme zu verhindern. Für die Kühlung des Körpers sind lauwarme Getränke am effektivsten. Auch kühlende Nahrungsmittel wie Obst und Gemüse sind hilfreich. Scharfe Speisen sollte man dagegen vermeiden.

 

Literatur:

1 Herrmann K et al, Springer Medizin Verlag, Heidelberg 2007

2 Maischberger G, GA 3/2011

3 International Hyperhidrosis Society