Neues Gesetz zwingt Apotheken zur Vorsicht

Sie wurde einst geschmiedet, um das Lebensmittelrecht umzukrempeln und den europäischen Konsumenten die bestmögliche Information zukommen zu lassen. Jeder Verbraucher sollte eine umfassende Entscheidungsgrundlage beim Erwerb von Lebensmitteln haben. Ob Kennzeichnung, Allergeninformation, Herkunftsangaben oder Zusatzhinweise, kein Bereich blieb ausgespart. Einige tausend Hersteller- und Gastronomen-Schweißperlen später ist sie am 13. Dezember 2014 schließlich in Kraft getreten, die Europäische Verordnung Nr. 1169/2011 über die Information der Verbraucher über Lebensmittel, kurz Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV). Ihre Reichweite geht weit über den Lebensmittelhandel hinaus und betrifft unter anderem auch Apotheken. Die Apotheker Krone beantwortet die wichtigsten Fragen zur Relevanz in der Apotheke.

1 Betrifft die Lebensmittelinformationsverordnung (LMIV) Apotheken überhaupt?

Ja, denn es fallen alle Lebensmittel darunter, also auch Nahrungsergänzungsmittel, Kaugummis und Säfte, die in der Apotheke verkauft werden. Verantwortlich für die zur Verfügung gestellten Informationen ist der Lebensmittelunternehmer, unter dessen Namen oder Firma das Lebensmittel vermarktet wird. Auf allen nachfolgenden Handelsstufen, also auch in der Apotheke, gilt: Man darf Lebensmittel nicht abgeben, wenn man annehmen muss, dass ein Produkt dem Lebensmittelinformationsrecht nicht entspricht.

2 Müssen künftig bei Einlangen der Ware alle Angaben auf Gesetzeskonformität kontrolliert werden?

Nein, kein Grund zur Sorge. Die Regelung sieht vor, dass eine Abgabe dann nicht stattfinden darf, wenn aufgrund des Informationsstandes im Rahmen der beruflichen Tätigkeit anzunehmen ist, dass eine Ware dem Lebensmittelinformationsrecht nicht entspricht. Das heißt, es lohnen sich Stichproben zur Kontrolle von groben Mängeln hinsichtlich der Deklaration verpflichtender Angaben.

3 Welche Angaben sind in Zukunft verpflichtend?

Die Bezeichnung des Lebensmittels, ein Zutatenverzeichnis inklusive aller Hilfsstoffe und Mengen, Allergene, die Nettofüllmenge, das Mindesthaltbarkeitsdatum, Hinweise für die Aufbewahrung, die Anschrift des Lebensmittelunternehmers sowie eine Nährwertdeklaration sind anzugeben. Andere obligatorische Angaben betreffen Lebensmittel in der Apotheke nicht. Die neue Nährwertdeklaration, also die Angabe von Brennwert, Fett, gesättigten Fettsäuren, Kohlenhydraten, Zucker, Eiweiß und Salz, kann bei Nahrungsergänzungsmitteln entfallen. Für diese Produktgruppe gelten die bisherigen einschlägigen Regelungen.
Für die Nährwertdeklaration gibt es Übergangsvorschriften. Ein Produkt darf noch bis 13. 12. 2016 ohne Deklaration in Verkehr gebracht werden, auch danach ist noch ein Aufbrauchen der Bestände möglich.

4 Was bedeutet die LMIV für Apotheken-Onlineshops?

Der Fernabsatz, also auch Kataloge, sind von der LMIV betroffen. Die Verordnung sieht vor, dass Informationen über die Inhaltsstoffe eines Lebensmittels bereits vor dem Abschluss eines Kaufvertrags verfügbar sein müssen – das bedeutet, bevor ein Kunde ein Produkt in den elektronischen Warenkorb verschiebt. Diese Thematik ist nicht auf die leichte Schulter zu nehmen. In Deutschland gab es vor Weihnachten dazu bereits Abmahnschreiben.

5 Betrifft die LMIV auch gesundheits­bezogene Angaben?

Nein, die Health-Claims-Verordnung bleibt unberührt, da sie die Werbung für Produkte betrifft, die LMIV allerdings nur für Informationen gilt. Hierzu heißt es, dass Informationen nicht irreführend sein dürfen (Artikel 7, „Lauterkeit der Informationspraxis“). Um einen Health Claim machen zu dürfen, gilt nach wie vor eine Menge des Stoffs als Voraussetzung, die mindestens 15 % der täglichen Referenzzufuhr entspricht. Diese Referenzwerte nennen sich jetzt NRV (Nutrient Reference Value) anstelle der bisherigen RDA.

6 Was ändert sich für die Beratung an der Tara?

Die in heimischen Apotheken übliche seriöse Information wird nicht mit dem neuen Gesetz in Konflikt geraten. Das Beratungsgespräch mit dem Kunden ist jedoch indirekt betroffen. Apothekenpersonal kann sich darauf einstellen, dass Kunden vermehrt Fragen zu allergenen Stoffen stellen. Diese Problematik ist beim Konsumenten vor allem durch die nunmehr verpflichtenden Allergeninformationen in der Gastronomie ins Blickfeld gerückt. Wer zur Verkostung Säfte anbietet, um damit einen späteren Verkauf zu fördern, sollte sicherheitshalber die im Saft enthaltenen Allergene auf einer kleinen Tafel anschreiben. Relevant ist dies beim Vorhandensein von Sellerie, Milch, Laktose und Soja. Die vollständige Allergenliste übermittelt Ihnen die Redaktion der Apotheker Krone jederzeit gerne.