Nicht lange fackeln, Reflux behandeln

Der Verdauungstrakt hat die wichtige Aufgabe, die Nahrung in verwertbare Bestandteile zu zerlegen und somit für den Organismus nutzbar zu machen. Außerdem ist insbesondere der Darm auch wesentlicher Bestandteil des Immunsystems, Störungen in diesem Bereich können gravierende Folgen haben. Die physiologische Darmflora wird jedoch immer wieder extremen Belastungen ausgesetzt. Falsche Ernährungsgewohnheiten wie einseitige Ernährung und ein Zuviel an fett- und zuckerhältigen Speisen können die Darmflora massiv beeinträchtigen. Durch die Einnahme von Antibiotika wird die Zahl der physiologischen Darmkeime drastisch reduziert, auch entzündliche Erkrankungen im Bereich des Darms sowie Diarrhöen oder Obstipation wirken sich negativ aus.
Natürliche Darmbesiedelung
Die physiologische Darmflora besteht aus mehr als 400 verschiedenen Bakterienspezies und Subspezies, insgesamt etwa 1013 bis 1014 Bakterien, wobei bestimmte Bakterien in bestimmten Darmabschnitten vorherrschen. Auch Pilze und Protozoen können physiologisch vorkommen, jedoch nur in geringer Zahl. Die Bakterien treten dabei sowohl untereinander als auch mit den menschlichen Wirtszellen in Wechselwirkung, wodurch ein stabiles Ökosystem entsteht. Die individuelle Besiedelung ist abhängig von Wirtsfaktoren wie Alter und Ernährungsgewohnheiten. Ist die physiologische Darmflora aus dem Gleichgewicht geraten, werden nicht nur die körpereigenen Abwehrkräfte beeinträchtigt, auch der Verdauungsprozess ist naturgemäß gestört. Dies führt zu einer unzureichenden Resorption wichtiger Makronährstoffe – Mangelerkrankungen sind die logische Folge.

Was sind Probiotika?

Probiotika werden von der WHO als lebende, nichtpathogene Mikroorganismen definiert, welche eine für den menschlichen Organismus präventive bzw. therapeutische Wirkung aufweisen. Sie wirken über Hemmung des Wachstums pathogener Darmkeime durch ein Absenken des intraluminalen pH-Werts1, Sekretion bakterizid wirksamer Proteine2 und durch Verdrängungswettbewerb (Rezeptorwettbewerb, Nährstoffkonkurrenz oder Hemmung der mukosalen epithelialen Anhaftung)3. Sie greifen aber auch direkt in die Immunantwort ein, zum Beispiel durch Induktion von IL-10 und Suppression der TNF-Expression.

Voraussetzungen für die Anwendung

Entscheidend für die Wirksamkeit von Probiotika ist nicht zuletzt die wissenschaftliche Auswahl der Bakterienstämme. Probiotische Mikroorganismen müssen neben ihrem therapeutischen Nutzen aber auch bestimmten technischen Anforderungen entsprechen. Qualitativ hochwertige Präparate in entsprechender galenischer Verarbeitung garantieren, dass die Keime die Magen-Darm-Passage unbeschadet überleben und damit an den Wirkort gelangen. Zu den am meisten verwendeten Probiotika zählen u. a. Species der Gattungen Lactobacillus, Bifidobacterium, Saccharomyces und Lactococcus sowie Enterococcus faecium und Escherichia coli.
Sodbrennen darf in unseren Breiten getrost als Volkskrankheit bezeichnet werden. Etwa ein Viertel aller Westeuropäer leidet zumindest einmal im Monat an dem unangenehmen Brennen in der Speiseröhre, unter schwangeren Frauen beträgt die „Brandquote“ sogar 80 %. So breit wie die Verteilung ist auch die Palette der möglichen Ursachen. Diese reichen von vergleichsweise harmlosen Ernährungsfehlern über Funktionsstörungen des Schließmuskels bis hin zu Gastritis oder Ulcera an der Magenschleimwand. Deshalb ist vor einer möglichen Behandlung mit rezeptfreien Arzneimitteln immer abzuklären, wie lange die Symptome bereits bestehen, ob sich diese in letzter Zeit verstärkt haben, und ob der Stuhl auffällig schwarz gefärbt ist (Verdacht auch blutende Geschwüre).

Zündquelle Ernährung

Neben einer medikamentösen Behandlung muss immer auf die Änderung des Lebensstils hingewiesen werden. Häufig reicht bereits eine Karenz von scharfen und fetten Speisen sowie koffein-, alkohol- und kohlensäurehaltigen Getränken aus, um die Beschwerden in den Griff zu bekommen. Auch Milch und Milchprodukte gelten als Säurebildner. Dabei werden diese gerne zur Linderung akuter Beschwerden herangezogen, denn durch das enthaltene Fett stellt sich schnell eine vermeintliche Besserung ein. Diese weicht nach 1–2 Stunden allerdings einem verstärkten Schmerzanstieg. Immer hilfreich ist eine Reduktion der auf den Magen drückenden Körperlast (also die charmante Umschreibung für Diät und Sport). Und auch die Vermeidung von Stress ist ein wesentlicher, wenngleich oft schwierig umzusetzender Erfolgsfaktor.

Physikalische Löschdecke

Schnelle Soforthilfe bei Reflux bieten Antazida sowie die noch recht jungen Alginate. Beide Gruppen sind in ihrer Anwendung unkompliziert, doch erfordern sie eine eingehende apothekerliche Beratung. Während Antazida auf chemischem Weg die Magensäure neutralisieren, wirken Alginate rein physikalisch. Sie bilden über der Magensäure eine für Lebensmittel und Medikamente leicht zu durchdringende Schicht, die jedoch das Aufsteigen der aciden Flüssigkeit erfolgreich unterbindet. Das System ist praktisch frei von Nebenwirkungen, hat allerdings eine entscheidenden Einschränkung: Es funktioniert nur bei aufrechter Körperhaltung, ist also für den häufig auftretenden nächtlichen Reflux minder geeignet. Anders verhält es sich bei Antazida. Der säureneutralisierende Effekt ist in jeder (Lebens-)Lage spürbar. Ihrerseits sind die Aluminium- oder Hydrogencarbonat-Verbindungen aber keineswegs immer und überall einsetzbar. Nicht geeignet sind sie für Personen mit Nierenfunktionsstörungen, Hyperkalzämie und kalziumhaltigen Nierensteinen. Bei der gleichzeitigen Einnahme von Antibiotika ist ein Abstand von zwei Stunden einzuhalten. Keinesfalls sollen Antazida vor dem Essen eingenommen werden, um den für die Verdauung notwendigen pH-Wert nicht zu gefährden. Dafür sind Antazida auf Carbonat-Basis (nebst homöopathischen Präparaten) Mittel der Wahl in der Schwangerschaft.

Dauerbrenner PPI

Generell sollte der Einsatz von Antazida nur kurzfristig erfolgen. Bei Beschwerden über mehrere Tage hinweg ist der Einsatz von Protonenpumpenhemmern (PPI) sinnvoller. Auch H2-Blocker sind eine Option, fristen jedoch ob ihres relativ raschen Wirkungsverlustes eher ein Reservistendasein. Durch die Verringerung der Magensäure-Produktion kann der pH-Wert von 1,2 auf über 3 ansteigen. Dies hat allerdings nicht nur positive Effekte. Bei Langzeiteinnahme von PPI steigt durch die verminderte Säure-Schutzfunktion nachweislich das Risiko für Lungenentzündungen und in Kliniken die Infektion mit Problemkeimen. Weitere Folgen sind ein erhöhtes Risiko für Osteoporose, Veränderungen der Schleimhaut und ein Anstieg des Allergiepotenzials. Deshalb wird mittlerweile von vielen Ärzten die Verschreibung als „Magenschutz“ nach dem Gießkannenprinzip sehr skeptisch betrachtet und der Einsatz von PPI vor allem im intensivmedizinischen Bereich der Krankenhäuser nur noch mit Vorsicht durchgeführt. Bei den potenziellen Wechselwirkungen ist vor allem jene von Omeprazol mit Clopido­grel zu beachten. Selten treten Interaktionen von Omeprazol (auch Esomeprazol) mit Phenprocoumon und Benzodiazepinen auf. Den besten Erfolg erzielt man in der Behandlung mit PPI, wenn man die tägliche Einnahme über eine ganze Woche hinweg durchführt. Danach darf man mit einem längeren symptomfreien Intervall rechnen. Ist dies nicht der Fall, sollten die Beschwerden ärztlich abgeklärt werden.

Dyspeptischer Schwelbrand

Ein Sonderfall bei den möglichen Ursachen des Sodbrennens sind funktionelle (dyspeptische) Beschwerden. Sie sind sehr häufig verbreitet, verlaufen meist unkompliziert und sind ­keiner speziellen Ursache zuordenbar. Das Sammelsurium verschiedenartigster diffuser Beschwerden reicht von Völlegefühl über Magenkrämpfe bis hin zu Übelkeit und wird im Volksmund auch als Reizmagen bezeichnet. Die Behandlung erfolgt in der Regel symptomatisch mit Prokinetika (Metoclopramid), lokal wirkenden Spasmolytika (Butylscopolamin) und PPI. Ausgezeichnete Ergebnisse lassen sich auch durch den Einsatz pflanzlicher Kombinationspräparate (Iberis amara, Kamille, Melisse) erzielen. Sportliche Zeitgenossen können sich an einer Rollkur mit konzentriertem Kamillentee versuchen. So weit verbreitet Sodbrennen auch ist, man darf die Symptome dennoch nicht auf die leichte Schulter nehmen und sollte die Behandlung jedenfalls umgehend beginnen. Als Folgeschäden von persistierendem Reflux kann es zu Vernarbung und Verengung der Speiseröhre kommen, im schlimmsten Fall sogar zur Bildung von Karzinomen. Auch eine Schädigung der Stimmbänder sowie der Zahnsubstanz ist möglich. Außerdem wird die Entstehung von Asthma begünstigt. Etwa ein Drittel aller Betroffen leidet an der Lungenkrankheit als Folge einer überaktiven Magensäureproduktion.

Tipps für die Beratung:

  • mit erhöhtem Oberkörper schlafen
  • nicht einengende Kleidung tragen
  • nicht rauchen
  • Medikamente als Auslöser beachten
  • bei akuten Beschwerden ein großes Glas Wasser trinken
  • Milchprodukte meidenS
  • tress vermeiden, Entspannungstechniken