Obstipation und Darmträgheit – kein Grund, verstopft zu sein

An wenige Bereiche unseres Körpers stellen wir derartig hohe Erwartungen wie an unsere Verdauung. Viele Menschen sehen den morgendlichen Stuhlgang als verpflichtendes Gesundheitsritual, und in manchen Pflegeheimen wird über die regelmäßige Defäkation der Schützlinge mit fast militärischer Akribie gewacht.

Große Erwartungen

Dabei ist die Erwartungshaltung oft überzogen. Alles, was zwischen dreimal täglich und jedem dritten Tag stattfindet, gilt als normal. Auch Personen, die sich vorübergehend auf Diät setzen oder gesetzt werden, dürfen nicht erwarten, dass ihre Verdauung bei vermindertem Arbeitsmaterial gleich produktiv ist. Und dass der Darm nach heftigen Durchfällen eine Zeit lang braucht, bis er seinen notwendigen Füllungszustand erreicht, versteht sich von selbst. Der ausbleibende Stuhlgang nach Loperamid-Einnahme hat also nichts mit einer Überreaktion auf das Arzneimittel, sondern mit der vorangegangenen, mehr als vollständigen Entleerung des Darms zu tun. Allerdings gibt es Umstände, welche die Darmtätigkeit vermindern können. Dazu zählen die Einnahme von Medikamenten (Opiate und Opioide, Antidepressiva, Eisen- und Kalziumpräparate, Entwässerungsmittel), Stress, mangelnde Bewegung, falsche Ernährung oder Schwangerschaft. Erste Maßnahme zur Bekämpfung ist die Vermeidung der Auslöser – was allerdings, wenn man sich die vorhin genannten Faktoren ansieht, nicht immer möglich ist.

Pflanzliche Quellmittel

Eine milde Form von Abführhilfen sind pflanzliche Quellstoffe wie Lein- oder Flohsamen und die Guarbohne. Diese dürfen aber trotzdem nicht unkritisch betrachtet werden. Essenziell für die Wirksamkeit ist die begleitende Einnahme von ausreichend Flüssigkeit (nicht vorher quellen lassen, sonst findet nur eine schleimhautprotektive Wirkung im Magen statt) und körperliche Bewegung zur Anregung der Darmperistaltik. Daher ist der Einsatz dieser Gruppe für Schmerzpatienten nicht geeignet.

Osmotisch wirksame Substanzen

Zuverlässiger, stärker, aber auch nebenwirkungsbehafteter wirken salinische Laxanzien. Bittersalz, Glaubersalz und Co. können nicht nur zu Elektrolytverlusten, sondern auch zu Krämpfen führen. Sanftere Vertreter der osmotisch wirksamen Substanzen sind Lactulose und Lactitol. Als nennenswerte Nebenwirkung sind hier allenfalls Blähungen anzuführen. Ansonsten ist Milchzucker ein sicheres und auch in der Langzeitanwendung gut einsetzbares Mittel der Wahl. Macrogol ist der dritte und bestverträgliche Vertreter dieser Gruppe. Praktisch frei von unerwünschten Wirkungen (bei fachgerechter Dosierung) sind die langkettigen Polyethylenglykole bereits für kleinste Patienten geeignet. Osmotisch wirksame Substanzen werden aufgrund der Effektivität gerne zur Vorbereitung auf Darmuntersuchungen eingesetzt. Weisen Sie den Kunden bei Abgabe entsprechender Präparate dringend auf die Wichtigkeit der ausreichenden Flüssigkeitszufuhr hin. Denn wenn der Darm nicht vollständig(!) sauber ist, muss man die Prozedur noch ein weiteres Mal über sich ergehen lassen.

Stimulierende Laxanzien

Die dritte Wirkstoffgruppe beheimatet sowohl pflanzliche (Anthraglykoside) als auch synthetische (Bisacodyl, Na-Picosulfat) Wirkstoffe mit motilitätsfördernden Eigenschaften. Dabei wird den natürlichen Vertretern kein besseres Zeugnis ausgestellt, ganz im Gegenteil. Sie weisen dasselbe Gewöhnungspotenzial auf, können darüber hinaus aber noch zu einer Rotfärbung des Harns führen.
Stimulierende Laxanzien führen zu einem zuverlässigen Wirkeintritt nach etwa 8 Stunden. Daher ist die Einnahme am Abend sinnvoll, und man darf dann am nächsten Tag in der Früh den herbeigesehnten Stuhlgang erwarten. Dies gilt allerdings nur für die orale Verabreichung. Bisacodyl-Suppositorien wirken bereits nach 15 Minuten.
Für kurzfristige Obstipation (z. B. auf Reisen) sind die Vertreter dieser Gruppe aufgrund der einfachen Anwendung und zuverlässigen Wirkung eine gute Empfehlung.

Lokal wirksame Arzneiformen

Mikroklistiere, Glycerin- und CO2-Zäpfchen überzeugen durch einen schnell einsetzenden Entleerungsreflex (10–20 Minuten) und ein gutes Wirkprofil. Die Zufriedenheit mit diesen Produkten ist sehr hoch, da der Erfolg in kürzester Zeit sichtbar wird. Allerdings ist die rektale Applikationsform nicht jedermanns Sache.

Langzeitanwendung mit Einschränkung

Generell sollte die Langzeitanwendung von Laxanzien möglichst vermieden werden. Lässt sich auch durch Ernährungsumstellung und Bewegung nicht der gewünschte Erfolg erzielen, kann der Darmfunktion durch die gezielte Gabe von Präbiotika (Inulin) und löslichen Ballaststoffen unter die Arme gegriffen werden. Eine Darmsanierung mittels Probiotikum ist ebenfalls empfehlenswert.
Wenn nach ärztlicher Rücksprache eine Dauergabe von Laxanzien induziert ist, sind Macrogol und Lactulose die Mittel der Wahl. Auch Bisacodyl hat sich in Studien für die Langzeitanwendung empfohlen, sollte aber nicht öfter als 2-mal pro Woche eingenommen werden.

Zum Arzt bei
  • Abgang von Blut bzw. pechschwarzem Stuhl
  • abwechselndem Auftreten von Verstopfung und Durchfall
  • Verstopfung in Verbindung mit Übelkeit, Erbrechen
  • plötzlicher Obstipation mit starken Bauchschmerzen
  • Gewichtsverlust von > 3 kg
  • Fieber Obstipation über Wochen oder gar Monate
Tipps für die Beratung
  • ballaststoffreiche Kost (u. a. Vollkornmehlprodukte)
  • viel Flüssigkeit (> 1,5–2 Liter/Tag), besonders morgens
  • mehr Bewegung, Sport
  • sich Zeit nehmen, Stuhldrang nicht unterdrücken
  • regelmäßiger Tagesablauf
  • Darmsanierung mit Probiotika
  • ergänzende Einnahme von löslichen Ballaststoffen oder Inulin