Onlineversandhandel verheddert sich im Netz

Etwas mehr als einen Monat nach Öffnung des Fernabsatzes von rezeptfreien Arzneimitteln zeichnet sich ab, dass von einem Online-Boom und einer wachsenden Konkurrenz für die niedergelassenen Apotheken wenig zu spüren ist. Nur acht Apotheken haben sich bisher registrieren lassen, um ihre Produkte auch im Internet anbieten zu können. Keine einzige davon wollte trotz mehrmaligen Nachfragen der Apotheker Krone über die Erfahrungen sprechen. Von den registrierten Apotheken sind zudem erst fünf wirklich online. Und dass bereits bestehende und aus dem Ausland agierende Onlineapotheken vor allem in großen Printmedien werben zeigt, dass die Kunden zuerst einmal überhaupt ins Internet getrieben werden müssen. Das Interesse selbst ist demnach auch dort nicht so groß.
Das zeigt sich auch im Gespräch mit heimischen Arzneimittelherstellern. „Wir setzen derzeit in Österreich über Onlineapotheken – auch solche, die schon länger aus dem Ausland agieren – jeweils nicht mehr ab, als über eine größere, niedergelassene Apotheke“, berichtet ein Manager eines heimischen OTC-Produzenten. Sein Fazit: Der Markt sei interessant und werde sicher auch eine entsprechende Größe erreichen. Das brauche aber Zeit und werden den bestehenden Vertriebskanal in den Apotheken nicht beeinträchtigen.
Ähnlich argumentiert auch Boehringer Ingelheim: „Für den bei uns kleineren Bereich der rezeptfreien Präparate wird der Onlinehandel in Zukunft an Bedeutung gewinnen. Der Vertriebskanal Apotheke wird aber immer wichtig bleiben, da die Apothekenmitarbeiter ihre Kunden auch persönlich beraten. Individuelle Beratungsleistungen in dieser Form erhalten Kunden online nicht“, sagt Philipp von Lattorff, Generaldirektor Boehringer Ingelheim RCV.
Pfizer-Austria-Geschäftsführer Robin Rumler begrüßt die Fernabsatzverordnung, mit der es nun auch heimischen Apotheken möglich ist, den OTC-Versandhandel zu betreiben. „So bleiben die Umsätze im Land. Und was noch viel wichtiger ist, ich kann bei der Apotheke meines Vertrauens bestellen und das Risiko von Fälschungen minimieren.“ Den österreichischen Apothekern stehe es jetzt frei, auch über diesen Kanal zugeschnittene Kundenbindungsprogramme zu etablieren.
Bayer Austria betont „mit allen Kunden gleichermaßen“ zu kooperieren und „verpflichtet sich zu Fairness im Wettbewerb“, um seinen Kunden Zugang zu den Bayer-Produkten zu sichern. Aber: „Bayer ist und bleibt ein langjähriger, bewährter und vertrauensvoller Partner der österreichischen Apotheker, denn gerade in Gesundheitsfragen stehen Vertrauen und Sicherheit für Patienten sowie Konsumenten an erster Stelle“, betont Corporate-Communication-Managerin Stephanie Suchentrunk. Wichtig aus Konsumentensicht seien das Vertrauen in die Apotheke in Wohnnähe, das Vertrauen in die Beratungsleistung der Apotheker sowie die Sicherheit der Produkte.
Interessant ist, dass die meisten Pharmamanager sowie Experten überzeugt sind, dass Rabattaktionen im Onlinebereich nur von kurzer Dauer sein werden und sich die Preise bald auch im Versandbereich auf dem normalen Apothekenniveau einpendeln werden. „Bereits in Deutschland sieht man, dass die Produktpreise der Onlineapotheken wieder steigen, das Preisdumping ist selbstregulierend, es soll ja noch Gewinn für die Apotheke überbleiben. Die beste Beratung jedoch bekommt man nur im persönlichen Gespräch in der Apotheke“, sagt Rumler.
Ein Trend, der übrigens nicht nur für Arzneimittel gilt. Eine Erhebung der deutschen Stiftung Warentest, die dem heimischen VKI entspricht, kommt aktuell zum Ergebnis, dass man sich nichts erspart, wenn man Pauschalreisen im Internet statt im Reisebüro bucht. Das Ergebnis ist laut heimischer Branchenvertretung auch auf Österreich umlegbar, da die Anbieter in Österreich und Deutschland weitgehend identisch sind, berichtet der ORF. Die deutschen Konsumentenschützer testeten demnach zu Beginn des Jahres 15 überregional bedeutende Reisebüroanbieter mit fünf unterschiedlichen Reisewünschen: eine ärztlich begleitete Rundreise durch Südafrika, eine Mittelmeer-Kreuzfahrt für eine vierköpfige Familie, eine Indien-Rundreise, einen Last-Minute-Tauchurlaub und eine Familienreise in die Türkei. Trotz der Beratungsleistung im Reisebüro seien die dortigen Angebote nicht teurer gewesen als im Internet. Und noch etwas zeigt sich: Internetbuchungen gehen den Konsumentenschützern zufolge auch nicht schneller, denn das Sondieren des großen Angebotes dauert – meist länger als der Gang ins Reisebüro. Im Reisebüro könne man Zeit und Nerven sparen, teilte dazu Gregor Kadanska, Obmann der Fachgruppe Reisebüros in der Wiener Wirtschaftskammer, am Montag in einer Aussendung mit. Der Kunde bekomme dort nicht nur Informationen über das Reiseziel und die Einreisebestimmungen, sondern vor allem Hilfe, wenn einmal umgebucht oder storniert werden müsse.