„OTC-Markt gewinnt weiter an Bedeutung“

Apotheker Krone: Was kann man von den Entwicklungen des heurigen Jahres im OTC-Bereich für 2016 lernen?

Erika Sander: Der gesamte Arzneimittelmarkt befindet sich im Bereich der stationären Apotheken in einem beschleunigten Wandel. Der Markt der rezeptfreien und frei verkäuflichen Produkte hat sich in diesem Umfeld allerdings zu einem stabilisierenden Faktor entwickelt. Wir sehen bei einer wirtschaftlich stabilen Lage eine solide Entwicklung und wachsende Bedeutung dieses OTC-Marktes.

Wie hat sich der im Sommer erfolgte Start des Versandhandels im OTC-Bereich ausgewirkt? Wie entwickeln sich die Onlineapotheken beziehungsweise wie entwickelt sich der Markt bei den stationären Apotheken?

Sander: Zurzeit sind 20 Apotheken bei der AGES für den Versandhandel registriert. Der Ansturm hält sich in starken Grenzen und hat die hohen Erwartungen mancher Marktteilnehmer nicht erfüllt. Aus meiner Sicht hat sich die Preissituation durch den Versandhandel nicht verändert. Es handelt sich beim Fernabsatz um eine Vertriebsschiene mit Preisfokus – im Vergleich zur stationären Apotheke mit Beratungsfokus. Die Kundenerwartung an den jeweiligen Vertriebskanal ist also sehr unterschiedlich.

Ist zu erwarten, dass in Österreich wie in anderen Ländern weitere rezeptpflichtige Produkte rezeptfrei werden und damit in den OTC-Bereich wandern?

Sander:  Ich sehe hier keine große Veränderung und denke, dass Österreich den maßvollen Umgang mit OTC-Arzneimitteln weiterverfolgen wird wie bisher. Der OTC-Markt ist von der Finanzierung beziehungsweise Erstattung durch die öffentliche Hand entkoppelt.

Sollten sich Apotheken künftig anderen Produktbereichen öffnen und wenn ja, welchen?

Sander:  Nach einigen Experimenten der vergangenen Jahre wie etwa Ionit Wandcreme sehe ich eher eine Konzentration auf die Kernkompetenz. Die ergänzenden Sortimente stehen wieder in einem stärkeren logischen Zusammenhang zur Apotheke.

Gibt es weitere Entwicklungen, die Ihnen auffallen und die im kommenden Jahr das Geschäft der Apotheken beeinflussen werden?

Sander:  Man kann generell eine „Vergesundheitlichung“ vieler Lebensbereiche feststellen. Die Themen gesunde Ernährung, Fitness, aber auch generelle Leistungssteigerung werden einen noch höheren Stellwert erreichen. Einerseits kann dieser Trend Umsatz für die stationäre Apotheke bedeuten, andererseits drängen immer mehr Konkurrenten mit alternativen Vertriebskanälen in den Markt. Die Grenzen der Sortimente bei Nahrungsergänzungsmitteln verschwimmen zunehmend zwischen Apotheke, Onlineapotheke, Arzt, Versandhändlern wie Amazon, Drogeriemärkten, aber auch mit stationären Nahrungsergänzungsmittelshops.z

 

 

Mag. Erika Sander ist Country Manager Austria und Prokuristin beim Marktforschungsunternehmen IMS HEALTH. Das Unternehmen ist ein führender Anbieter von Informations- und Technologiedienstleistungen für Kunden aus dem Gesundheitswesen.