Serie Teil 1: Ideen für die Zukunft – Prävention beginnt in der Apotheke

Beratung gilt aktuell als Zauberwort für Apotheken. Mit ihr soll ausgedehnt bis hin zum Medikationsmanagement die Zukunft gemeistert werden. Bezahlen will das allerdings weder die Gesundheitsministerin noch die Krankenversicherungen. Stattdessen wird mit Entscheidungen wie der Neuregelung für ärztliche Hausapotheken und dem Druck auf Spannen die Situation für
die Apotheken aktuell sogar verschärft.

Ein möglicher Ausweg – standespolitisch wie individuell – bietet sich im Präventionsbereich an, wie nun auch bei einer Diskussion zum Thema im Hauptverband der Sozialversicherungsträger
deutlich geworden ist. Prävention ist das neue Wundermittel der Gesundheitspolitik gegen alle
Probleme: den Anstieg chronischer Erkrankungen, die steigenden Defizite der Krankenkassen und die Kostenexplosion in den Krankenhäusern. „Zahlreiche Studien belegen, dass es langfristig günstiger kommt, Krankheiten zu vermeiden, anstatt sie zu heilen. Aber neben den nackten
Zahlen geht es vor allem um ein Mehr an Lebensqualität und ein Mehr an Lebensjahren bei guter Gesundheit“, betonte Ulrike Rabmer-Koller, Vorsitzende im Hauptverband der österreichischen Sozialversicherungsträger. Einer Studie des IHS zufolge liege das Einsparungspotenzial durch den forcierten Einsatz gesundheitsfördernder und präventiver Maßnahmen bei 3,6 Milliarden Euro oder rund zehn Prozent der aktuellen Gesundheitsausgaben. Die Gesundheitsreform sieht aber jährlich nur bis zu 3,5 Millionen Euro für Vorsorgemaßnahmen vor.

Punkten können hier die Apotheken, die in den meisten Fällen niederschwellige Erstansprechpartner für Patienten sind, aber auch bei bereits Erkrankten helfen können, Folgeerkrankungen zu vermeiden, sind sich Experten sicher. „Nachhaltig sind neue Serviceleistungen in der Prävention, der Langzeitbetreuung chronisch Kranker, Inhalationsschulungen, Impfungen, Raucherintervention und weitere Public-Health-Aktivitäten nur umsetzbar, wenn diese dokumentiert und honoriert werden“, meinte etwa Jurate
Svarcaite, Generalsekretärin der europäischen Apothekervereinigung PGEU (Pharmaceutical Group of the European Union) zuletzt bei der Fortbildungsveranstaltung in Schladming. International und vor allem in Europa gehe der Trend eindeutig in Richtung Etablierung von neuen Serviceleistungen als eine Investition in einen besseren Nutzen für die Patienten. Zwar werden diese in den seltensten Fällen von der öffentlichen Hand honoriert, sie wirken bei Patienten aber in Zeiten von Versandhandel und Druck aus dem Handel auch als „Kundenbindungsinstrument“.

„Wir betreuen nicht nur Patienten im Sinne ihrer Krankheit, sondern Kunden im Sinne der Gesundheit“, sagt auch Apothekerkammer-Vizepräsident Dr. Mag. pharm. Christian
Müller-Uri. „Wichtigste Vorsorgemaßnahme ist Aufklärung und Information. Das schaffen wir in den 1.360 Apotheken sehr gut, weil wir flächendeckend aufgestellt sind und gute interne Kommunikationskanäle haben, sodass Themen durchgängig kommuniziert werden.“

Schon bisher nehmen Vorsorgeaktionen in den Apotheken einen großen Platz ein und sollen weiter ausgebaut werden. „Die Strategie bei uns ist, Erkrankungen frühzeitig zu erkennen und die Betroffenen dann zu einem Arzt zu verweisen, damit diese mit der Therapie beginnen können“, betont Müller-Uri. Gelungen sei das zuletzt bei einem Bluthochdruckscreening für Bluthochdruckpatienten in Niederösterreich. Dort wollte man sehen, ob Patienten gut eingestellt sind.
Fazit: Satte 59 Prozent der Patienten erreichen trotz Diagnose und Therapie das Blutdruckziel nicht. Bei einer Diabetesscreening-Aktion in Tirol in Kooperation mit der Österreichischen Diabetes Gesellschaft wiederum wurde der HbA1c-Wert gemessen und eine Dunkelziffer von 9,5 Prozent entdeckt. „Es waren Kunden der an der Aktion beteiligten Apotheken, die sich bereit erklärt hatten teilzunehmen und bei denen keine Diabeteserkrankung bekannt war“, erklärte zuletzt der Präsident der Tiroler Apothekenkammer Mag. pharm. Martin Hochstöger. Von 1.210 erfassten Datensätzen lagen 115 (9,5 Prozent) im diabetischen Bereich und weitere 421 Personen (34,8 Prozent) wurden als Prädiabetiker klassifiziert. Die erste Screening-Aktion lief von Mai bis Juni des Vorjahres. „Alle, bei denen die Ampel auf rot oder gelb stand, wurden im Herbst zu einem nochmaligen Test eingeladen. Von den 459 aus der Gruppe mit undiagnostiziertem Diabetes oder mit Prädiabetes, die an der Folgeuntersuchung teilgenommen hatten, sind 45,6 Prozent in die Normalität zurückgekehrt“, unterstrich Dr. Thomas Wascher, Präsident der Österreichischen Diabetes Gesellschaft die positiven Folgen. In den kommenden Wochen macht die Apothekerkammer mit der Österreichischen Gesellschaft für Pneumologie eine Lungenaktion, bei der die Lungenkraft gemessen wird. Hier sollen Erkrankungen wie COPD frühzeitig erkannt werden.

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