„Solidarischer Ausgleich“

Apotheker Krone: Die Pharmazeutische Gehaltskasse ist für manche ein beispielgebendes System, um das die Apotheker von anderen Branchen beneidet werden; für manche Apotheker ist sie eine unnötige Belastung und für wieder andere eine halbkommunistische Einrichtung. Was ist sie für Sie?

Gottfried Bahr: Eigentlich müssten alle Apotheker wissen, was die Gehaltskasse leistet. Oft gibt es aber Verwechslungen, weil man das System eben nutzt, aber gar nicht im Vergleich zu anderen Bereichen und Branchen wahrnimmt. Viele Apotheker wissen auch nur begrenzt, welche Apothekerorganisation was ist. Es gibt viele, die bei einem Problem einfach im Apothekerhaus anrufen und sich eben zur richtigen Stelle vermitteln lassen. Dass die Gehaltskasse aber ein System ist, um das uns viele andere Berufe beneiden, wird oft übersehen.

Ulrike Mayer: Das hat die Ursache vielleicht auch darin, dass man zwar weiß, was die Gehaltskasse macht, aber die Rentabilität dessen nicht sieht. Gäbe es das System so nicht, dann müssten die einzelnen Apotheken in vielen Bereichen mehr zahlen und beispielsweise auch zusätzlich eigene Versicherungen abschließen.

Wo liegt dann die Stärke der Pharmazeutischen Gehaltskasse?

Bahr: Wir sind Clearing-Stelle für die Kassen und ermöglichen den Apotheken eine einfache Abrechnung der Rezepte und finanzieren die Kassenzahlungen vor, um rasch Liquidität zu ermöglichen. Wir ermöglichen aber auch einen Solidarausgleich zwischen alten und jungen Apothekern für die Betriebe.

Mayer: Viele Branchen diskutieren seit Jahren über eine Glättung der Gehaltskurven in der Lebensarbeitszeit von Beschäftigten. Junge, die Familien haben, sollen mehr bekommen, Ältere weniger, damit sie auch für die Betriebe leistbar sind. Bei den Apotheken gibt es das so nicht: Ein alter Mitarbeiter kostet die Apotheke gleich viel wie ein junger. Zudem vergünstigen wir auch Krankenstände nicht nur bei den Dienstnehmern, sondern auch den Dienstgebern. Das gibt es sonst in anderen Branchen nur mit eigenen Zusatzversicherungen.

Wie funktioniert dieser Lohnausgleich genau, und hemmt er nicht Unternehmen, die etwa wachsen oder neu entstehen?

Mayer: Natürlich ist es so, dass jemand, der eine junge Apothekerin einstellt, mehr zahlen muss. Aber durch das System sind auch ältere Beschäftigte billiger und können so auch in Beschäftigung gehalten werden. Es schafft auch einen Ausgleich zwischen kleinen und großen Apotheken und zwischen Stadt und Land.

Bahr: Ein Apotheker zahlt für jeden beschäftigten Apotheker zwölf Mal im Jahr rund 4.000 Euro in die Gehaltskasse – wenn dieser 10/10 arbeitet. Bei kürzerer Beschäftigung entsprechend weniger. Wir zahlen dann an jeden 14-mal pro Jahr entsprechend seiner Gehaltsstufe das Gehalt aus. Zulagen kommen direkt vom Dienstgeber. Wenn es nun einem Betrieb nicht so gut geht, ermöglicht das, dass er dennoch ältere Beschäftigte behalten kann. Wir zahlen auch Krankenvergütungen und Abfertigungen sowie Fortbildungen, die sechste Urlaubswoche bei älteren Mitarbeitern. Natürlich ist es verlockend, dass sich das ein Betrieb ausrechnet, was er an die Gehaltskasse zahlt und was seine Beschäftigen bekommen und bei vielen jüngeren Leuten eine Differenz bemängelt. Man sollte aber auch die anderen Leistungen sehen: Wir machen etwa auch für alle die Stellenvermittlung, zahlen Stipendien, helfen Stellenlosen, Alleinerziehenden und zahlen Pflegegeld. Zudem gibt es Pensionszuschüsse zur ASVG-Pension wie bei einer privaten Zusatzversicherung. Neu ist, dass das auch für jene gilt, die sich vielleicht in den letzten Berufsjahren noch selbstständig gemacht haben.

Und die Verwaltungskosten, die Sie selbst verursachen?

Bahr: Die Umlagenkasse hat im Vorjahr Gehälter in der Höhe von rund 134 Millionen Euro ausgezahlt und knapp 4 Millionen für andere Leistungen ausgegeben. Die Verwaltungskosten lagen bei 1,89 Millionen Euro. Insgesamt gab es einen Überschuss von 0,57 Millionen. Wichtig ist noch zu sagen, dass wir auch einen Reservefonds haben. Wir müssen gesetzlich in der Lage sein, alle Gehälter aller Pharmazeuten für zwei Monate in Reserve zu haben.

Mayer: Es gibt auch Zuschüsse für kleine Betriebe am Apotheken am Land sowie wenn es Härtefälle wie bei Hochwasser oder bei Todesfällen gibt.

Sie verrechnen auch die Rezepte.

Mayer: Ja. Hier beneiden uns vor allem die Ärzte um unser System, weil sie mit allen Kassen alles direkt abrechnen müssen.

Bahr: Hier schaffen wir vor allem rasche Liquidität für die Apotheken und sichern Ausfälle ab. Die Kassen zahlen normal erst nach 14 Tagen nach Einreichung eines Rezeptes. Wir finanzieren das vor und zahlen bereits nach vier Tagen an die Apotheken. Zudem gibt es eben mit uns nur einen Ansprechpartner und nicht bis zu 220 verschiedene Kassen – davon 19 Hauptverbandskassen. Geht einmal ein Rezeptpaket in der Apotheke oder am Transportweg verloren, ist das über uns durch Ausfallversicherungen abgesichert. Wir übernehmen also auch das Risiko für die Apotheken.