Vitamin B1 und B2

Zu den frühen Mangelsymptomen von Vitamin B1 zählen unspezifische Erscheinungen wie Gewichtsverlust und Appetitlosigkeit. Verantwortlich dafür sind Störungen im Kohlenhydrat- und Energiestoffwechsel. Es häufen sich Pentosephosphate, merkbar durch einen Anstieg des Pyruvat- und Lactatspiegels im Blut. Auswirkungen betreffen auch das Nervensystem, wo es zu Neuropathien, Nervenentzündung und Krämpfen kommen kann. Im kardiovaskulären System führt ein Thiaminmangel zu Bradykardie und Herzinsuffizienz. Das späte Symptom, die Beriberi-Krankheit, führt in der feuchten Form zu Ödemen und Herzvergrößerung. Bei der trockenen Form kommt es zu Nervenschädigungen in der Peripherie. Begleitet wird Beriberi stets von großer Schwäche, Muskelproblemen, Lähmungen und psychischen Störungen. Eine Überdosierung mit Vitamin B1 ist praktisch nicht möglich. Thiamin ist auch in hohen Dosen untoxisch. Der NOAEL-Wert liegt bei 500 mg.

Ein Mangel an Vitamin B2 wirkt sich im Frühstadium durch Veränderungen an Haut und Schleimhäuten aus. So kommt es beispielsweise zu Läsionen der Mundwinkel und seborrhoischer Dermatitis. Im späteren Verlauf kommt es zu Trübungen der Augenlinse und des Glaskörpers. Während der Schwangerschaft kann ein Riboflavinmangel zu Skelettanomalien beim Fetus führen. Riboflavin ist nicht toxisch. Hypervitaminosen sind bei oraler Zufuhr beim Menschen nicht bekannt.1 Thiamin kommt in vielen tierischen und pflanzlichen Nahrungsmitteln vor. Hohe Gehalte findet man in Schweinefleisch, Sonnenblumen­kernen und Haferflocken. Auch Fisch, Tofu und Hülsenfrüchte tragen zur Versorgung bei. Zubereitungsverluste betragen im Schnitt 30 %, weil das Vitamin temperaturempfindlich ist. Bei Dosierungen von bis zu 1 mg beträgt die Absorption 50–100 %.1 Der tägliche Bedarf ist mit 0,3 mg/1.000 kcal festgelegt. Dieser Wert wurde erstmals 1993 bestimmt und im vergangenen Herbst von der Europäischen Lebensmittelsicherheitsbehörde EFSA als Average Requirement (AR) bestätigt. Der Bevölkerungsreferenzwert (PRI) beträgt 0,4 mg/1.000 kcal.2

Thiamin wirkt sowohl als Coenzym im Intermediärstoffwechsel (Thiamindiphosphat, TDP) als auch in nichtenzymatischen Funktionen im Nervengewebe (Thiamintriphosphat, TTP). TDP wird für den Aufbau von Fettsäuren, Steroiden und Acetylcholin und den Abbau von Aminosäuren benötigt. Es dient über den Pentosephosphatweg der Bildung von Nukleinsäuren und ist für die Synthese von Cholesterin wichtig. TTP ist an der Reizleitung im peripheren Nervensystem beteiligt.

Riboflavin ist Bestandteil aller Zellen des Pflanzen- und Tierreichs. Die Tabelle zeigt hohe und mittlere Gehalte in Lebensmitteln.

 

 

Riboflavin wirkt im Organismus als FMN (Flavinmononukleotid) und FAD (Flavinadenindinukleotid). Beide ­Verbindungen sind prosthetische Gruppen wasserstoffübertragender Enzyme. Flavinenzyme katalysieren Redoxreaktionen. Sie sind im Intermediärstoffwechsel von Kohlenhydraten, Fetten, Proteinen und bei der Endoxidation von Nährstoffen in der Atmungskette von essenzieller Bedeutung. Das Vitamin ist lichtempfindlich. Eine nicht sachgerechte Lagerung kann zu Verlusten von 20 % führen, bei Milch und Milchprodukten sogar bis zu 80 %.1

 

Literatur:

1 Hahn A et al., Wissenschaftliche Verlagsgesellschaft 2016

2 EFSA Journal 2016; 14(12):4653