Klarer Fall von „Periodikophilie“ (griech.: Liebe zu Fachmagazinen)

Die von 7 heimischen medizinischen Verlagen in Auftrag gegebene Channel-Studie 2016 untersuchte das Informationsverhalten von Allgemeinmedizinern und niedergelassenen Fachärzten in Österreich. Das Spectra Marktforschungsinstitut befragte dazu 252 Ärzte.

So informieren sich Österreichs Ärzte

Eine wichtige Erkenntnis der Umfrage: Der Fortbildungs- und Informations­aspekt spielt für Österreichs Ärzte eine große Rolle. Durchschnittlich investieren Ärzte pro Woche 5,1 Stunden in die Informationssuche nach medizinischen Themen. Etwa 2 Stunden davon ­entfallen auf Fachzeitschriften, die damit das wichtigste Informationsmedium sind, je 1 Stunde pro Woche auf den Besuch von Fortbildungsveranstaltungen und die Recherche im Internet; ungefähr eine weitere Stunde teilt sich auf unterschiedliche Informationsquellen auf.

Bei dieser Aufteilung gab es nur geringfügige Unterschiede zwischen Allgemeinmedizinern und Fachärzten. „Die Ergebnisse der Umfrage sprechen für den großen persönlichen Einsatz, mit dem sich Mediziner in Österreich ihrer kontinuierlichen Fort- und Weiter­bildung widmen“, betont der Präsident des wissenschaftlichen Beirats der ­Österreichischen Akademie der Ärzte und Präsident der Ärztekammer für Oberösterreich, Dr. Peter Niedermoser.

Fachzeitschriften als wichtigste Informationsquelle

Befragt nach der wichtigsten Informationsquelle für ihre ärztliche Tätigkeit, nannten 64 % der Ärzte spontan Fachzeitschriften und Ärztezeitungen. Auf Platz 2 schafften es Fortbildungsveranstaltungen, gefolgt von Informationen aus dem Internet (Abb. 1).

 

 

Von allen verfügbaren Informationsquellen haben gedruckte medizinische Fachzeitschriften mit 97 % die höchste Reichweite: Nur 3 % aller Befragten haben in den letzten 4 Wochen keine Fachzeitschrift gelesen. Viele „modernere“ Channels, wie Online-Fortbildungen und Demonstrationsvideos im Internet (63 % bzw. 59 %) oder Pharmaindustrie-gesponserte Webportale (41 %), werden von den befragten Ärzten deutlich seltener genutzt. Allerdings sind sich die niedergelassenen Ärzte der wachsenden Bedeutung von digitalen Angeboten bewusst und möchten diese in Zukunft auch verstärkt nutzen.

Zusätzlich zu den bevorzugten Informationsquellen untersuchte die Studie, welchem Informationstyp sich die ­österreichischen niedergelassenen Ärzte am ehesten zugehörig fühlen. Dabei kam heraus, dass 29 % der Ärzte am ehesten nach praxisrelevanten Informationen suchen (diesem Infotyp fühlen sich vor allem die Allgemeinmediziner mit Kassen­vertrag zugehörig). Ebenfalls 29 % suchen differenzierte Fachinformationen (zu diesem Infotyp zählten sich besonders viele Fachärzte). Auf „Expertendialog“ und „suche schnelle und kompetente Antworten“ entfielen jeweils 18 %. Dem Infotypen „suche Überblick ohne großen Aufwand“ ­fühlten sich 6 % der befragten Ärzte zugehörig.

Nützlichkeit

Ein österreichischer niedergelassener Arzt liest pro Woche durchschnittlich 11 Artikel in österreichischen medizinischen Fachzeitschriften, wobei die Varianz der Angaben auffallend groß ist: Während ein Drittel maximal 4 ­Artikel pro Woche liest, liest ein Viertel 15 oder mehr Artikel pro Woche. Die meisten Artikel werden von nieder­gelassenen Fachärzten gelesen, etwas weniger von Allgemeinmedizinern, insbesondere von jenen, die als Wahlarzt tätig sind.

Mehr als die Hälfte der gelesenen ­Artikel (57 %) wird als informativ und nützlich bewertet. Die überwiegende Mehrheit aller Befragten gibt an, nach dem Lesen eines Artikels schon einmal die Anwendung einer bestimmten Therapieoption in Erwägung gezogen oder nach weiter­führenden Informationen zum Thema gesucht zu haben (Abb. 2).

 

 

Der Grad der Nützlichkeit liegt bei der deutlich seltener genutzten Informations­quelle „­Fortbildungsveranstaltungen“ mit 89 % naturgemäß am höchsten, da diese von den Teilnehmern – schon allein aufgrund eines höheren Zeitinvestments – selektiver ausgewählt werden als Fachartikel, über die man auch einmal rascher „drüberlesen“ kann.

Glaubwürdigkeit

„Glaubwürdigkeit ist ein entscheidender Faktor für die Relevanz und Wertigkeit der Informationsangebote – in diesem Punkt haben die Fachzeitschriften einen markanten Vorsprung gegenüber Informationsangeboten aus dem Internet und gegenüber Pharmareferenten“, betont Dr. Walter Wintersberger, Spectra Marktforschung, im Hinblick auf die Ergebnisse der Channel-Studie 2016.

Neben dem Besuch von Fortbildungsveranstaltungen erhielten medizinische Fachzeitschriften in der persönlichen Bewertung vielfach die zweitbeste Bewertung (Abb. 3). Besonders gut ­schnitten Fachzeitschriften bezüglich „Glaubwürdigkeit“, „nützlich/nutze ich am ­liebsten“ und „erste Wahl für Informationen über therapeutische Möglichkeiten und Präparate“ ab. In diesen Aspekten erhielten Fachzeitschriften sogar eine deutlich bessere Bewertung als Gespräche mit Kollegen, Pharmareferenten und Informationen aus dem Internet. Jeder dritte Arzt (35 %) bewertete medizinische Fachzeitschriften unter allen Informationsquellen als am glaubwürdigsten. Lediglich bei der Effizienz lag das ­Internet geringfügig vor den Fachzeitschriften.

 

 

Ärzte und Social Media

Die berufliche Nutzung sozialer ­Medien ist bei Ärzten, die angaben, in den ­letzten 12 Monaten soziale ­Medien genutzt zu haben, mit 47 % noch ­relativ gering. 36 % der befragten Ärzte ­nutzen z. B. YouTube, 17 % Facebook, 8 % LinkedIn, 5 % Xing und ebenfalls 5 % Twitter. Dazu Wintersberger: „Trotz der Tatsache, dass ein Drittel der Ärzte YouTube ­beruflich nutzt, erreichen die sozialen Medien insgesamt derzeit nicht einmal jeden ­zweiten Arzt. Die berufliche ­Nutzung sozialer Medien ist auch bei jüngeren Ärzten geringer, als manche vielleicht erwarten würden.“

 

Fazit

„Fortbildungsveranstaltungen sind bei Ärzten besonders beliebt und haben einen sehr guten Ruf. Das Internet wird primär gezielt zur Recherche und zur Gewinnung eines raschen Überblicks genutzt, hinsichtlich Glaubwürdigkeit aber kritisch beurteilt. Medizinische Fachzeitschriften erzielen eine beeindruckende Reichweite. Die Nutzung der medizinischen Fachzeitschriften beruht vor allem auf Glaubwürdigkeit und zugeschriebener Nützlichkeit“, fasst Dr. Walter Wintersberger die Ergebnisse der Channel-Studie 2016 zusammen.