Baukonzepte mit dem ­„Gesundheits-Plus“

Bei den Stichworten „wenig heizen“, „gut kühlen“ und „hohe Luftqualität“ – den Vorzügen der Passivbauweise – müssten gerade die Herzen der Gesundheitsdienstleister höher schlagen: Hoher Komfort für Patienten und Mitarbeiter mit geringeren Energiekosten scheinen durchaus attraktiv, aber doch noch nicht Anreiz genug. „Tatsächlich ist das Baukonzept in diesem Sektor noch nicht so verbreitet. Derzeit ist das erste Krankenhaus in Passivhausstandard in Frankfurt am Main in Bau, das direkt vom Passivhaus Institut in Darmstadt wissenschaftlich begleitet wird. Auch in Brüssel sind erste Krankenhäuser in Passivhausstandard in Planung bzw. in Bau“, gibt Ing. Günter Lang, Leiter Passivhaus Austria (www.passivhaus-austria.org), Einblick.

Bauen für die Gesundheit

Nach Ansicht des Experten ist das Thema längst überfällig. „Österreich war lange Zeit der Vorreiter im Bereich energieeffizientes Bauen, mittlerweile haben wir es geschafft, in Europa an die vorletzte Stelle zurückzufallen. Bis 2020 sollen laut EU-Gebäuderichtlinie ‚Fast-Nullenergie-Gebäude‘ auch hierzulande zum Standard werden, dorthin bewegen wir uns aber in der Realität nicht.“ Fakt ist, dass mit 2020 alle neuen Gebäude nahezu energieautark sein müssen. Öffentliche Gebäude von Bund, Land und Gemeinden müssen diese Vorgabe bereits ab 2018 erfüllen.

Den Passivhausbau nur über Energieeinsparungen zu argumentieren, ist dennoch zu wenig, denn die sind zwar gut für das Budget, aber nicht der wirkliche Vorteil. Einen echten Mehrwert bieten diese Konzepte im Bereich des Raumklimas und -komforts, denn es gibt in Passivhäusern keinen Schimmel, keine Hausstaubmilben sowie praktisch keine Schadstoffbelastung im Innenraum. Bei geschlossenen Fenstern ist das Raumklima dennoch optimal – und eine hohe Belastungsquelle, nämlich der Lärm, bleibt draußen.

Musterprojekt Klinikum Frankfurt Höchst

Im Klinikum Frankfurt Höchst entsteht derzeit ein Neubau, der bei vier Querriegeln eine Bruttogeschoßfläche von rund 78.900 Quadratmetern und eine Nutzfläche von etwa 34.450 Quadratmetern haben wird – und zwar im Passivhaus-Standard. Gleichzeitig wird im Auftrag des Landes Hessen auch die Anwendung von Passivhausbauweise im Krankenhausbau grundsätzlich untersucht. Geplant sind 664 stationäre Betten; dazu kommen 40 tagesklinische Plätze. Vorgesehen sind zehn OP-Säle und ein Hybrid-OP, der mit Spezialgeräten wie Angiografieanlagen, Computertomografen oder Magnetresonanztomografen ausgestattet ist und über seine bildgebenden Modalitäten minimalinvasive Eingriffe erlaubt, die für den Patienten weniger traumatisch sind. Im Dezember des Vorjahres wurde die Baugenehmigung erteilt. Mit einer Fertigstellung wird bis Ende 2018 gerechnet, mit der Inbetriebnahme im ersten Halbjahr 2019.

Beispiele für Besonderheiten im Krankenhaus

Vor allem hygienisch sensible Bereiche stellen in Gesundheitseinrichtungen einen maßgeblichen Unterschied in der Nutzung – etwa gegenüber dem Wohnbau – dar. In den OP-Bereichen, den Untersuchungs- und Behandlungszimmern sowie der Intensivmedizin gelten besondere Anforderungen an Luftfilter, Druckhaltung und Stoffübertragung in einem Wärmerückgewinnungssystem. In den verbleibenden Bereichen gibt es keine besonderen Anforderungen, sofern die Raumluftanlagen den grundsätzlichen hygienischen Richtlinien – wie auch in Wohn- oder öffentlichen Gebäuden – entsprechen.

Auf Basis von Studien des dänischen Energieingenieurs Ole Fanger, der sich mit Gesundheitsaspekten im Innenraumbereich, mit thermischer Behaglichkeit und der Qualität von Raumluft auseinandergesetzt hat, ist der thermische Komfort am höchsten, wenn sich ein Gleichgewicht zwischen der Wärmeproduktion einer Person und ihrer Wärmeabgabe an die Umgebung einstellt, ohne dass der Körper zusätzliche Anpassungsleistungen zur Temperaturregulation erbringen muss. Das Wärmeempfinden wird von der Aktivität der Person, der Bekleidung, der Luftfeuchte und -geschwindigkeit beeinflusst. Im Krankenhaus ist hier insofern eine atypische Situation gegeben, als auf Bettenstationen viele liegende Personen eine geringere Metabolismusrate haben und auch in der Regel leichter gekleidet sind als das Personal und die Besucher. Forschungen gehen davon aus, dass eine höchste Zufriedenheit aller bei einer operativen Temperatur zwischen 22 und 23 Grad erzielt wird.

Weitere Details zu Planungsemfehlungen, Heizwärmebedarf, Trinkwasserbereitung, Lüftung, Kühlung, EDV oder sonstiger Technik finden sich in der Studie „Umsetzung des Passivhaus-Konzepts in Krankenhäusern“, Passivhaus Institut Darmstadt im Auftrag des Hessischen Ministeriums für Umwelt, 10/2013.n