Ist die Wundversorgung zukunftsfit?

Wie hat sich das Aufgabenfeld des Wundmanagements in den letzten Jahren gewandelt?
Die Aufgaben sind vor allem durch die demografische Entwicklung anders geworden. Wir haben viel mehr Patienten, die in einem höheren Lebensalter mit chronischen Wunden zu uns kommen. Die Zunahme der typischen Volkserkrankungen wie Diabetes oder Adipositas mit allen Folgeerkrankungen verschärfen die Problematik.

War das nicht schon in den letzten fünf bis zehn Jahren auch spürbar?

Ja, aber es gibt eine klare Verschiebung in der Häufigkeit: Die Menschen werden älter und es gibt viel mehr Begleiterkrankungen.

Hält die Versorgung parallel mit dieser Entwicklung Schritt?

Ich bin seit mehr als 15 Jahren im Wundmanagement tätig und die Versorgungsqualität wurde laufend gesteigert. Die Ausbildung hat sich deutlich verbessert und das Wissen um die Versorgung von chronischen Wunden ist spürbar gewachsen, wobei viele Multiplikatoren das Know-how weitertragen. Es gibt sicherlich eine Verschiebung in der Betreuung. Häufiger als früher werden chronische Wunden in Seniorenwohnhäusern und im häuslichen Bereich versorgt. Spitäler haben die erforderlichen Ressourcen, sowohl finanziell als auch personell, nicht mehr, um eine hochwertige Wundversorgung zu gewährleisten, außer in Spezialambulanzen. Die mobile Pflege ist in diesem Thema mehr denn je gefordert. Doch egal wo die Patienten versorgt werden, sie gehören jedenfalls in die Hände qualitativ bestens ausgebildeter Pflegepersonen.

Das Angebot an Ausbildungen und Produkten ist groß, aber auch der Wildwuchs. Spüren Sie Unsicherheiten aufgrund der Zunahme der Komplexität des Themas?

Ich sehe das sehr gespalten. Ich bin ein großer Befürworter moderner Medizinprodukte zur Wundversorgung zum Wohl der Patienten, aber nicht um jeden Preis. Wundmanagement-Fachkräfte haben eine große Verantwortung, auch in ökonomischer Hinsicht. Wir sollen in Absprache mit dem behandelnden Arzt die Patienten immer sehr nah am Goldstandard versorgen. Dazu ist das Pflegepersonal bereits sehr gut ausgebildet und kann die Mediziner entlasten, die oft nicht die erforderliche Zeit haben.

Es ist wichtig, mit neuen Produkten zu arbeiten, dazu haben wir das Salzburger Wundprojekt gestartet, wo wir für die mobile Hauskrankenpflege und teilnehmende Seniorenwohnhäuser eine Produkteliste erstellt haben. Sie enthält hochwertige Produkte, die auch von der Kasse unterstützt werden. Einmal im Jahr wird die Liste mit der Salzburger Gebietskrankenkasse evaluiert und angepasst.

Warum kann das in anderen Bundesländern nicht als Vorzeigeprojekt gelten?

Es war schwierig, viele unterschiedliche Interessensgruppen an einen Tisch zu bekommen, um diese Liste zu erstellen. Wenn sich Kassen untereinander nicht einig sind, wird das ein langwieriger Prozess.

Wäre es hilfreich, mehr Kompetenzen an die Pflege auszulagern?

Die Verordenbarkeit von wirkstofffreien Verbandsstoffen kann durchaus an die Pflege delegiert werden. Voraussetzung ist aber, dass diese Fachkräfte eine anerkannte, hochqualitative Ausbildung haben.