Zahlt sich Qualität aus?

Am 6. Gesundheitsforum der Quality Austria, das kürzlich in Wien stattgefunden hat, wurde eine Studie zu Effektivität und Effizienz von Qualitätsmanagementsystemen in Gesundheitseinrichtungen vorgestellt. Im Mittelpunkt stand die durchaus praktische Frage, ob ein eingeführtes, funktionierendes System letztlich auch das bringt, was es verspricht zu erbringen – ob es effektiv ist –, und ob sich die Kosten im Vergleich zum Aufwand die Waage halten bzw. ob es zu teuer ist, ein Qualitätsmanagementsystem zu unterhalten im Vergleich zum Ergebnis, also ob es effizient ist. Immer wieder taucht in der Praxis die Frage auf, wofür eine Organisation Zeit und Geld sowie personelle Ressourcen in den Aufbau und den Betrieb eines Qualitätsmanagementsystems investieren soll. Dazu ein Zitat aus einem Standardwerk: „Ein Qualitätsmanagement kann den Rahmen für ständige Verbesserungen bieten, damit die Wahrscheinlichkeit zunimmt, dass die Zufriedenheit der Kunden und anderer interessierter Parteien erhöht wird. Es gibt der Organisation und ihren Kunden das Vertrauen, dass diese fähig sind, ständig den Anforderungen entsprechende Produkte bereitzustellen“ (ÖNORM EN ISO 9000:2005).

Zum Thema Effektivität und Effizienz von Qualitätsmanagementsystemen in Gesundheitseinrichtungen sind bisher noch kaum zutreffende Arbeiten verfügbar. Eine Studie der Universität von Leicester hat die Betriebsergebnisse börsennotierter Unternehmen verglichen und kam zum Ergebnis, dass nach einem Zeitraum von fünf Jahren eine Steigerung von 35 % gegenüber Betrieben ohne Qualitätsmanagement beobachtbar ist.1
Zum Thema der Effektivität im Gesundheitswesen wurde die Manova Studie mit einem Vergleich der Daten von 2007/2008 zu 2009/2010 durchgeführt. Das Ziel waren hier Kur- und Wellnessbetriebe, die auf ihre Schlüsselkennzahlen hin untersucht worden sind. Werte wie die Kundenzufriedenheit, die Weiterempfehlungsrate und die Mitarbeiterzufriedenheit lagen bei Betrieben mit zertifiziertem Qualitätsmanagementsystem deutlich über den Zahlen von Betrieben ohne Qualitätsmanagementsystem.2


 

 

Die Methode

Insgesamt wurden österreichweit 166 Krankenhäuser, 243 Alten- und Pflegeheime und 18 Kuranstalten und Wellnesshotels, die über eine Zertifizierung verfügen, mit dem Ersuchen um Teilnahme an der Studie angeschrieben. Nach einer Vorerhebung, mittels der die relevanten Kennzahlen von Experten genannt wurden, wurde eine Online-Haupterhebung mit 26 Fragestellungen gestartet. Da sich die Befragung an die jeweiligen Qualitätsmanager richtete, war eine Befassung der Ethikkommission mit dieser Studie nicht notwendig. Da es nicht möglich ist, Auskünfte über die relevanten Zahlen zu erhalten, wurde nach den Veränderungen bestimmter Kennzahlen über den Zeitraum von zwei Jahren in Prozent gefragt.
Die Vorgaben zu dieser Studie waren unter anderem, dass

  • Teilnehmer Organisationen sind, die nachweislich ein Qualitätsmanagementsystem (QMS) haben und dies auch zertifiziert haben;
  • die betrachteten Organisationen Krankenhäuser gesamt bzw. Einzelabteilungen (Uni-Kliniken, klinische Abteilungen), Pflegeeinrichtungen (stationäre) sowie Kur- und Rehabilitationseinrichtungen sind;
  • die betrachteten Modelle ÖNORM EN ISO (International Standardisation Organisation) 9001:2008, KTQ (Kooperation für Transparenz und Qualität im Gesundheitswesen), EFQM (European Foundation for Quality Management) Excellence Modell 2010, Austria Gütezeichen Gesundheitstourismus – Best Health Austria und JCI (Joint Commission International) sind.
  • Organisationen in Österreich betrachtet werden.

Die Vorerhebung dauerte vom 5. Juni 2011 bis zum 26. Juni 2011, die Haupterhebung war vom 27. Oktober 2011 bis zum 20. Jänner 2012 online ausfüllbar.
Die Fragenblöcke waren in die folgenden Bereiche unterteilt:

  • 01 Betriebswirtschaft in den Unterbereichen Gesamtinvestition, Gesamtkosten, Bettenbelegungsrate, Verwaltungskosten pro Person und Personalkosten,
  • 02 Medizinische Faktoren in den Unterbereichen innerbetriebliche Unfälle mit Personenschaden, nosokomiale Infektionsfälle, Wiederaufnahmen innerhalb von 14 Tagen, während des Aufenthalts neu aufgetretene Komplikationen (alle), Todesfälle/Aufenthalte gesamt, HWI Infektionen und neu entstandener Dekubitus ab Stufe 2,
  • 03 Mitarbeiter in den Unterbereichen Gesamtzufriedenheit, Veränderung der Gesamtzahl der Mitarbeiter, Veränderung des Verhältnisses von Personal zu betreuten Personen, Veränderung der Fluktuationsrate und in die Frage nach den betrieblichen Ausbildungsstunden
  • 04 Patienten/Bewohner in den Unterbereichen Gesamtzufriedenheit, Wartezeiten, Zufriedenheit mit der Betreuung, Zufriedenheit mit den verfügbaren Informationen und Weiterempfehlungsrate
  • 05 QM System
 Mittels einer Punktevergabe sollten die Qualitätsmanager Angaben zu den Bereichen machen, in denen eine Verbesserung durch Qualitätsmanagementsysteme erkennbar war und in welchen Bereichen das weniger zutraf.

Die Ergebnisse

  • 01 Betriebswirtschaft: Die Gesamtkosten verringerten sich um mehr als 20 %, die Gesamtinvestitionen gingen um 10 % bis 20 % zurück, die Bettenbelegungsrate sank im Beobachtungszeitraum um mehr als 5 %.
    Die Verwaltungskosten nahmen im Bereich von 0 % bis 3 % ab, während die Personalkosten im Bereich von 5 % bis 10 % anstiegen.
  • 02 Medizinische Faktoren: Die neu aufgetretenen Harnwegsinfekte sanken im Mittel um 10 %, die neu aufgetretenen Dekubitus lagen zwischen 0 % und –10 %, wie auch die Anzahl der aufgetretenen Komplikationen.
    Die Anzahl der Unfälle mit Personenschaden lag im Beobachtungszeitraum zwischen 0 % und –3 %, so wie die Todesfälle. Die Anzahl der nosokomialen Infekte hat zwischen 0 % und 10 % zugenommen, die Anzahl der Wiederaufnahmen innerhalb von 14 Tagen hat im Mittel um 10 % zugenommen.
  • 03 Mitarbeiter: Die Fluktuationsrate hat zwischen 20 % und 30 % abgenommen, die Anzahl der betrieblichen Ausbildungsstunden hat sich um 5 % bis 10 % reduziert. Die Gesamtzahl der Mitarbeiter hat zwischen 1 % und 3 % zugenommen, die Gesamtzufriedenheit hat zwischen 0 % und 5 % dazugewonnen, das Verhältnis von Personal zu zu behandelnden (betreuten) Personen hat zwischen 3 % und 5 % zugenommen.
  • 04 Patienten/Bewohner: Die Zufriedenheit mit den verfügbaren Informationen hat zwischen 0 % und 5 % abgenommen. Die Betreuungszufriedenheit ist gleichgeblieben, auch die Weiterempfehlungsrate hat sich während des Beobachtungszeitraumes nicht verändert. Die Gesamtzufriedenheit der Patienten/der Bewohner ist zwischen 0 % und 3 % gestiegen, obwohl auch die Wartezeiten zwischen 0 % und 5 % gestiegen sind.
  • 05 QM System: Die Verbesserungen wurden im Schnittstellenmanagement und bei der internen Dokumentation gesehen, ein Maximalwert wurde bei der Dokumentenlenkung erzielt. Die Zeitersparnis wurde mit 0 – 50 Minuten pro Woche angegeben.
    Diese Studie war die erste ihrer Art und es steht zu hoffen, dass weitere Studien unter detaillierteren Vorgaben durchgeführt werden. Insgesamt lässt sich trotz des nicht sehr hohen Rücklaufes der Fragebögen ein positives Bild für den Einsatz von Qualitätsmanagementsystemen zeichnen.

 

Autor der Studie Ist Robert Brunmayr, Bsc, AE, im Auftrag von Dr. Günter Schreiber, Quality Austria GmbH

1 The Center.et.al., 2005, The Centre of Quality Excellence, the University of Leicester, „Auswirkungen einer wirksamen Implementierung von Excellence- Strategien im Unternehmen auf die Schlüsselleistungsergebnisse“, EFQM, BQF, Deutsche Gesellschaft für Qualität e.V. (DGQ), August-Schanz-Str. 21 A, D-60433 Frankfurt/Main.
2 Manova, 2011, Best Health Austria, Manova GmbH, Trautsongasse 8, 1080 Wien, www.manova.at