Das Fortpflanzungsmedizinrechts-­Änderungsgesetz 2015

Das FMedRÄG 2015 (das ursprüngliche Fortpflanzungsmedizingesetz stammte aus dem Jahre 1992) wurde am 21. 2. 2015 im Parlament zwar mit deutlicher Mehrheit (113 zu 48 Stimmen) beschlossen, bis zuletzt war es jedoch in den meisten Parteien intern umstritten. Wie die von der FPÖ beantragte namentliche Abstimmung zeigte, schwenkte neben 4 Mandataren aus der ÖVP auch ein Mandatar der Neos aus der das Gesetz befürwortenden Parteilinie aus. 24 Mandatare (8 der ÖVP, 7 der Grünen, 5 der SPÖ und jeweils 2 aus der ÖVP und dem Team Stronach) fehlten, während die Neos vollzählig erschienen. Das klare und schon im Vorfeld feststehende Ergebnis hätte sich durch die Anwesenheit der Fehlenden freilich nicht geändert.
Die wichtigsten, entsprechend geänderten (bzw. ergänzten) Paragrafen werden im Folgenden aufgelistet:

1. Abschnitt

Allgemeines

Dem § 1 wird Absatz 4 angefügt:

§ 1:

(1) Medizinisch unterstützte Fortpflanzung im Sinn dieses Bundesgesetzes ist die Anwendung medizinischer Methoden zur Herbeiführung einer Schwangerschaft auf andere Weise als durch Geschlechtsverkehr.

(2) Methoden der medizinisch unterstützten Fortpflanzung im Sinn des Abs. 1 sind insbesondere

  1. das Einbringen von Samen in die Geschlechtsorgane einer Frau,
  2. die Vereinigung von Eizellen mit Samenzellen außerhalb des Körpers einer Frau,
  3. das Einbringen von entwicklungsfähigen Zellen in die Gebärmutter oder den Eileiter einer Frau
  4. und das Einbringen von Eizellen oder von Eizellen mit Samen in die Gebärmutter oder den Eileiter einer Frau.

(3) Als entwicklungsfähige Zellen sind befruchtete Eizellen und daraus entwickelte Zellen anzusehen.

(4) Präimplantationsdiagnostik im Sinn dieses Bundesgesetzes ist jede Methode zur genetischen Untersuchung entwicklungsfähiger Zellen vor deren Einbringen in den Körper einer Frau. Gleiches gilt für andere Zellen nach Vereinigung des weiblichen und männlichen Vorkernes, die im Zuge der Entwicklung der befruchteten Eizelle entstehen.

2. Abschnitt

Die §§ 2, 2a, 2b und 3 lauten:

Zulässigkeit einer medizinisch ­unterstützten Fortpflanzung

§ 2:

(1) Eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung ist nur in einer Ehe, in einer eingetragenen Partnerschaft oder in einer Lebensgemeinschaft zulässig.

(2) Sie ist nur zulässig, wenn

  1. nach dem Stand der Wissenschaft und Erfahrung alle anderen möglichen und zumutbaren Behandlungen zur Herbeiführung einer Schwangerschaft durch Geschlechtsverkehr erfolglos gewesen oder aussichtslos sind,
  2. ein Geschlechtsverkehr zur Herbeiführung einer Schwangerschaft den Ehegatten oder Lebensgefährten wegen der ernsten Gefahr der Übertragung einer schweren Infektionskrankheit auf Dauer nicht zumutbar ist,
  3. eine Schwangerschaft bei einer von zwei miteinander in eingetragener Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft lebenden Frauen herbeigeführt werden soll oder
  4. sie zum Zweck einer Präimplantationsdiagnostik vorgenommen werden muss.

Zulässigkeit einer ­Präimplantations­diagnostik

§ 2a:

(1) Eine Präimplantationsdiagnostik ist nur zulässig, wenn

  1. nach drei oder mehr Anwendungen einer medizinisch unterstützten Fortpflanzung keine Schwangerschaft herbeigeführt werden konnte,
  2. zumindest drei ärztlich nachgewiesene Schwangerschaften mit einer Fehl- oder Totgeburt des Kindes spontan endeten und diese mit hoher Wahrscheinlichkeit ihre Ursache in der genetischen Disposition des Kindes hatte, oder
  3. auf Grund der genetischen Disposition zumindest eines Elternteils die ernstliche Gefahr besteht, dass es zu einer Fehl- oder Totgeburt oder zu einer Erbkrankheit des Kindes kommt.

(2) Eine Erbkrankheit liegt vor, wenn das Kind während der Schwangerschaft oder nach der Geburt derart erkrankt, dass

  1. es nur durch den ständigen Einsatz moderner Medizintechnik oder den fortdauernden Einsatz anderer, seine Lebensführung stark beeinträchtigender medizinischer oder pflegerischer Hilfsmittel am Leben erhalten werden kann
  2. oder schwerste Hirnschädigungen aufweist
  3. oder auf Dauer an nicht wirksam behandelbaren schwersten Schmerzen leiden wird und darüber hinaus keine kausale Behandlungsmöglichkeit besteht.

(3) Reicht eine genetische Untersuchung vor Vereinigung der weiblichen und männlichen Vorkerne mit hoher Wahrscheinlichkeit allein aus, um eine Schwangerschaft herbeizuführen oder um auszuschließen, dass die ernstliche Gefahr einer Fehl- oder Totgeburt oder einer Erbkrankheit besteht, so darf nur diese vorgenommen werden.

(4) Im Rahmen der Präimplantationsdiagnostik dürfen nur die nach dem Stand der medizinischen Wissenschaft und Erfahrung im Sinn des Abs. 1 Z 1 und 2 zur Herbeiführung einer Schwangerschaft oder im Sinn des Abs. 1 Z 3 zur Vermeidung einer Fehl- oder Totgeburt oder einer Erbkrankheit unabdingbar erforderlichen Untersuchungen durchgeführt werden. Die Bestimmung des Geschlechts durch Präimplantationsdiagnostik ist nur zulässig, wenn die Feststellung einer solchen Erbkrankheit geschlechtsabhängig ist.

Zulässigkeit der Zellentnahme und -aufbewahrung

§ 2b:

Samen, Eizellen, Hoden- oder Eierstockgewebe dürfen auch für eine künftige medizinisch unterstützte Fortpflanzung entnommen und aufbewahrt werden, wenn ein körperliches Leiden oder dessen dem Stand der Wissenschaft entsprechende Behandlung eine ernste Gefahr bewirkt, dass eine Schwangerschaft nicht mehr durch Geschlechtsverkehr herbeigeführt werden kann. Eizellen, die für eine dritte Person verwendet werden sollen, dürfen nur bis zur Vollendung des dreißigsten Lebensjahres entnommen werden.

Zulässigkeit der Verwendung der ­entnommenen Zellen im Rahmen medizinisch unterstützter Fortpflanzung

§ 3:

(1) Für eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung dürfen vorbehaltlich der in Abs. 2 und 3 geregelten Fälle nur die Eizellen und der Samen der Ehegatten, eingetragenen Partner oder Lebensgefährten verwendet werden.

(2) Der Samen eines Dritten darf ausnahmsweise dann verwendet werden, wenn der des Ehegatten oder Lebensgefährten nicht fortpflanzungsfähig ist oder eine medizinisch unterstützte Fortpflanzung in einer eingetragenen Partnerschaft oder Lebensgemeinschaft von zwei Frauen vorgenommen werden soll.

(3) Die Eizellen einer dritten Person dürfen ausnahmsweise dann verwendet werden, wenn die der Frau, bei der die Schwangerschaft herbeigeführt werden soll, nicht fortpflanzungsfähig sind und diese Frau zum Zeitpunkt des Behandlungsbeginnes das fünfundvierzigste Lebensjahr noch nicht vollendet hat.

Das Fortpflanzungsmedizinrechts-Änder­ungs­gesetz, das am 1. April 2015 in Kraft tritt, bedingt auch eine Änderung des § 144 des Allgemeinen Bürgerlichen Gesetzbuches (betrifft Abstammung vom anderen Elternteil) sowie Änderungen des § 88 bzw. Ergänzung des § 113 des Gentechnikgesetzes.