Mammakarzinom postmenopausal: endokrine Therapiestrategien 2012


Das mittlere Erkrankungsalter bei Brustkrebs liegt bei 63 Jahren. Etwa 70–80 % der Patientinnen sind hormonrezeptorpositiv. Somit ist die endokrine Therapie in der Postmenopause ein Themenkomplex, mit dem wir uns nahezu täglich auseinandersetzen.
Die endokrine Therapie mit Tamoxifen hat gezeigt, dass die Patientinnen nicht nur während der Therapie, sondern auch über Jahre danach noch von der Behandlung profitieren. Fünfzehn Jahre nach Beginn der Therapie liegt der Effekt hinsichtlich des rezidivfreien Überlebens bei 14,2 % und fürs Überleben bei 9,2 % (EBCTCG, Lancet 2011). Der Großteil (ca. 75 %) der frühen Rezidive, die unter Tamoxifen auftreten, sind Fernmetastasten (Baum M. et al., Lancet 2002; Thürlimann B. et al., NEJM 2005).
Aromatasehemmer haben das Spektrum der therapeutischen Optionen in der Postmenopause entscheidend erweitert. Zahlreiche randomisierte Studien haben die Wirksamkeit im Vergleich zu Tamoxifen an mehreren Tausend Patientinnen überprüft. Der Ansatz der Studien war unterschiedlich (Abb.):

  • direkter Vergleich („upfront strategy“) – ATAC, BIG 1-98, TEAM
  • sequenzielle Strategie – ABCSG-8, BIG 1-98, TEAM
  • Switching-Strategie – IES, ITA, ARNO/ABCSG-8 (kombinierte Analyse)
  • „extended“ adjuvante Therapie > 5 a – MA-17, ABCSG-6

 

 

Kurz zusammengefasst unterstützen alle Untersuchungen eine adjuvante endokrine Therapie in der Postmenopause mit Aromatasehemmern. Die detaillierten Ergebnisse lauten wie folgt:

Upfront-Strategie – direkter Vergleich von Tamoxifen mit Aromatasehemmer für 5 Jahre: Die Überlegenheit von Letrozol im Vergleich zu Tamoxifen hat in BIG 1-98 (Thürlimann B. et al., NEJM 2005) dazu geführt, dass die Studie nach etwas mehr als zwei Jahren entblindet wurde. Patientinnen aus dem Tamoxifen-Arm konnten in den Letrozol-Arm wechseln, 619 Patientinnen (25,2 %) wechselten zu einer Monotherapie mit Letrozol. Die Patientinnen im Letrozol-Arm hatten einen Benefit von 12 % hinsichtlich Disease-free Survival. Es zeigte sich kein signifikanter Überlebensvorteil in dieser Gruppe. Ähnlich waren die Ergebnisse des ATAC-Trials (Baum M. et al., Lancet 2002). In der Metaanalyse von ATAC und BIG 1-98 zeigt sich nach 8 Jahren ein Unterschied in Bezug auf die Rezidivrate von 3,9 % zum Vorteil der Anastrozol-Gruppe und von nur 0,5 % hinsichtlich Überleben (Dowsett M. et al., JCO 2010). Der TEAM-Trial (van de Velde C.J.H. et al., Lancet 2011) bestätigte die genannten Ergebnisse noch einmal.


Sequenzielle Strategie: In ABCSG-8 (Dubsky P. et al., JCO 2012) haben die Patientinnen entweder 5 Jahre lang Tamoxifen erhalten oder aber 2 Jahre Tamoxifen wurden gefolgt von 3 Jahren Anastrozol. 3.714 Patientinnen mit günstigem Risikoprofil wurden im Rahmen der Studie behandelt. Es zeigte sich kein signifikanter Unterschied in Bezug auf Rezidivrate oder Überleben. In der explorativen Analyse konnte ein minimaler Benefit für die sequenzielle Strategie nachgewiesen werden, mit einer HR von 0,78 (KI 0,60–1,00). Ähnlich waren die Ergebnisse von BIG 1-98 (Mouridsen H. et al., NEJM 2009), es zeigte sich ein gewisser Trend zugunsten der Sequenz Tamoxifen gefolgt von Letrozol, jedoch kein signifikanter Benefit. Im Gegenteil, in der Gruppe der Patientinnen mit positiven Lymphknoten dürfte eine Upfront-Therapie mit Letrozol der sequenziellen Strategie überlegen sein (Rezidivrate nach 5 Jahren 12,4 % in der „Letrozol upfront“-Gruppe versus 14,7% in der sequenziellen Gruppe).


Switching-Strategie: Die Metaanalyse von ABCSG-8/ARNO und ITA (Jonat W. et al., Lancet Oncol 2006) konnte einen signifikanten Vorteil in Bezug auf das rezidivfreie Überleben (HR 0,59, p < 0,0001) und das Gesamtüberleben (HR = 0,71, p = 0,038) für jene Patientinnen zeigen, die nach einer 2–3 Jahre dauernden Therapie mit Tamo­xifen zu einem Aromatasehemmer wechselten.


Extended Therapy: Wir wissen von der EBCTCG (Lancet, 2005), dass 18 % der Rezidive und 17 % der Todesfälle in den Jahren 5–15 nach Tamoxifen-Therapie auftreten. Die kanadische Studie MA-17 (Goss P. et al., JCO 2008) hat 5.187 Patientinnen nach 5 Jahren Tamoxifen-Therapie randomisiert in eine Letrozol- und eine Placebogruppe. Die Studie wurde 2003 entblindet, da der Placeboarm ethisch nicht mehr vertretbar war. Die Patientinnen hatten die Option, in den Letrozol-Arm zu wechseln. Alle Patientinnen profitieren von einer verlängerten Therapie mit Letrozol hinsichtlich Disease-free Survival (HR 0,37, p < 0,0001) und Overall Survival (HR 0,38 p = 0,0004). In der Subgruppenanalyse zeigte sich, dass jene Patientinnen, die zum Zeitpunkt der Diagnose prämenopausal waren, den größten Vorteil von einer verlängerten adjuvanten Therapie hatten (HR 0,25, p < 0,0001).

In der adjuvanten endokrinen Therapie der postmenopausalen Patientin mit Mammakarzinom sind Aromatasehemmer zum Therapiestandard geworden. Das zeigt sich in allen internationalen und nationalen Guidelines zur Therapie von Brustkrebs (Tab.).

 

 

AUSBLICK: Es gibt eine Reihe von spannenden Fragen, die wir in Zukunft beantworten müssen. Wie ist endokrine Resistenz zu erklären und – viel wichtiger – zu umgehen? Wie lange sollen wir behandeln? Wie können wir die Compliance bei jahrzehntelanger Therapiedauer verbessern. Welche Optionen eröffnen zusätzliche zielgerichtete Therapien? Wie können wir das Nebenwirkungsprofil der endokrinen Therapie günstig beeinflussen?