Veränderungen des Plazentatransportes in diabetischen Schwangerschaften

Die Versorgung mit mütterlicher Glukose ist für den Fetus essenziell, weil seine eigene Glukoneogenese erst nach der Geburt beginnt. Am Ende der Schwangerschaft müssen durchschnittlich ungefähr 40 g Glukose pro Tag durch die Plazenta zum Fetus transportiert werden. Der Netto-Transport erfolgt entlang eines maternofetalen Konzentrationsgradienten. Die molekularen Mechanismen des Glukosetransports sind sehr gut untersucht. Neben dem prinzipiellen Glukosetransporter GLUT1 ist auch eine Reihe anderer Transporter in der Plazenta exprimiert (GLUT3, GLUT4, GLUT9-13); wegen ihrer Lokalisation an nicht-trophoblastären Zellen ist ihr Beitrag zum Gesamttransport aber vernachlässigbar. Hyperglykämie und Diabetes können GLUT1 beeinflussen, aber der Gesamttransport ist bei Insulin- und Diät-behandeltem Gestationsdiabetes (GDM) unverändert, zumindest auf die gesamte Plazenta bezogen, d. h. unter Berücksichtigung der Veränderungen des Plazentagewichtes bei GDM. Dies lässt sich durch die hohe Kapazität des plazentaren Glukosetransportsystems erklären. Allfällige Veränderungen (Zu-, Abnahme) der Transporter bei Diabetes haben daher keine Auswirkungen. Der wichtigste Regulator des Transports ist daher das maternofetale Konzentrationsgefälle. Es gibt auch Evidenz für einen zusätzlichen Einfluss von uteroplazentarem und fetoplazentarem Blutfluss.

Lipidakkumulation: Am Termin der normalen Schwangerschaft akkumuliert der Fetus ca. 7 g Lipide pro Tag. In diabetischen Schwangerschaften ist dies mehr, wie aus der exzessiven Akkumulation von Lipiden als Hauptcharakteristikum des Fetus bei Diabetes geschlossen werden kann. Im Gegensatz zu Glukose ist der Transport von Lipiden durch die Plazenta wenig untersucht. Lipide sind eine komplexe Stoffklasse, die sowohl Triglyzeride, Phospholipide, Cholesterin und Cholesterinester umfasst als auch fettlösliche Vitamine (A, D, E, K). Vor der Aufnahme in die Plazenta müssen die veresterten Fettsäuren hydrolisiert werden. Dies erfolgt hauptsächlich durch Lipasen an der mikrovillösen Oberfläche des Trophoblasten. Die Menge der Hauptlipase (endotheliale Lipase) ist bei Einschränkung des fetalen Wachstums reduziert. Bei mütterlichem Diabetes hingegen ist sie entweder unverändert oder überexprimiert, allerdings nur wenn Diabetes gemeinsam mit mütterlicher Adipositas auftritt. Dies lässt eine Regulation durch Zytokine vermuten. Tatsächlich können sowohl Leptin als auch Tumor- Nekrose-Faktor alpha die Lipase hochregulieren. Ob die dadurch vermehrt freigesetzte Menge an Fettsäuren auch zu vermehrtem Transport zum Fetus führt, ist noch ungeklärt. Gesichert scheint eine gewisse Selektivität des Transports für langkettige Fettsäuren, die vor allem für die Entwicklung des fetalen Gehirns und der Retina essenziell sind. Es wurde noch nicht untersucht, ob in einer diabetischen Schwangerschaft mehr Fettsäuren oder komplexe Lipide durch die Plazenta in die fetale Zirkulation gelangen. Allerdings scheint fetales Insulin die Aufnahme von Fettsäuren, vor allem von langkettigen vielfach ungesättigten Fettsäuren, aus dem fetalen Kreislauf in fetales Gewebe zu fördern. Dies führt dann bei Diabetes-assoziiertem Hyperinsulinismus zur vermehrten Extraktion von Fettsäuren. Gemeinsam mit dem Insulin- stimulierten Wachstum von Adipozyten kann dies zum Aufbau von Fettdepots im Fetus führen.

Zusammenfassend gibt es derzeit keine Evidenz dafür, dass bei diabetischen Schwangerschaften die Plazenta selbst eine entscheidende Rolle für den vermehrten Fluss von Glukose und Lipiden von der Mutter zum Fetus führt.