Qualitätspartnerschaft Urologie – eine neue Forschungsplattform

In der urologischen Onkologie erleben wir einen besonders rasanten Fortschritt der Behandlungsmöglichkeiten. Das betrifft derzeit vor allem das fortgeschrittene bzw. kastrationsresistente Prostatakarzinom. Dabei werden völlig neue Behandlungsansätze verwirklicht, deren Nebenwirkungsrate deutlich geringer zu sein scheint, als das bisher der Fall war. Wenn auch die Langzeitergebnisse die bisherigen Erfahrungen bestätigen, werden diese Medikamente möglicherweise schon viel früher im Krankheitsverlauf zum Einsatz kommen und somit wesentlich breiter eingesetzt. Das bedeutet aber auch, dass das Prostatakarzinom in zunehmendem Maß ambulant in der Ordination des Urologen des Vertrauens stattfinden wird.
Diese Entwicklung wird sich aber nur dann durchsetzen, wenn die österreichischen Urologen sich dieser Herausforderung stellen, die Ärmel hochkrempeln und sich mit diesen neuen Behandlungskonzepten intensiv auseinandersetzen. Andere Fachgruppen scharren schon in den Startlöchern, um die Versorgung dieser für uns sehr wichtigen Patientengruppe zu übernehmen. Diejenigen Ärzte werden diese Behandlungen durchführen, die sowohl Diagnose- als auch Therapiemöglichkeiten den Patienten in überzeugendem Ausmaß anbieten können.
Denn auch auf dem Gebiet der Diagnosestellung ist eine fortschreitende Entwicklung festzustellen, wenn auch eine deutlich langsamere als auf dem therapeutischen Sektor. Jedenfalls kann man mit Sicherheit davon ausgehen, dass die Zukunft den weniger aggressiven Diagnose- und Behandlungsstrategien gehört. Auch die Kosten werden dabei eine nicht unwesentliche Rolle spielen.

Kooperation auf 3 Säulen

Die österreichische Urologie insgesamt, insbesondere aber wir niedergelassenen Urologen sind also dazu aufgerufen, uns rasch den Erfordernissen der oben genannten Entwicklungen anzupassen. Es gilt nun, den Worten auch Taten folgen zu lassen. Deshalb hat der Berufsverband der Österreichischen Urologen (bvU) in enger Zusammenarbeit mit der Österreichischen Gesellschaft für Urologie und Andrologie (ÖGU) und der Urologischen Klinik der Medizinischen Universität Wien (MUW) ein gemeinsames Konzept dazu entwickelt. Die drei tragenden Säulen dieser Kooperation heißen: Fortbildung, Forschung und Öffentlichkeitsarbeit.

Fortbildung

Dieser Tage findet nun schon die zweite „Andrologisch-Onkologische Herbsttagung“ statt, die eben diesen Zusammenhang zwischen urologischer Onkologie und Andrologie herausstreichen soll. Auch dieses Jahr stehen sehr interessante Themen und renommierte Vortragende auf dem Programm. Außerdem wurde – ebenfalls gemeinsam mit der ÖGU – das so genannte „Uroonkologische Curriculum“ ins Leben gerufen, ein Intensivseminar zur Aneignung von Kenntnissen für die Durchführung onkologischer Therapien. Das erste Curriculum dieser Fortbildungsreihe hat bereits Anfang Oktober in Wien stattgefunden. Beide Veranstaltungen waren bzw. sind erfreulicherweise ausgebucht! Im Rahmen der bvU-Seminarreihe wurden ebenfalls uroonkologische Themen angeboten. Im Frühjahr dieses Jahres wurde das Seminar „Knochen, Ernährung und Bewegung“ in Pöllauberg abgehalten und im September ein uroonkologisches Seminar in Zusammenarbeit mit der Firma easypharm in Ehrenhausen veranstaltet, das ebenfalls bis auf den letzten Platz besetzt war.

Forschung

Obwohl in Österreich wegen des hoch entwickelten Gesundheitssystems geradezu ideale Voraussetzungen für moderne klinische Forschung gegeben wären, ist es in unserem kleinen Land nicht einfach, ausreichende Fallzahlen zu generieren, um den Anforderungen hochwertiger Publikationen gerecht zu werden. Aus diesem Grund hat der bvU wiederum in Zusammenarbeit mit der ÖGU und MUW eine neue Forschungsinitiative ins Leben gerufen, die diesem Problem zu Leibe rücken soll, nämlich die so genannte „Qualitätspartnerschaft Urologie“. Dabei wird eine Forschungsplattform gegründet, die unter anderem eine Online-Datenbank zur Sammlung von Forschungsdaten beinhaltet. Niedergelassene Urologen können dort Daten zu Ihren Patienten in anonymisierter Form eingeben und informative und logistische Unterstützung erhalten. Damit soll ein breites Netz zur Patientenrekrutierung entstehen, das in vergleichsweise kurzer Zeit größere Fallzahlen generieren kann, als das selbst bei Multicenterstudien der Fall ist.
In der „Qualitätspartnerschaft Urologie“ gewinnen alle Beteiligten: Die Patienten, weil sie optimale Betreuungsqualität genießen und mit ihren Daten dazu beitragen, Behandlungen zu verbessern. Niedergelassene Urologen profitieren, weil sie sich dadurch eingehend mit der Thematik befassen und auch Übersichts­daten und Behandlungsverläufe ihrer Patienten auf einen Blick erhalten. Sie können auch auf Wunsch Ihre Ordinationsdaten als Teilnehmer an der Qualitätspartnerschaft Urologie auf der geplanten Homepage darstellen und sich als uroonkologische Ansprechpartner für Patienten anbieten. Interessierte Forscher gewinnen mit Hilfe dieser Plattform rasch umfangreiche Daten, die sie in die Lage versetzen sollen, neue Erkenntnisse hochwertig publizieren zu können. Die öffentliche Hand profitiert dadurch, dass Patienten, die teure und aufwendige Therapien erhalten, in optimaler Behandlungsüberwachung stehen und überflüssige Diagnose- und Behandlungsschritte vermieden werden. Pharmazeutische Unternehmen können auf dieser Plattform zur klinischen Forschung beitragen und wissen ihre Medikamente unter optimaler Verlaufskontrolle. Und nicht zuletzt gewinnen dabei auch die beteiligten Institutionen bvU, ÖGU und MUW, die mit Hilfe dieser Forschungsplattform die uroonkologische Forschung in Österreich intensivieren. Dieses Konzept soll auch dazu beitragen, die Kooperation zwischen Spitalsärzten und niedergelassenen Kollegen weiter zu verbessern und die vielfach zitierte Schnittstellenproblematik zu entschärfen.

Öffentlichkeitsarbeit

In unserer Informationsgesellschaft soll man nicht nur Gutes tun, sondern auch die Menschen davon in Kenntnis setzen. Die „Qualitätspartnerschaft Urologie“ wird auch zur gemeinsamen Veröffentlichung von Forschungsergebnissen und weiteren Projekten die ideale Plattform darstellen. Geplant sind neben klassischer Pressearbeit auch Informationsseiten für interessierte Laien und Patienten und eine enge Medienkooperation mit dem MedMedia Verlag.
Die oben dargestellte Initiative steht und fällt mit der Mitwirkung niedergelassener Urologen und Abteilungen. Die Voraussetzungen waren noch nie so gut wie jetzt, dass alle an einem Strang ziehen, damit diesem zukunftsweisenden Projekt Erfolg beschieden ist und auch nachfolgende Generationen großen Nutzen daraus ziehen können.