CONTRA: … mehr tot als lebendig?

Sowohl Hämodialyse wie auch extrakorporale Leberunterstützungsmethoden wurden von Nephrologen in die Medizin eingeführt. Während die Hämodialyse inzwischen über 2 Millionen Patienten am Leben erhält, verfügen Leberunterstützungsmethoden nach gut 50 Jahren über keinen positiven Wirkungsnachweis. Die auch beim Aderlass und Schröpfen angewandte Hypothese, dass „Entgiftung“ nur radikal und früh genug erfolgen müsse, um klinische Verbesserung zu erzwingen, wurde beim Leberversagen zuletzt von drei großen europäischen Studien widerlegt. Weder bei akutem (FULMAR, Saliba; ISICEM 2009) noch bei akut-auf-chronischem Leberversagen (MARS RELIEF, Bañares, Hepatology 2012; HELIOS, Gastroenterology 2012) brachte extrakorporale Entgiftung einen messbaren Vorteil. Auch wenn nicht alle dieser Patienten ein hepatorenales Syndrom (HRS) hatten, ist es geboten, die Behandlungshypothesen zu hinterfragen.

Endogene Vergiftung oder Kreislauferkrankung?

Das HRS ist ein durch Infektion, Sepsis, Blutung, Diuretika, Durchfälle, Medikamente oder spontan ausgelöster Folgezustand zunehmender renaler Vasokonstriktion bei fortgeschrittenen Lebererkrankungen. Es ist somit als hämodynamische Erkrankung zu klassifizieren; niedriges Herzzeitvolumen verschlechtert die Prognose. Das HRS verläuft progressiv (Typ 1) oder als refraktärer Aszites (Typ 2); eine der Urämie vergleichbare Vergiftung durch dialytisch entfernbare Mittelmoleküle steht – abgesehen von Ammoniak beim akuten Leberversagen – nicht im Vordergrund. Die Entfernung von Markersubstanzen wie Bilirubin bewirkt keine Änderung der tristen Prognose. Extrakorporale Therapie bewirkt bei Zirrhose mehr Komplikationen als beim Nierenversagen (Tab.1).

 

 

Pathophysiologie und realistische Therapieziele

Pathophysiologisch entscheidend beim HRS ist eine multifaktoriell ausgelöste renale Minderdurchblutung, die durch extrakorporale Leberunterstützung nicht behoben, sondern oft sogar verstärkt wird. Aus Oligurie wird dann Anurie, aus Hypotonie Schock. Nicht zuletzt ist das HRS oft Indikator für ein beginnendes Multiorganversagen, dessen Mortalität auch durch hämodynamische Interventionen mit Terlipressin und Noradrenalin nicht sinkt. Als realistisches Therapieziel des HRS ist daher eine primäre Prophylaxe anzusehen, wie es für Norfloxacin beeindruckend gezeigt wurde (Fernández, Gastroenterology 2007; 133:2018).

Resümee

Vorbestehende Störungen von Hämodynamik, Blutgerinnung und Infektionsabwehr führen beim HRS zu nicht akzeptablen Komplikationsraten extrakorporaler Therapien. Hämodynamische Stabilisierung bereits vor manifestem HRS, Primärprophylaxe mit Norfloxacin und frühe Meldung zur Transplantation verbessern die Prognose. Die heutige Datenlage spricht leider gegen den Einsatz spezifischer Entgiftungsmaßnahmen.

Literatur beim Verfasser