Endothelin-Antagonisten bei diabetischer Nephropathie – Haben sie eine Zukunft?

Die diabetische Nephropathie ist ein zunehmendes Problem in unserer Bevölkerung und die Hauptursache für eine Nierenersatztherapie. Eine Proteinurie ist ein wichtiger Marker und Indikator für ein hohes Risiko der Verschlechterung einer Niereninsuffizienz und auch für das kardiovaskuläre Risiko. Nicht-medikamentöse Maßnahmen, insbesondere Meidung von Nikotinkonsum, Reduktion von Übergewicht und konsequente antihyperten­sive Therapie mit Zielwerten von mindestens < 140/< 90 mmHg, ggf. auch niedriger, sind die wesentlichen Maßnahmen. ACE-Hemmer oder Angiotensin-Rezeptor-Antagonisten sind die Basistherapeutika bei diesen Patienten und werden ggf. durch alle anderen verfügbaren antihypertensiven Substanzen ergänzt.


Endothelin-Antagonisten haben in ersten klinischen Studien bei diabetischer Nephropathie zu einer markanten Reduktion der Proteinurie bei Patienten mit diabetischer Nephropathie geführt. In hohen Dosierungen besteht jedoch die Nebenwirkung der Ödemneigung bis hin zu akuter Herzinsuffizienz. Endothelin-Antagonisten sind zweifelsohne eine sehr zukunftsträchtige additive Therapieform, wobei wir jedoch den Umgang mit Endothelin-Antagonisten, insbesondere hinsichtlich Dosierung und Nebenwirkungen, noch genauer beforschen müssen.

Eiweiß ist im Volksmund etwas Positives, der Laie versteht in der Regel unter Eiweiß eine Substanz, die gut für den Körper ist und Kraft gibt. In der Nephrologie denken wir bei Proteinen in erster Linie an die Eiweißausscheidung im Harn (Proteinurie), welche ein Marker für eine renale Schädigung darstellt. Wir wissen heute, dass die Proteinurie eine Verschlechterung der Nierenfunktion vorhersagt und mit ihr korreliert. Der folgende Artikel wird die Bedeutung der Proteinurie und deren medikamtentöser Beeinflussung, insbesondere im Hinblick auf Endothelin-Antagonisten, näher beleuchten.

Proteinurie und Nierenfunktion

Wie Abb. 1 zeigt, gibt es verschiedene Ausprägungen einer Eiweißausscheidung. Wir unterscheiden Mikro-, Makroalbuminurie, große Proteinurie und nephrotisches Syndrom. Diese sind durch unterschiedlich starke Eiweißausscheidung im Harn und die Zusammensetzung des Eiweißes im Harn gekennzeichnet. Mit der Stärke der Albuminurie bzw. Proteinurie korreliert auch die Abnahme der glomerulären Funktionsrate (GFR) und damit der Nierenfunktion, gleichzeitig steigt das kardiovaskuläre Risiko (CV-Risiko). Bei sehr ausgeprägter Proteinurie gehen Eiweißmoleküle des Gerinnungssystems verloren, weswegen es zu einer Zunahme der Thrombophilie kommt, die Folge sind Thrombosen und Lungenembolien, wie wir sie insbesondere bei ausgeprägtem nephrotischen Syndrom fürchten.

Die Albuminurie ist ein Prognosefaktor für kardiovaskuläre Ereignisse, bei Hypertonie und Diabetes steigt das Risiko für ein kardiovaskuläres Ereignis (Myokardinfarkt, Schlaganfall, Herzinsuffizienz, Tod) bei diesen Patienten um das 1,6- bis 2-Fache. Gleichzeitig kann die günstige Beeinflussung der Proteinurie sowohl bei diabetischer als auch bei nicht-diabetischer Nephropathie zu einer Reduktion kardiovaskulärer Ereignisse führen und auch die renale Prognose verbessern. Abb. 1 fasst die therapeutischen Maßnahmen zur Senkung der Proteine nochmals zusammen. Neben den nicht-medikamentösen Maßnahmen (Nichtrauchen, Gewicht reduzieren, eiweißarme Kost) sollte eine konsequente Blutdrucksenkung auf mindestens 140/90 mmHg, ggf. auch niedriger, erfolgen, ACE-Hemmer oder AT1-Rezeptor-Antagonisten sollten eingesetzt werden. Auch Aldosteronantagonisten haben in der Kombinationstherapie einen zusätzlichen Stellenwert und senken die Proteinurie um bis zu 800 mg/die. In einer neueren Studie wurde auch gezeigt, dass die Wirkung des Vitamin-D-Rezeptor-Aktivators Paricalcitol zu einer deutlichen Senkung der Albuminurie führen kann, allerdings müssen diese Daten erst in großen prospektiven Studien weiter bestätigt werden.

 

 

Rolle von Endothelinantagonisten

Abb. 2 zeigt die Wirkung von Endothelin im menschlichen Körper. Es handelt sich dabei um eine von Endothelzellen gebildete stark vasokonstriktorisch wirkende Substanz, die vor allen Dingen über Endothelin-A-(ETA)-Rezeptoren zu einer Kontraktion der glatten Gefäßmuskulatur führt. Wir wissen mittlerweile, dass Endothelin jedoch auch zahlreiche Effekte, insbesondere auf die Niere, hat, die in der Literatur ausführlich beschrieben sind.
Endothelin interagiert interessanterweise sehr stark mit Angiotensin II, sodass auch die ­Wirkung von Angiotensin durch einen ETA-selektiven Endothelinantagonisten (wie z. B. BQ123 oder Darusentan) gehemmt werden kann (Abb. 3).

 

 

 

Endothelin spielt bei Nierenerkrankungen eine große Rolle. Wir wissen, dass bei Nephropathien eine gesteigerte Endothelinexpression nachgewiesen werden kann. Eine Hemmung des Endothelinsystems durch Endothelin-An­tagonisten verbessert den renalen Blutfluss der GFR und hemmt vor allen Dingen die renale Fibrose, das vaskuläre und myokardiale Remodelling und die Progression einer Niereninsuffizienz.

Studiendaten: Wir haben im Jahre 2009 die erste Studie mit Endothelin-Antagonisten publiziert, bei der wir bei 286 Patienten mit dia­betischer Nephropathie und einer mittleren GFR von 79 ml/min und einer Albuminurie von 1,0–1,7 g/die die Wirkung des Endothelin-Antagonisten Avosentan in einer europäischen Multicenterstudie untersucht haben. Gegenüber Placebo führte Avosentan dosisabhängig zu einer massiven Reduktion der Proteinurie bei diesen Patienten, die Abnahme lag zwischen 29 und 45 % (Abb. 4). Allerdings kam es bei höheren Dosierungen zu einer Zunahme der Ödemneigung, die der limitierende Faktor bei diesen Substanzen ist. Dieser Zusammenhang wurde in der ASCEND-Studie ein Jahr später, ebenfalls unter Verwendung von Avosentan, bestätigt. Auch hier kam es zu einer deutlichen Reduktion der Albuminurie. In der Patientengruppe, die eine hohe Dosierung von Avosentan erhielt, war jedoch eine vermehrte Neigung zu Ödemen und akuter Herzinsuffizienz nachzuweisen, weswegen die Studie sogar abgebrochen werden musste.

 

 

In einer weiteren, 2011 publizierten Studie wurde dann erstmals eine neue, noch ETA-selektivere Substanz (Atrasentan) ebenfalls bei diabetischer Nephropathie getestet. Diese Substanz führte auch zu einer Reduktion der Albuminurie im Bereich von 21–35 %, auch hier kam es, vor allem in der höchsten Dosierung, zu einer deutlichen Ödemneigung.

Künftiger Stellenwert von Endothelin-Antagonisten

Was lernen wir aus den bisherigen Studien mit Endothelin-Antagonisten bei Patienten mit diabetischer Nephropathie? Die Daten zeigen eindeutig, dass Endothelin-Antagonisten die vermutlich potentesten Substanzen sind, die zu einer Senkung der Proteinurie führen, allerdings müssen wir lernen, die Nebenwirkungen zu verstehen und zu managen. Wenn man sich die bisherigen Studien anschaut, fällt auf, dass die antiproteinurische Wirkung bereits bei sehr niedrigen Dosierungen, die gut vertragen werden, einsetzen, während hohe Dosierungen zu einer nicht so starken Senkung der Proteinurie führen, jedoch die Ödemneigung verstärken. Grund ist vermutlich die Hemmung von ETB-Rezeptoren im Sammelrohr der Niere, wodurch es zu einer Kochsalz- und auch Wasser-Retention in der Niere kommt. Somit muss bei Einsatz dieser Substanz beachtet werden, sie nicht zu hoch zu dosieren und auf den Wasser- und Elektrolyt­haushalt zu achten.

Literatur beim Verfasser
Conflict of Interest: René R. Wenzel hat Beraterhonorare und/oder Vortragshonorare von folgenden Firmen erhalten, die mit in diesem Artikel zitierten Produkten in Verbindung stehen: Abbott, Fresenius, Menarini, MSD, Novartis, Speedel, Takeda