Kriterium: Übergewicht und Insulinresistenz

Insulinresistenz

Auf der Ebene der Insulinresistenz stehen derzeit mit Metformin und Pioglitazon zwei sehr potente Medikamente zur Verfügung. Entsprechend den aktuellen ÖDG-Leitlinien (2009) stellt Metformin die Hauptsäule der oralen antidiabetischen Therapie dar. Metformin aktiviert die AMP-Kinase und bewirkt hauptsächlich eine Reduktion der hepatischen Glukoneogenese. Im Rahmen der UKPDS (Lancet 1998) konnte eine signifikante Reduktion von Myokardinfarkten um 33 % in der Metformin-Gruppe belegt werden. Die Erstzulassung von Metformin erfolgte in Österreich bereits 1962, weswegen dieses Me – dikament kostengünstig und frei verschreibbar ist.
Pioglitazon entfaltet seine Wirkung über den PPAR-_-Rezeptor und bewirkt neben einer deutlichen Zunahme der Insulinsensitivität auch eine positive Veränderung des Lipidprofils. Im Rahmen der PROactive-Studie (Dormandy J. A. et al., Lancet 2005) konnte bei Patienten, welche bereits eine kardiovaskuläre Erkrankung aufwiesen, eine signifikante Reduktion kardiovaskulärer Endpunkte dargestellt werden. Dennoch sind rezente Daten, welche insbesondere bei Frauen eine höhere Frakturrate zeigen (2,6 % unter Glitazontherapie, verglichen mit 1,7 % ohne Glitazontherapie) bei der Therapieentscheidung unbedingt in Erwägung zu ziehen. Weiters ist von einer minimal erhöhten Inzidenz von Harnblasenmalignomen auszugehen. Nach einem Bericht der Europäischen Arzneimittelbehörde (EMA) wurde bei 19 von 12.506 mit Pioglitazon Behandelten im Vergleich zu 7 von 10.212 Patienten ohne Pioglitazon ein Malignom der Harnblase gefunden. Entsprechend einer Stellungnahme der EMA sind diese Nebenwirkun gen zwar zu berücksichtigen, gerade aber bei Patienten mit bereits vorhandener kardiovaskulärer Morbidität überwiegen die positiven, kardiovaskulären Effekte des Medikaments.

 

Körpergewicht

Ein weiteres, wichtiges Kriterium für die Wahl der antidiabetischen Therapie stellt das Gewicht der Patienten dar. Gerade bei übergewichtigen Patienten muss die unter einer antidiabetischen Therapie mit Sulfonylharnstoffen, Pioglitazon oder Insulin mögliche Gewichtszunahme unbedingt berücksichtigt werden. Eine Therapie mit einem DPP-4-Hemmer (Sitagliptin,Vildagliptin, Saxagliptin, Linagliptin), welcher die Inkretinwirkung verlängert, kann aufgrund der Gewichtsneutralität vorteilhaft sein. Kardiovaskuläre Endpunktdaten liegen für diese Therapiekonzept bislang nicht vor. Weiters befinden sich alle Präparate dieser Klasse derzeit in der Gelben Box, eine Verordnung muss daher begründet werden.
Liraglutid und Exenatid sind als GLP-1- Analoga zur subkutanen Applikation verfügbar und gerade bei adipösen Patienten vorteilhaft. Für beide Präparate wurde in zahlreichen Studien zusätzlich zu einer signifikanten HbA1c-Reduktion gleichzeitig eine Reduktion des Gewichts nachgewiesen. Beispielsweise konnte in der LEAD-2 Studie durch Liraglutid (1,2 mg) innerhalb von 26 Wochen eine signifikante Reduktion des Gewichts um 2,6 kg demonstriert werden (Nauck M. Diabetes Care 2009). Da diese Präparate relativ teuer sind, befindet sich Exenatid derzeit (Stand: März 2012) in keiner Box, Liraglutid kann nach einer 2-monatigen Testphase und positivem Therapieansprechen erstattet werden.

ZUSAMMENFASSUNG: Die modernen Therapiekonzepte erlauben uns heute eine bemerkenswerte Individualisierung der antidiabetischen Therapie, bei der die Faktoren Übergewicht und Insulinresistenz sicher die wesentlichste Rolle einnehmen.