Europäischer Kardiologenkongress im Rückblick

Beim Kongress der Europäischen kardiologischen Gesellschaft in Stockholm wurden viele für die Praxis relevante Neuigkeiten präsentiert, einige Themen wollen wir Ihnen in diesem Heft präsentieren.

Therapie der Herzinsuffizienz: Welche Rolle spielt die Mitralklappenrekonstruktion zur Verbesserung der Prognose bei Patienten mit reduzierter systolischer Funktion? Eine Subgruppenanalyse der STICH-Studie versucht, auf diese Frage einige Antworten zu finden. Weiters zeigen mehrere Beiträge, welche Bedeutung einer Herzfrequenzsenkung bei der Behandlung der Herzinsuffizienz zukommt. Betablocker rangieren hier in der ersten Reihe, auch weil sie zusätzlich einen positiven Einfluss auf neurohumorale Vorgänge ausüben. Eine zusätzliche Therapie mit Ivabradin dürfte bei jenen Patienten von Vorteil sein, die Sinusrhythmus haben und bei denen die Betablockertherapie zu keiner zufriedenstellenden Frequenzsenkung führen.

Kardiovaskuläre Erkrankungen in der Schwangerschaft: Es ist zu begrüßen, dass zu dieser schwierigen Frage Leitlinien entwickelt worden sind, obwohl, wie Sie dem Beitrag entnehmen können, prospektive randomisierte Studien fehlen und wir bei unseren Therapieentscheidungen auf Beobachtungsstudien, Fallbeschreibungen und Expertenmeinung angewiesen sind.

Schlaganfallprävention bei Patienten mit Vorhofflimmern: Dabigatran, Rivaroxaban und Apixaban sind neue Antikoagulantien, die sich in Studien als gleich wirksam bzw. sogar sicherer als der Vitamin-K-Antagonist Warfarin erwiesen haben. Ob diese Substanzen in der Praxis die Vitamin-K-Antagonisten bei der Schlaganfallprävention bei Vorhofflimmern ersetzen werden, bleibt abzuwarten. Es ist zu erwarten, dass die Diskussion über Vor- und Nachteile der neuen Antikoagulantien in den kommenden Jahren anhalten wird, und wir werden versuchen, Sie zu dieser wichtigen Frage so ausgewogen wie möglich zu informieren.

Hypertonie-Behandlung: Die renale Sympathikusdenervierung wird in mehreren Beiträgen vorgestellt. Die kurzfristigen Follow-up-Ergebnisse lassen Hoffnung aufkommen, dass diese Behandlung wirksam ist, und wir warten auf Langzeitergebnisse.

Dyslipidämie-Behandlung: Die neuen Leitlinien zur Behandlung der Dyslipidämien werden vorgestellt. Sie scheinen auf den ersten Blick etwas kompliziert, haben aber den großen Vorteil, dass sie den „gesamten Patienten“ samt Ko-Morbiditäten in die therapeutische Entscheidungsfindung einbeziehen und nicht nur Laborbefunde.

Akutes Koronarsyndrom: Durch technische Verbesserungen haben sich im Laufe der letzten 10 Jahre die Stent-Thrombosen deutlich verringert. Die duale Antiplättchen-Therapie ist allerdings weiterhin mit dem Risiko von Blutungskomplikationen behaftet, beim Einsatz von Prasugrel und Ticagrelor sogar etwas mehr als bei Clopidogrel. Es könnte sein, dass eine duale Antiplättchen-Therapie, die nur durch 6 Monate gegeben wird, in Hinblick auf kardiovaskuläre Ereignisse gleich sicher ist wie eine Therapie durch 12 Monate, aber zu weniger Blutungskomplikationen führt. Es bleibt zu hoffen, dass uns Studien, die diese Fragestellung untersuchen, z. B. die ISAR-SAFE-Studie, Antworten auf diese Fragen liefern werden.

Liebe Kolleginnen und Kollegen, ich wünsche Ihnen und Ihren Familien fröhliche Feiertage, Gesundheit und Glück für 2012 – und auch im kommenden Jahr viel Vergnügen (und vielleicht manchmal auch eine Erhellung?) bei der Lektüre des UNIVERSUM INNERE MEDIZIN.

Univ-.Prof. Dr. Claudia Stöllberger