Landläufig versteht man unter ebenjenem „e“ die Abkürzung für „elektronisch“. Das wiederum bedeutet, dass wir uns in einer rein digitalen Welt bewegen. Richtig?
Nein, nicht im Digitaentwicklungsland Deutschland! Aber welche Erwartungen darf man an einen Staat stellen, der nicht einmal ein flächendeckendes Mobilfunknetz auf den Autobahnen zustande bringt (oder Radioempfang im Tunnel)?
OK, ebenjenes e-Rezept spielt sich schon im Digitaläther ab – was die Datenübertragen angeht. Nicht allerdings, wenn es um den Datenträger geht. Während Österreich das nämlich feinsäuberlich mit der e-Card verknüpfen kann, werden die Medikamenteninformationen in Deutschland auf ein Blatt Papier gedruckt.
Ja, Sie haben richtig gelesen. Das e-Rezept ist ein Blatt Papier. Im Unterschied zum „klassischen“ rosa Kassenrezept aber größer, gänzlich farblos (also schwarz/weiß) und es enthält nebst den üblichen Daten auch einen QR-Code.
Denken Sie sich an dieser Stelle bitte ein ehrfurchtsvolles Raunen. Denn dieser QR-Code, der im Fachsprech „Token“ heißt, ist das eigentliche Herzstück der so unelektronisch anmutenden Verschreibung.
Um der Wahrheit zur Ehre zu gereichen: Es besteht auch die Möglichkeit (!), das Rezept tatsächlich digital zu bekommen, und zwar direkt auf das Smartphone. ABER das funktioniert nur, wenn man persönlich bei seiner Krankenkasse vorstellig wird, um das System freischalten zu lassen. Bürokratie at it’s best!
Wie sieht es also in der Praxis aus? Recht unspektakulär, da der Großteil der Hippokrates-Jünger ohnehin kein Interesse an der Ausstellung eines e-Rezepts hat. Die progressiveren Stethoskopschwinger drücken ihren durchwegs verdutzten Patient:innen eben jenen Papierfetzen mit QR-Code in die Hand und verweisen unter bekräftigendem Nicken darauf, dass das in der Apotheke „ganz normal“ funktionieren würde.
Das tut es meist – leider nicht immer. Denn mehrmals kam es bei uns bereits zu dem denktheoretisch unmöglichen Fall, dass dem lieben Herrn Doktor (waren bisher tatsächlich nur Männer) beim Ausstellen ein klitzekleines Fehlerchen unterlaufen ist (z. B. 20 Stk. verschrieben und dazu die PZN der 10-Stk.-Pkg. – ich weiß, wir sind da einfach zu kleinlich). Und dann kommt der Moment, in dem man sich zum guten alten Papierrezept zurücksehnt, wo man das ärztliche Versehen mit einem kurzen Vermerk auf dem Papier erklären konnte.
Das geht jetzt trotz Papierform nicht mehr. Der ausgedruckte Token (mit Begleittext) wird nämlich nach dem Einlesen in das System verworfen. Sammeln und Einschicken zur Abrechnung war einmal.
Insofern kann man sagen, dass das e-Rezept zumindest einen Teil seines Daseins tatsächlich in rein digitaler Form zubringt. Der beginnt halt erst dort, wo man dem Fortschritt zumindest etwas gewogener scheint als an anderen Stellen: in der Apotheke.