Deutschland-Österreich 2:0

Es gibt diese Definition von Fußball: „90 Minuten laufen 20 Spieler einem Ball nach und am Ende gewinnt Deutschland“.

So ähnlich gestaltet sich gerade die Apothekenwelt. Während die Österreichische Apothekerkammer sehr viel Energie und wirklich viel Qualität in die Vorbereitung für eine mögliche Durchführung von Impfungen und Medikationsmanagement steckt, es aber nicht als vergütete Leistung in die Offizin bringt, ist den Deutschen dieses Kunststück soeben gelungen.

Dunkel-graue Theorie

Erst kam die freudvolle Nachricht, dass nun bundesweit in den Apotheken geimpft werden kann. Vorerst nur Corona. Aber mal ehrlich: wenn wir diese komischen COVID-Impfstoffe beherrschen, kann doch eine Grippe-Impfungs-Fertigjaukerl nur ein Klacks sein, oder?

Da sind wir auch schon bei einem der großen deutschen Probleme – wobei ich jetzt natürlich nur von meinen Erfahrungen sprechen kann. Meine (damals noch Grippe) Impf-Ausbildung war zwar in Präsenz, aber eigentlich nur Theorie. Ich habe genau eine fertig aufgezogene Kochsalzspritze in den Nachbararm versenkt. Und das war´s. Für COVID gab es eine Online-Nachschulung, in der zwar ganz viel über Corona, aber nichts über den Umgang mit den Vials und die Vorbereitung der Spritzen gesagt bzw. gezeigt wurde. Ich darf jetzt also ganz offiziell gegen Corona impfen, würde aber in der Praxis aktuell kläglich scheitern.

Beratung gegen Honorar

Ähnlich verhält es sich mit dem zweiten Treffer für das deutsche Apothekenteam.

Ab sofort gibt es fünf sogenannte „pharmazeutische Dienstleistungen“, die von den Patienten ohne ärztliche Verordnung in der Apotheke in Anspruch genommen werden können – und die der Apotheke vergütet werden.

Diese sind (in gekürztem Wortlaut):

  1. Erweiterte Medikationsberatung bei Polymedikation (vulgo „Medikationsmanagement“)
  2. Pharmazeutische Betreuung nach Organtransplantation
  3. Pharmazeutische Betreuung unter oraler Antitumortherapie
  4. Standardisierte Risikoerfassung bei Bluthochdruck-Patienten
  5. Üben von Inhalationstechniken

Die Punkte 4 und 5 können von jedem pharmazeutischen Mitarbeiter durchgeführt werden und bedürfen keiner gesonderten Voraussetzungen.
Die Punkte 1-3 obliegen den Apothekern und das auch nur nach spezieller Schulung.

First2know … oder nicht

Jetzt gehöre ich zu dieser übereifrigen Spezies, die immer vorne dabei sein möchte, wenn es was Neues gibt, und ich war daher auch eine der ersten Teilnehmerinnen an dem vorgeschriebenen Pflichtseminar für das Medikationsmanagement. Ein ganz klein wenig habe ich an diesem Bereich bereits in Österreich gekratzt – aber zugegeben: wirklich überschaubar. Deshalb war ich auch einigermaßen überrascht, dass dieses doch extrem komplexe Thema in einem eintägigen 8 h-Webinar abgefrühstückt werden sollte.

Noch überraschter war ich aber im Verlauf des Schulungstages: denn da wurde nicht das Medikationsmanagement an sich nähergebracht, sondern der Umgang mit Patienten, Ärzten (eigenes Thema, kommt im nächsten Beitrag) und den bürokratischen Hürden. Den Medikamentenabgleich selbst macht dann der Computer und der Apotheker mit Ausdrucken des Beipacktexts … oder so ähnlich.

Meine lieben österreichischen Kolleg:innen: das können Sie ziemlich sicher besser als ich, wenn Sie ein MM-Seminar der Kammer besucht haben. Und ich darf es jetzt auf Kassenkosten abrechnen.

Man sieht, wie sehr der Fußball das Leben widerspiegelt: nicht die bessere Mannschaft gewinnt, sondern die, die die Tore schießt.

Wie lukrativ diese Dienstleistungen tatsächlich sind, mit welcher Begeisterung sich die Kolleg:innenschaft der neuen Möglichkeiten bedient und welch freundlicher Ton von der Ärzteschaft geblasen wird, erläutere ich Ihnen das nächste Mal.