Sie werden jetzt vermutlich überrascht sein, aber dieses Mal gibt es KEIN Corona-Thema in meiner Kolumne. Ich musste nämlich letztes Wochenende eine schreckliche Entdeckung machen: Ich beginne, mich einzudeutschen!
Vor ganz Kurzem zog es mich aus privat-beruflichem Behufe nach langer Abstinenz endlich einmal wieder für ein paar Tage in meine ostösterreichische Heimat. Und bereits im Flugzeug des rot-weiß-roten Himmelstransporteurs schlug mein germanisches Neo-Ich durch. Die freundliche Flugbegleiterin verkündete nämlich, dass man im Bordbistro mit Kreditkarte oder österreichischen wie deutschen Bankomatkarten zahlen kann. Sie sind jetzt vermutlich eher irritiert, dass es bei Austrian keine Gratisgetränke mehr gibt (war ich nicht wirklich, ist mir bei einem einstündigen Flug relativ egal – noch dazu in Maskenpflichtzeiten), mich hingegen hat der Begriff „Bankomatkarte“ konsterniert. Wir in Deutschland (oh Gott, es kommt schon wieder durch!) kennen keinen Bankomat. Der Deutsche zahlt mit EC-Karte. Im Übrigen behebt man Geld lediglich beim EC-Gerät der Hausbank. Bei allen anderen Terminals wird nämlich eine Bearbeitungsgebühr fällig – aber das nur am Rande.
Schockerlebnis Nummer 2 ereilte mich im Taxi Richtung Wien Innenstadt (sehen Sie mir diesen kleinen Luxus bitte nach bei 38 Grad im Baumschatten unter FFP2-Maske). Der redselige Fahrer fühlte sich nämlich bemüßigt, beim Hinweis auf meinen beruflichen Background gleich mal pauschal auf die reichen Apotheker zu schimpfen. Und was war meine Reaktion? „Bei uns in Deutschland ist das nicht so …“. Ehe Sie mich und meine Kolumne ab sofort in die ewige Verdamnis schicken, möchte ich schnell klarstellen, dass ich unmittelbar nach meiner Erstreaktion auch auf den schweren Stand der Apotheker in Ö hingewiesen habe! Was meinem Uberaner allerdings ziemlich egal war …
Identitätskrise Nummer 3 kam eher unbemerkt und schlich sich subtil in diverse Gespräche. Nicht nur, dass ich mich dem deutschen Land mittlerweile heimatlich verbunden fühle, habe ich doch tatsächlich die ehemals von mir massiv verhassten Sprachgebräuche angenommen. Betrete ich einen Raum (mit Fremden!), sage ich: „Hallo“. Verabschiede ich mich, kommt ein „Tschüs“ über meine Lippen. Dabei weiß ich noch ganz genau, wie ich meine Kollegen in meiner Anfangszeit im Schwabenland dafür gemaßregelt habe, dass das unheimlich unhöflich wäre. Darüber hinaus „laufe“ ich mittlerweile, ohne tatsächlich meine Füße schneller zu bewegen, „schaffe“ anstelle zu arbeiten, wenn es hält, dann „hebt“ es und die Kleidung klebt nicht mehr an mir, sondern sie „peppt“.
Tja, was 5 Jahre im Ausland so mit einem anstellen … Ich habe jedenfalls fest beschlossen, zukünftig wieder öfter nach Österreich zu kommen, um nicht komplett zum Germanen zu morphen.