Ein kleiner Stich für den Apotheker – ein großer Stich für die Apothekerschaft…?

Ich gebe es zu: Ich war nervös. Eigentlich sogar supernervös. Und ganz eigentlich fühlte ich mich auch nicht wirklich gut vorbereitet. Was vermutlich Schuld war an meiner Supernervosität. Denn – ich verrate Ihnen ein Geheimnis – ich bin ein Planungspedant. Sowohl, was mein Berufs-, aber auch was mein Privatleben betrifft. Also gut, im Urlaub lasse ich mich auch gerne mal durch die Straßen treibe. Aber welche Straßen das sind, wurde vorher eingehend in Internet und Reiseführer recherchiert. Und wenn ich einen Vortrag vorbereite, beginne ich mindestens 2 Monate vor Veranstaltungstermin, mich in jeden Schnipsel zu vertiefen, der mir zum aktuellen Thema unter die Nase kommt.

Theorie vs Praxis

Jetzt stand ich da mit 2 Stunden Onlineschulung über Viren, 8 Stunden Präsenzseminar über Impfungen im eher Allgemeinen und einem einzigen Stich mit Kochsalzlösung in den Arm einer Ausbildungskollegin. Noch nicht einmal dem Arm einer Kollegin aus meiner Apotheke. Als ich die Ausbildung zum Impfapotheker anging, war die kollegiale Begeisterung über das Thema an sich zwar groß, aber selber machen… nein, doch lieber nicht!

Wie das mit dem Impfen in der Praxis genau aussehen sollte – vor allem was die Impfstoffbestellung, Patientenaufklärung, versicherungsrechtliche Fragen und Abrechnung anging – wollte man in einem weiteren Webinar erklären. Da ging dann aber just jenes Programm nicht, mit dem die Impfwilligen erfasst werden sollten. Super. Man würde ein alleserklärendes Startpaket bekommen, sobald man sich als Impfapotheke registriert hat. Ganz toll. Wäre schön, zu wissen, wie der Hase läuft, bevor man sich für irgendwas verpflichtend anmeldet.

Auf Impf-Herbergsuche

Mein Chef nahm mir dann die Entscheidung ab. Bei uns in der Apotheke wird nicht geimpft, weil wir Probleme mit den Ärzten bekommen könnten. Könnten! Konjunktiv! Tatsächlich gesprochen wurde nämlich mit keinem der werten Doctores. Aber wenn der Chef nicht will, hilft alles nichts…

So ungenau die Informationen von Kammerseite waren, so dringend wollte ich aber Impfapotheker werden. Und zwar nicht nur in der Theorie, sondern auch in der Praxis. Ich sehe das Impfen als große Zukunftschance für uns Apotheken und ich habe nicht nur diesen pedantischen Hang zur guten Vorbereitung, sondern auch einen unermesslichen Pioniergeist. Wann immer es etwas Neues auszuprobieren gilt, stehe ich in der ersten Reihe. Nicht nur, aber vor allem bei Dingen, die meinen Beruf betreffen.

So kam es also, dass ich auf Impfapotheken-Herbergsuche ging… und bei einer Bekannten, in deren Center-Apotheke ich bisweilen als Personal-Feuerwehr zum Noteinsatz komme, offene Türen vorfand. Sie selbst hatte sich bis zu dem Zeitpunkt noch gar nicht mit dem Thema Apothekenimpfen auseinandergesetzt, fand die Idee aber grundsätzlich gut und war bereit, mit mir eine Art Impf-Joint-Venture einzugehen: Sie stellt die Infrastruktur, kümmert sich um Impfstoffe und rechtliche Belange, ich bringe mein Impfdiplom und die Arbeitskraft ein.

Countdown zum 1. Stich

Wir haben uns als Anfang auf 2 Stunden Samstag nachmittags verständigt und wollten Ende Oktober mit dem Testlauf beginnen. Ich war unglaublich stolz (und bin es ehrlich gesagt noch immer), ein Apotheken-Impf-Pionier zu sein und habe fleißig mit den mir zur Verfügung stehenden Mitteln die Werbetrommel gerührt. Ich erwähnte ja bereits in dieser Kolumne an früherer Stelle, dass das Impfangebot derzeit nur regional und nur für eine recht beschränkte Personengruppe zugänglich ist. Deshalb war die Befürchtung durchaus angebracht, dass vielleicht gar niemand zum Impfen kommen würde. Weil ich aber eben unbedingt den ictus primus setzen wollte, traf ich mit der Apothekenchefin die Vereinbarung, dass sie mich nur je geleisteter Impfung entlohnen müsste.

Und dann war er da, der Tag X! Nach 5 Stunden regulärem Taradienst fuhr ich in meine Impfherbergsapotheke und war – jawohl: supernervös!

Wie dann mein allererster Pieks tatsächlich verlief, lesen Sie in der nächsten Kolumne…