Über die Normgrößen und germanischen Mega-Pulverl-Packs habe ich an dieser Stelle bereits vor Jahren berichtet. Kleine Auffrischung: Dauertherapie erhält man in der Regel in der 3-Monats-Version. Das heißt, Blutdrucksenker und PPI gibt’s mit 100 Stück, Metformin sogar mit 180 und auch bei den Schmerzmitteln mag man nicht kleckern. Ibus bekommt man auch in der 100-Stück-Variante und Novaminsulfon immerhin noch mit 50 Pillen pro Packung oder 100 ml im Flascherl.
Da sollte man doch meinen, dass der gemeine Germane damit für eine ganze Zeit gut versorgt ist, oder? Ha – falsch gedacht! Denn was macht der Patient in Zeiten von Medikamentenknappheit? Nein, er kommt nicht nach zwei Monaten mit einem neuen Rezept (also zu einem Zeitpunkt, an dem er immer noch für ganze 4 Wochen gut medikamentös versorgt sein sollte), sondern er hamstert.
Und das mit ärztlicher Unterstützung. Immer öfter flattern bei uns Rezepte über die Tara, die den Bedarf für ein halbes Jahr oder länger gewährleisten.
Jetzt muss man sagen, dass es solche Fälle hier in Deutschland schon immer gab. Das waren dann aber Pensionisten ausländischer Provenienz, die in den 1960ern und 1970ern als Gastarbeitende nach Deutschland gekommen waren, ihren Lebensabend aber gerne wieder in ihrer Heimat verbringen möchten und bei den raren Besuchen ihrer Nachkommen einen größeren Medikamentenbedarf mitnehmen – durchaus zu Recht, wie ich finde.
Ich spreche jetzt von den „Mittelalten“, die mit 2-mal 100 Stück Amlodipin und 2-mal 100 Stück Pantoprazol die Apotheke verlassen. Extrakrux an der Sache: Das mehr als seltsame deutsche Rezeptgebührensystem führt dazu, dass man derartige Megamengen auch als Gebührenpflichtiger unter Umständen für null Euro nach Hause bugsieren kann.
Unsere Apotheke betreut ein Pflegeheim. Grundsätzlich ist unser Liefertag der Dienstag, tatsächlich muss unser Bote aber jeden Tag das eine oder andere Päckchen für Bewohner vorbeibringen. Was ich sagen will: Es gibt hier eine sehr umfassende Versorgung. Und trotzdem werden von den Ärzten oft 4-mal 50 Stück Novaminsulfon auf einem Rezept verordnet. Muss man nicht verstehen, oder?
In diesem Licht war die Empfehlung des Ärztekammerpräsidenten, bei Medikamentenknappheit einmal beim Nachbarn nachzufragen, vielleicht doch keine so schlechte. Denn ich möchte nicht wissen, was sich da so alles in den deutschen Medikamentenschränken im Überfluss findet.