Vom Darm zum Semi-Colon

Wie Sie, werte Leserin, geschätzter Leser, bestimmt schon bemerkt haben, schreibe ich die Beiträge für meine kleine, feine Kolumne hier gerne anlassbezogen.

Der aktuelle Anlass liegt nur wenige Stunden zurück. Da befand ich mich zu Schulungszwecken in einem Seniorenheim, dessen Bewohner von uns mit Medikamenten versorgt werden. Die deutsche Rechtslage sieht vor, dass das Pflegepersonal einmal jährlich eine Pflichtschulung durch einen Apotheker zu absolvieren hat. Das Thema ist dabei recht frei wählbar. Nachdem letztes Jahr von Seiten des Heims das eher sperrige Thema „Psychopharmaka“ gewünscht war, durfte sich dieses Jahr die Referentin (die zufällig ident mit der Verfasserin dieser Zeilen ist) mit dem Vorschlag „Verdauung in Balance“ durchsetzen. Es ging also um die griffigen Beschwerden „Durchfall“ und „Verdauung“ mit einem gewaltigen Sidestep in die Welt der Probiotika.

Soletti, Tesa, Cappy und Co.

Das aber eigentlich nur als Randinformation. Der eigentliche Anlass meines kleinen Aufsatzes ist nämlich der Moment, als ich auf den Durchfallbehandlungsmythos „Cola und Soletti“ zu sprechen kam, und zwar mit genau diesem Wortlaut. Ich witzelte noch ein bisschen darüber, dass Cola besser als Rohrreiniger denn als „Darmrohr“-Stopfer eingesetzt werden kann und wunderte mich, dass nicht mal das kleinste Schmunzeln im Auditorium abzustauben war. Erst bei der erneuten Erwähnung der vermeintlichen Traditionsdiät fiel mir gerade noch an der Stelle „Cola und“ ein, dass es nicht „Soletti“, sondern „Salzstangen“ heißen muss. Und ganz plötzlich waren die Mundwinkel der Zuhörer wieder oben.

In anderen Fachgebieten, wo ein bestimmtes Fabrikat als pars pro toto für die gesamte Produktgruppe steht, bin ich mittlerweile sattelfester. „Tixo“ heißt „Tesa“, „Cappy“ schlicht „O-Saft“ und „Uhu“ bestenfalls „Pritt“ oder unoriginell „Klebestift“. Dafür gibt es in Deutschland umgekehrt keine Taschentücher, sondern ausschließlich „Tempos“, und das gemeine Wattestäbchen wird neudeutsch als „Q-Tip“ bezeichnet.

Semi komma kolon

Es ist aber nicht nur die Produktbezeichnung, die mir gemeine deutschländische Knüppel zwischen meine Ösi-Beinchen wirft. Auch die Germanistik an sich, die ich seit meines Deutsch-Matura-(also Abi-)Einsers als eine wirklich gute Freundin wähnte, wandte sich schon gegen mich.

Vor noch nicht allzu langer Zeit korrigierte ich den Text einer Kollegin und meinte, dass da ein Beistrich fehle. Seither weiß ich, dass der Deutsche keinen „Beistrich“ setzt, sondern ein „Komma“. Wirklich lustig war aber jenes Erlebnis, als ich an einer anderen Stelle einen „Strichpunkt“ setzen wollte. Die Kollegin sah mich fragend an, dann tippte sie Folgendes in den Computer „ – .“, also Gedankenstrich und Punkt. Danach sah sie mich mit einer Mischung aus Unverständnis, was ich da von ihr will, und großer Freude, dass sie es wohl doch rausbekam, an. Also, für alle, die einmal einen deutschen Text mit Strichpunkt diktieren möchten: Merken Sie sich den Begriff Semikolon! Das könnte Ihnen einen mittelgroßen Lachkrampf ersparen.