Der Gynäkologe Dr. Sebastian Pagitsch und seine Frau, Allgemeinmedizinerin Dr. Warumporn Limuntachai, haben in Salzburg Stadt gemeinsam eine Ordination eröffnet. Über Stolpersteine und Finanzierungsfragen erzählt er im Gespräch mit nextdoc.
Wenn Sie heute noch einmal zurückblicken – war der Schritt in die Selbstständigkeit der richtige?
Weit muss ich da nicht zurückblicken, denn meine Frau und ich haben uns erst vor Kurzem entschlossen zu gründen und hatten schon sehr bald nach dem Turnus die Chance dazu bekommen. Meine Frau wollte nicht mehr länger im Spital bleiben und hat die Gelegenheit der freien Kassenplanstelle kurzerhand beim Schopf gepackt. Sie ist Allgemeinmedizinerin mit Kassenvertrag. Wir haben in Salzburg Stadt eine gemeinsame Ordination. Ich selbst bin Gynäkologe mit einer Kassen- und Wahlarztordination. Mir hat die Arbeit im Spital schon Spaß gemacht, aber als Facharzt, der nicht in der Forschung tätig ist, gibt es an einem Uniklinikum irgendwann keine Perspektive mehr. Für mich war das daher kein guter Platz, um „alt“ zu werden.
Ich war für die Kassenplanstelle der einzige Bewerber, insofern war es dann nicht schwierig, die Stelle auch zu bekommen. Der Schritt in die Selbstständigkeit hatte zudem einen einfachen Grund: Ich arbeite weniger und verdiene das Gleiche wie im Spital. Zudem habe ich keine Nacht- oder Wochenenddienste. Die Kassenplanstelle erfordert 20 Wochenstunden, dazu kommt natürlich noch eine Reihe von Stunden, die man als selbstständiger Arzt mitkalkulieren muss – für Administratives oder Finanzen. Aber insgesamt ist die Work-Life-Balance nicht vergleichbar mit der im Spitalsdienst.
Wer waren für Sie wichtige Partner für die Praxisgründung?
Die wichtigste Person war ein Kollege, der selbst zwei Hausarztordinationen gegründet hat und mir immer mit Rat und Tat zur Seite steht. Und noch viel wichtiger: Er hat mich auch immer ermutigt, diesen Schritt zu gehen. Das war gerade am Anfang wichtig, denn ich konnte nicht auf einem Patientenstock oder einer Übernahme aufbauen, also stand ich sozusagen bei null.
Besondere Unterstützung kam natürlich vom Steuerberater, der uns viel von unseren Existenzängsten vorweg nehmen konnte. Aus seiner Branchenerfahrung war bald klar, dass es eine gewisse Anlaufzeit benötigt, bis die Ordination auch auf wirtschaftlich tragfähigen Beinen steht. Diese Zeit war aber mit drei bis vier Monaten überschaubar. Die wichtigste Frage war: „Brauche ich einen Kredit, um mein Leben finanzieren zu können, und wenn ja, wie lange brauche ich diese Finanzierung, bis die Ordination läuft?“
Und damit sind wir beim dritten wichtigen Partner bei der Praxisgründung: der Bank. Hier hatte ich schon während des Turnus gute Beziehungen geknüpft, das hat sich jetzt bezahlt gemacht.
Sie haben vermutlich eine Reihe von Planrechnungen gemacht. Haben sich diese Vorhersagen erfüllt?
Das kann ich noch nicht so genau sagen, denn ich habe erst am 1. Juli eröffnet. Da ist der Beobachtungszeitraum wohl noch zu knapp. Meine Frau ist seit einem Jahr selbstständig und dort haben die Berechnungen um +/- 5 Prozent gestimmt. Es war wie vorhergesagt ein langsamer Start, aber in den ersten Monaten ist die Kurve steil angestiegen und nach etwa einem Jahr ist der Terminkalender meiner Frau jetzt komplett voll.
Wenn Sie an die Praxisgründung denken, wie waren Ihre ersten Überlegungen zur Finanzierung?
Ehrlich gesagt, das war einfach, denn ich habe eine sehr günstige Praxis. Vieles davon hat meine Frau bei ihrem Start angeschafft und ich konnte mich anhängen. Das hat natürlich einiges leichter gemacht. Sie hat einen Kredit von 110.000 Euro benötigt, mein gynspezifisches Update in der gemeinsamen Ordination hat dann noch einmal 75.000 Euro erfordert. Das ist für eine Facharztordination vergleichsweise günstig.
Wie sind Sie bei der Auswahl von Lieferanten und Dienstleistern vorgegangen?
Auch hier muss ich ehrlich sein: Ich hatte einen Generalanbieter, bei dem ich alles eingekauft habe. Das war eine sehr gute Entscheidung, denn für die COVID-Wirtschaftsförderung gibt es jetzt genau eine Rechnung, die ich einreichen muss. Das spart enorm viel Arbeit und Zeitaufwand. Zudem weiß ich, wenn ich etwas brauche, habe ich auch einen Ansprechpartner. Das ist genauso wie bei einer Bank: Da möchte ich auch nur einen Ansprechpartner haben, der meine Situation kennt und dem ich vertrauen kann.
Wie haben Sie sich in die vielen Finanzfragen, die bei der Praxisgründung auftauchen, eingearbeitet?
Ich habe ein Praxisgründungsseminar gemacht und nutze den Praxisgründungsrechner. Der Vorteil ist, dass man mit diesen Zahlen spielen kann. „Was wäre, wenn …“ mit ein paar Mausklicks durchzuspielen bringt sehr viele „Aha-Erlebnisse“. Gleichzeitig hat man eine Checkliste an der Hand, welche Finanzposten überhaupt zu berücksichtigen sind. Das heißt, man übersieht kaum etwas. Das ist für Jungunternehmer, die Medizin studiert haben, besonders wichtig, denn genau genommen wissen wir von dieser Finanzwelt, in der sich ein Gründer wiederfindet, nicht viel.
Welche Kosten kommen auf einen Praxisgründer zu und an welche Kosten hätten Sie vielleicht überhaupt nicht gedacht?
Überraschungen gab es nicht, weil der Praxisgründungsrechner in wenigen Schritten und doch sehr umfangreich berechnet, wie der Erfolg der Praxis aussehen könnte. Das Tool ist kostenfrei, daher kann man gut damit üben und viele Varianten durchspielen. Am Ende des Prozesses werden die Daten übersichtlich in einem Dokument zusammengestellt.
Vorsichtiger wäre ich heute bei IT-Themen wie zum Beispiel Telefon oder Terminplanungstools, wo es oft mit den Anschaffungspreisen nicht getan ist und die laufenden Gebühren dann doch noch einmal ins Gewicht fallen.
Welche drei Tipps haben Sie für Gründer?
- Gründen Sie lieber früher als später und warten Sie nicht!
- Scheuen Sie die Kosten nicht – alles geht irgendwie!
- Rechnen Sie nicht damit, dass es im ersten Monat einen Lohnzettel und ein fixes Gehalt gibt! Man weiß gerade im ersten Jahr nicht so genau, was tatsächlich übrigbleibt, und das Geld am Konto ist nicht immer das Einkommen!
Redaktion: Renate Haiden
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