Unsere Gesundheit im internationalen Vergleich

Bei der Lebenserwartung liegt Österreich weit über dem OECD-Schnitt. Das klingt gut, muss aber auch gleich wieder relativiert werden. Denn bei den Frauen liegen die Schweiz, Italien, Spanien und Japan vor uns, und bei den Männern gibt es insgesamt 13 Länder, die eine längere Lebenserwartung aufweisen.
In Österreich geben 69,4% der Bevölkerung an, bei guter Gesundheit zu sein. Das liegt knapp über dem EU-Schnitt von 69% (Frauen: 67,6%, Männer: 71,3%).
Einen großen Unterschied macht der soziale Status aus: Personen mit niedrigerem Einkommen fühlen sich viel häufiger krank. Sie haben auch mehr mit Krankheiten zu kämpfen, was sich in der kürzeren Lebenserwartung deutlich widerspiegelt.

Ess-, Trink- und Rauchverhalten

Beim Rauchverhalten ist Österreich unter den 15-Jährigen unrühmlicher Spitzenreiter. Nicht viel besser schaut es beim Alkoholkonsum aus: Mit fast 30% liegen hier die österreichischen 15-Jährigen über dem OECD-Schnitt. Fast 40% der heimischen Youngsters waren schon mindestens zweimal in ihrem Leben betrunken. Und auch beim Übergewicht liegen die österreichischen 15-Jährigen, was den Anstieg des Übergewichts seit 2000 betrifft, über dem OECD-Schnitt.
Zwar essen unsere Jugendlichen täglich etwas häufiger Obst, als dies im OECD-Schnitt gemacht wird. Beim täglichen Gemüsekonsum unter den Jugendlichen sind wir bei den Burschen aber wiederum Schlusslicht, und bei den Mädchen liegen nur Ungarn und Estland hinter uns.
Ein kleiner Hoffnungsschimmer: Mit elf Jahren machen sowohl Burschen als auch Mädchen in Österreich überdurchschnittlich viel Bewegung (unsere Mädchen sind die Nummer eins in den OECD-Ländern). In den Jahren darauf scheint sich das aber wieder zu wandeln, denn: Bereits vier Jahre später, also im Alter von 15 Jahren, liegen Mädchen und Burschen nur mehr im unteren OECD-Mittelfeld, was die körperliche Aktivität betrifft. Hier gibt es also offensichtlichen Nachbesserungsbedarf in den Schulen.
Was den Anstieg des Übergewichtes bei Erwachsenen betrifft, liegt Österreich – im Vergleich – überdurchschnittlich gut. Allerdings beobachten wir auch in Österreich, wie in allen anderen OECD-Staaten, einen Anstieg des Körpergewichts. Man kann das auch so ausdrücken: Österreich wird dicker, aber nicht so rasant, wie die anderen Staaten. Na ja!

Die Crux mit den Zahlen

Zahlen sind dehnbar. Das merkt man, wenn man die die Zahl der Ärztinnen und Ärzte, gemessen an der Bevölkerung, betrachtet – gemeinhin ein Indikator für die Effizienz eines Gesundheitssystems. Hier liegt Österreich mit 4,8 Ärztinnen und Ärzten pro Tausend Einwohner nämlich im Spitzenfeld.
Zahlen sind tückisch, denn: Auf die Versorgungswirksamkeit wurde dabei nicht abgestimmt. In Österreich arbeiten immer mehr teilbeschäftigte Ärztinnen und Ärzte, und der Anteil der Frauen ist während der vergangenen Jahre stark gestiegen.
Zahlen sind irreführend, denn: Bei der Altersverteilung liegt Österreich wieder einmal relativ gut. Nur 23% der heimischen Ärztinnen und Ärzte sind über 55 Jahre alt. Das ist viel besser als im OECD-Schnitt. Aber auch das ist zu relativieren, denn die Zahl der Ärztinnen und Ärzte zwischen 50 und 60 Jahren ist auch in Österreich wesentlich höher ist als die Zahl der nachkommenden jüngeren Kolleginnen und Kollegen. Mit anderen Worten: Wir sonnen uns in einer scheinbaren Sicherheit, aber die Pensionierungswelle kommt, und mit ihr ein Ärztemangel, der auf längere Sicht negative Auswirkungen auf die Gesundheitsversorgung in Österreich haben wird.

Wir brauchen mehr Pflegebetten

Bei den Krankenhausbetten pro Einwohner liegen wir gut; nur Russland, Korea, Japan und Deutschland rangieren da vor uns. Gleichzeitig verfügen wir aber über relativ wenig Pflegebetten. Das führt zu dem unerträglichen Zustand, dass – nicht zuletzt aufgrund der Co-Finanzierung durch die Krankenkassen – viele Patienten, die eigentlich Pflege benötigten, in Akutbetten liegen.
Auch werden Eingriffe, die international ambulant durchgeführt werden (Beispiel: Kataraktoperationen), bei uns überdurchschnittlich oft stationär erledigt. Ähnlich verhält es sich mit den Therapien von COPD-Patienten und Diabetes. Der Hauptgrund dürfte in der Verfügbarkeit der Betten und den fehlenden finanziellen Anreizen für ambulante Eingriffe liegen.

Stagnierende Gesundheitsausgaben

Bei den Ausgaben für Gesundheit pro Einwohner liegt Österreich zwar weit über dem OECD-Schnitt, allerdings hinter den USA, Schweiz, Norwegen und Holland. Die Ausgabensteigerung ist in Österreich niedriger als im OECD-Schnitt. Sie lag von 2000–2009 bei 2,2%, in den Jahren 2009–2011 bei 0,2%. Die Ausgaben für Gesundheit sind bei uns während der vergangenen 14 Jahre also nicht explodiert, sondern, ganz im Gegenteil, sie stagnieren seit 2009 und steigen kaum stärker als die Inflation. Bei den Ausgaben, gemessen am Bruttoinlandsprodukt, liegen wir zwar mit 10,8% deutlich über dem OECD-Schnitt, aber: Weit mehr geben die USA (17,7%), Holland (11,9%), Frankreich (11,6%), Deutschland (11,3%), Kanada (11,2%), die Schweiz (11,0%) und Dänemark (10,9%) aus.
Die stationären Kosten liegen mit anteiligen 36% – im Vergleich zu den ambulanten Kosten mit 28% – international im Spitzenfeld. Dafür geben wir mit lediglich 6% extrem wenig für die Pflege aus.
Beim Rückgang der Ausgaben für Medikamente (2009 zu 2010: minus 0,5%) liegen wir schlechter als der europäische Durchschnitt.

Das Fazit

Österreich hat bereits heute mehr über 65-jährige Einwohner und mehr über 80-jährige Einwohner als der OECD-Schnitt. Das wird sich vermutlich auch in den kommenden Jahren nicht verbessern, ganz im Gegenteil: Der Anteil an älteren Menschen wird in Österreich auch in den nächsten Jahren weiter steigen.
Bei den zu erwartenden gesunden Lebensjahren im Alter von 65 Jahren liegen wir hinter dem OECD-Schnitt. Beim Anteil an Pflegekräften sind wir weit hinter dem OECD-Schnitt. Auch haben wir weit weniger Pflegebetten als der Durchschnitt der OECD-Länder.
Ähnlich verhält es sich mit den Ausgaben für Pflege (1,2 vs. 1,6% Anteil am Bruttoinlandsprodukt). Weiters steigen die öffentlichen Ausgaben für Pflege in Österreich deutlich weniger als im OECD-Schnitt.
Damit wird evident, dass die Ausgaben für Pflege in Österreich nicht mit der hohen Zahl alter Menschen korrelieren. Das aber ist eine tickende Zeitbombe.
Die aktuellen Zahlen liegen also am Tisch. Die Politik kann nicht mehr behaupten, von nichts gewusst zu haben.
Wir werden sehr genau beobachten, welche Schritte die zukünftige Regierung setzt, um diesen Fehlentwicklungen gegenzusteuern.
Die Ausgabensteigerung lag in Österreich von 2000–2009 bei 2,2%, in den Jahren 2009–2011 bei 0,2%
Die stationären Kosten (36%) liegen in Österreich im Vergleich zu den ambulanten Kosten (28%) international im Spitzenfeld.