Tumore besser verstehen

„Jeder Tumor ist anders. Diese Heterogenität erfordert eine personalisierte individuelle Diagnose. Wir wollen in einem möglichst frühen Stadium der Krebserkrankung in der Lage sein, den Tumor zu charakterisieren, seine Aggressivität zu beurteilen und zu erkennen, ob er Metastasen gebildet hat. Je besser wir einen Tumor verstehen, desto gezielter kann die Therapie gesteuert werden“, so Dr. Markus Mitterhauser, Leiter des Ludwig Boltzmann Instituts Applied Diagnostics, das im Mai 2017 offiziell eröffnet wurde. Gearbeitet wird hier aber bereits seit dem Herbst des Vorjahres, und zwar speziell an der Diagnose von Prostatakrebs und Dickdarmkrebs. Das Institut wurde von der Ludwig Boltzmann Gesellschaft GmbH zusammen mit der Medizinischen Universität Wien, GE Healthcare Ltd. (GB), Unternehmen der Molecular Diagnostic Group (D), Hermes Medical Solutions AB (S), IASON GmbH (A) und Oncotest GmbH (D) gegründet. Inzwischen wurden am Institut die vier Forschungsgruppen eingerichtet und die ersten Projekte gestartet. Insgesamt arbeiten hier 15 internationale Wissenschaftler aus den Fachgebieten Molekularbiologie, Chemie, Medizin und Gesundheitsökonomie.

Duale Biomarker im Visier

Die Teams am LBI Applied Diagnostics erforschen den Einsatz von dualen Biomarkern für die Diagnose von Prostata- und Kolonkarzinomen. Duale Biomarker kombinieren zwei wichtige Technologien zur Krebsdiagnose: molekularbiologische Tumordiagnostik (Liquid Biopsy) und molekulare Bildgebung mittels Nuklearmedizin und Radiopharmaka. „Wir sind weltweit die Ersten, die speziell zum Thema duale Biomarker forschen, und versprechen uns von unserer Forschungsarbeit ein besseres Verständnis der Tumore und dadurch eine viel genauere Diagnostik“, freut sich Mitterhauser.
Mit Liquid Biopsy können bösartige genetische und biochemische Veränderungen in Tumoren anhand von Tumor-DNA oder zirkulierenden Tumorzellen im Blut erkannt werden. Sieht man sich diese Veränderungen der Tumor-DNA in den Blutproben genau an, können Rückschlüsse auf die Art des Tumors gezogen werden und die Aggressivität des Tumors kann beurteilt werden. „Mit Liquid Biopsy werden den Patienten schmerzhafte Gewebebiopsien erspart. Daher arbeiten wir daran, langfristig die Anzahl an invasiven Biopsien durch Liquid Biopsy vermindern können“, erklärt Molekularbiologin Dr. Gerda Egger, stellvertretende Institutsleiterin und Leiterin der Forschungsgruppe Molekularpathologie. Aus den Ergebnissen der Liquid Biopsy werden die Informationen gewonnen, mit denen das richtige Radiopharmakon für jeden Menschen identifiziert und hergestellt werden kann. Die molekulare Bildgebung mittels nuklearmedizinischer Methoden ist der zweite Schritt beim Einsatz von dualen Biomarkern. Radiopharmaka, also radioaktive Arzneimittel, dienen dazu, die molekularen Veränderungen in bösartigem Gewebe darzustellen und zu Bildern zu machen.