Schwangerschaft nach assistierter Reproduktion

In Österreich bleibt jedes 6. Paar ungewollt kinderlos, die Nachfrage nach Kinderwunschbehandlung steigt kontinuierlich. Etwa 3 % der Kinder werden derzeit nach Einsatz von Methoden der ART geboren, in Österreich waren es im Jahr 2010 über 1.650 Kinder. Berücksichtigt man auch Kinder nach ovarieller Stimulation mit Clomifen oder Low-Dose-FSH mit anschließender Insemination, so ist die Rate etwa doppelt so hoch.

Frühaborte: Die Fehlgeburtsrate nach ART liegt bei etwa 30 %, nach spontaner Konzeption hingegen bei 15 %. Dabei ist zu berücksichtigen, dass es sich bei den Kinderwunschpatientinnen um ein spezielles Kollektiv handelt, sie sind im Durchschnitt älter und weisen häufiger Pathologien (wie z. B. einen Tubenfaktor, uterine Faktoren, vorangegangene Operationen etc.) bzw. endokrine Auffälligkeiten (z. B. PCO, Schilddrüsenerkrankungen etc.) auf als fertile Frauen. Bei männlicher Subfertilität finden sich zudem häufiger genetische Faktoren wie Chromosomenanomalien, die das Abortrisiko steigern können. Für die nach Kinderwunschtherapie erhöhte Abortrate scheinen demnach am ehesten Faktoren verantwortlich zu sein, die mit der Subfertilität assoziiert sind.

Schwangerschaftskomplikationen und neonatales Outcome: Auch Einlingsschwangerschaften nach ART sind entsprechend Metaanalysen mit einer erhöhten Komplikationsrate und einem schlechteren neonatalen Outcome verbunden als Einlingsschwangerschaften nach Spontankonzeption (Tab.). So sind vor allem die Risiken für Präeklampsie, Wachstumsrestriktion und Frühgeburt nach ART deutlich erhöht. Auch Fälle mit Placenta praevia bzw. vorzeitiger Plazentalösung werden bei Schwangerschaften nach ART häufiger beobachtet. Und nicht zuletzt ist das Risiko für die Geburt eines Kindes mit einem Geburtsgewicht von unter 1.500 g 3-mal so hoch wie bei spontan konzipierten Einlingsschwangerschaften. Insgesamt scheint die Subfertilität auch einen nicht unwesentlichen Anteil am Verlauf von Schwangerschaft und Geburt zu haben. Eine bedeutende Studie zu diesem Thema wurde 2008 im „Lancet“ publiziert. Eine norwegische Arbeitsgruppe verglich Schwangerschaftsverläufe, Geburtsdaten und neonatales Outcome von über 7.000 ART-Kindern mit Kindern nach Spontankonzeption. Die Schwangerschaften nach ART zeigten im Schnitt eine kürzere Schwangerschaftsdauer, ein niedrigeres Geburtsgewicht und ein höheres Risiko für Wachstumsretardierung. Zusammengefasst lassen die Daten zur Subfertilität (definiert als Konzeptionszeit von mehr als 12 Monaten) und zur Insemination den Schluss zu, dass nicht die invasiven Techniken wie IVF und ICSI für die geburtshilflichen und neonatologischen Probleme verantwortlich sind, sondern eher die Subfertilität.

Fehlbildungen: Die Fehlbildungsrate nach ART ist um etwa 30 % erhöht, wobei sich im Einzelnen die Fehlbildungsraten zwischen IVF und ICSI nicht unterscheiden, d. h. Fehlbildungen treten nach beiden Methoden in gleicher Weise gehäuft auf. Für Inseminationsbehandlungen und ovarielle Stimulationen gibt es derzeit keine verlässlichen Daten. Auch in diesem Kontext scheint der Subfertilität der Eltern Bedeutung zuzukommen. So wurde in einer Studie auch ein Zusammenhang zwischen dem Fehlbildungsrisiko und der Zeit bis zur Konzeption beobachtet.

Risiko für Chromosomenaberrationen: Eine Arbeitsgruppe fand bei Chromosomenanalysen nach Amniozentesen von 1.586 ICSI- Feten eine höhere Inzidenz von De-novo-Auffälligkeiten als in einem Vergleichskollektiv (9,5 % vs. 1,6 %). Insbesondere bei geringer Spermienzahl und/oder Spermienmobilität wurden gehäuft Chromosomenaberrationen gefunden. Zudem wurde bei den ICSI-Feten bedingt durch die höhere Rate von konstitutionellen Chromosomenanomalien bei den Vätern häufiger geerbte Anomalien beobachtet (1,4 % vs. 0,3–0,4 % im Vergleichskollektiv). Daher wird empfohlen, bei männlicher Subfertilität mit Spermienkonzentrationen von unter 20 Millionen/ml eine Chromosomenanalyse beider Partner vorzunehmen und gegebenenfalls eine humangenetische Beratung durchzuführen.

In einer in „Obstetrics and Gynecology“ publizierten Metaanalyse, die 15 Studien umfasste, wurden 12.283 Einlingsschwangerschaften nach ART 1,9 Mio. spontanen Schwangerschaften gegenübergestellt. Im Einzelnen betrug die OR (Odds-Ratio) für perinatale Mortalität bei den ART-Kindern 2,2, die OR für Frühgeburt 2,0, für niedriges Geburtsgewicht (LBW – Low Birth Weight) 1,8 bzw. für sehr niedriges Geburtsgewicht (VLBW) 2,7 und für SGA-Kinder (Small for Gestational Age) wurde eine OR von 1,6 errechnet.