Komplikationen der monochorialen Zwillingsschwangerschaft

Die Häufigkeit von Zwillingsschwangerschaften hat in den letzten Jahren, vor allem durch die vermehrte Anwendung assistierter reproduktiver Technologien und das durchschnittlich höhere mütterliche Alter, zugenommen und beträgt ungefähr 2 % aller Schwangerschaften. Ein Drittel aller Zwillingsschwangerschaften sind monozygot (eineiig), wobei davon etwa zwei Drittel monochorial sind. Dies bedeutet, dass sich die beiden Kinder eine gemeinsame Plazenta teilen, wohingegen dizygote (zweieiige) Zwillingsschwangerschaften immer zwei funktionell eigenständige (obwohl häufig sekundär fusionierte) Plazenten aufweisen und damit per definitionem dichorial sind. Die Chorionizität lässt sich mit Ultraschall vor der 14. Schwangerschaftswoche (SSW) eindeutig bestimmen.

Feto-fetales Transfusionssyndrom

Über Gefäßanastomosen kommt es zu Volumenverschiebungen zwischen beiden kindlichen Kreisläufen, die in rund 10 % der Fälle zu einem feto-fetalen Transfusionssyndrom (FFTS) führen, wobei ein Kind zum Spender (Donor) und das andere zum Empfänger (Rezipient) wird.

Zur Diagnostik des FFTS wird in erster Linie die sonografische Beurteilung der diskordanten Fruchtwassermengen durch Messung der maximalen vertikalen Fruchtwasserdepots (Abb. 1) herangezogen. Weitere Auffälligkeiten wie fehlende Blasenfüllung des Donors und pathologische Dopplerflusswerte können hinzukommen und dienen der Stadieneinteilung1, müssen aber keineswegs in chronologischer Reihenfolge auftreten. Ein FFTS tritt meist zwischen 16.–26. SSW auf und ist unbehandelt mit hoher kindlicher Mortalität und Morbidität assoziiert.

Therapie durch fetoskopische Laserablation: In den letzten Jahrzehnten wurden verschiedene Behandlungen mit unterschiedlichen Erfolgsraten angewandt, wobei die einzige kausale Therapie die fetoskopische Laserablation der plazentaren Gefäßanastomosen ist. Ziel ist hierbei eine funktionelle „Dichorionisierung“ der Plazenta, mit der Schaffung zweier unabhängiger plazentarer Territorien. Nach ultraschallgezielter Insertion eines Trokars kann der Fetoskopieschaft, der mit dem Fetoskop und einem 400–600 μm Laserlichtleiter bestückt ist (Abb. 2), in die Fruchthöhle des Rezipienten eingeführt werden. Meist werden dafür semirigide 2,0-mm-Fiberoptiken verwendet. Dann wird die Plazentaoberfläche untersucht, die beiden Nabelschnuransätze dargestellt und der vaskuläre Äquator, also der Grenzbereich der plazentaren Territorien, aufgesucht. Jedes diesen Äquator überquerende Gefäß wird verfolgt, wodurch alle Anastomosen identifiziert werden sollten. Die Anastomosen werden aus einem Abstand von 1 cm und in einem Winkel von 90 ° mittels Laserenergie solange koaguliert, bis ein vollständiges Sistieren des Blutflusses eintritt. Dazu können Dioden- oder auch Nd:Yag-Laserquellen verwendet werden, da diese im wässrigen Milieu anwendbar sind. Abschließend wird eine Amniondrainage durchgeführt, was geburtshilfliche Komplikationen verringern soll. Der Eingriff wird unter laufender Tokolyse in regionaler oder lokaler Anästhesie durchgeführt und ist mit einem stationären Aufenthalt von 24–48 Stunden verbunden. Die häufigsten Komplikationen dieser Therapie sind der frühe vorzeitige Blasensprung (pPROM) in 6–10 % und der intrauterine Fruchttod (IUFT) eines oder beider Kinder, der in 13–33 % und meist innerhalb der ersten Woche nach dem Eingriff eintritt. Nur sehr selten kommt es zu mütterlichen Komplikationen. Die Wirksamkeit und Überlegenheit der fetoskopischen Lasertherapie gegenüber der früher häufig durchgeführten Amniodrainage wurde in einer internationalen randomisierten Studie nachgewiesen. Die Lasertherapie resultierte in besseren Überlebensraten und in verringerter neurologischer Morbidität verglichen mit einer Amniondrainage. Die Überlebensraten nach Laser betragen ungefähr 70–80 %. Das neurologische Outcome nach Laser ist deutlich besser als nach Amniondrainage, und die neurologische Entwicklung im Alter von 2 Jahren entspricht weitgehend der von gleichaltrigen dichorialen Zwillingen. Generell wird eine Langzeitentwicklungsverzögerung in rund 15 % der Überlebenden beschrieben und als Folge des FFTS, der Lasertherapie und vor allem der höheren Frühgeburtsrate angesehen.

Selektive Wachstumsrestriktion eines Kindes

Ein weiteres häufiges Problem ist die selektive Wachstumsrestriktion eines Kindes, was meist aufgrund einer ungleichen Verteilung der plazentaren Versorgungsgebiete entsteht. Hierbei kann ein Kind so mangelhaft versorgt sein, dass es zu einem intrauterinen Fruchttod (IFT) kommt. Aufgrund der Gefäßverbindungen ist ein IFT eines monochorialen Zwillings aber immer mit dem Risiko der Schädigung des überlebenden Kindes verbunden, da dieses in den pulslosen Kreislauf des abgestorbenen Zwillings verbluten kann. Im Falle eines schwer beeinträchtigten oder geschädigten Kindes besteht daher auf Wunsch der Eltern auch die Möglichkeit eines selektiven Fetozids, der heute meist mittels ultraschallgezielter bipolarer Nabelschnurokklusion durchgeführt wird.

Prognose bei monochorialer Zwillingsschwangerschaft

Insgesamt weisen monochoriale Zwillinge eine Mortalität von 8 % und neurologische Entwicklungsverzögerungen in 10 % auf, wobei das neurologische Outcome nach Laser deutlich besser als nach der früher angewandten Fruchtwasserentlastungspunktion ist. Generell wird eine Langzeitentwicklungsverzögerung in rund 15 % der Überlebenden nach Laser beschrieben. Erwähnenswert ist aber auch, dass sogar scheinbar unkomplizierte monochoriale Zwillinge im Alter von 2 Jahren in 7 % neurologische Auffälligkeiten zeigen.

Fazit: Entscheidend in der Betreuung von Zwillingsschwangerschaften ist also die frühzeitige Festlegung der Chorionizität, was im Mutter-Kind-Pass schriftlich und mit einem beigelegten Bild dokumentiert werden sollte. Monochoriale Zwillingsschwangerschaften sollten in Kooperation mit einer spezialisierten Abteilung betreut werden, um Frühzeichen eines FFTS oder anderer Komplikationen identifizieren zu können. Die Überwachung einer unkomplizierten monochorialen Zwillingsschwangerschaft sollte zu mindest 2-wöchige Untersuchungen beinhalten, während bei dichorialen Zwillingen 4-wöchige Kontrollen ausreichend scheinen. Bei Auffälligkeiten wie diskordanten Fruchtwassermengen, auffälligen Dop plerwerte oder fetalen Wachstumsproblemen sollte umgehend an eine spezialisierte Abteilung zugewiesen werden. Bei monochorialen Zwillingen ist eine elektive Entbindung mit der 37. SSW anzustreben, da in Terminnähe eine erhöhte perinatale Mortalität und Morbidität beschrieben wurde. Bei günstiger Kindslage und fehlenden Kontraindikationen ist eine vaginale Geburt möglich.

 

Literatur beim Verfasser