Virenvermehrung durch Wärme stoppen

Als Kind wurde einem von Eltern und Großeltern oft gesagt, man solle sich warm anziehen, um keine Verkühlung zu bekommen. Verspürte man Kälte und Frösteln und begann wenige später Tage zu husten und zu schniefen, war der Übeltäter klar: die Kälte. Mit zunehmendem Wissensstand kam aber der Tag des Hinterfragens, schließlich werden doch Schnupfen und Co. durch einen Virus ausgelöst. Also alles nur ein Märchen? Teilweise ja, aber nicht ganz, sagt die Wissenschaft heute dazu. Symptom und Ursache wurden vermutlich früher oft verwechselt, denn das Frösteln war schon das erste Zeichen einer Rhinovirusinfektion. Offenbar ist aber an der Kälte-Hypothese etwas dran.

Auf die Frage, inwieweit die Common Cold wirklich etwas mit Kälte zu tun hat, konnten Wissenschafter der Universität Yale/USA vor Kurzem eine aufschlussreiche Antwort geben. Im Labor infizierte man Epithelzellen von Mäusen mit einem artspezifischen Erreger der Erkältung. Danach kultivierte man die Zellen bei unterschiedlichen Temperaturen. Bei 33° C, also den Bedingungen in einer kühlen Nase, bildeten sich deutlich mehr Viren in den infizierten Zellen als bei 37° C, die als normale Temperatur gelten. Grund dafür war eine schwächere Immunreaktion. Die Vermehrungsrate der Viren ist bei beiden Temperaturstufen identisch, aber die Reaktion des Wirts offenbar verschieden, der bei geringeren Temperaturen nur eingeschränkte Bekämpfungsmaßnahmen trifft.1

Der Vermehrungsmechanismus des Rhinovirus ist raffiniert. Es handelt sich bei den Viren um sehr kleine, kugelförmige Partikel. Die RNA ist dicht und eng gefaltet in eine Proteinhülle (Viruskapsid) gepackt. Eine großräumige Vermehrung wird möglich, weil das humane Rhinovirus A2 bzw. seine RNA während der Infektion der Wirtszelle mehrere Konformationsänderungen durchmacht und verändert mit der Innenwand des Viruskapsids interagiert. Die Aufnahme in infizierte Zellen geschieht in Form von Endosomen. Dort sinkt der pH-Wert, mit der Konsequenz, dass die Umhüllung des Virus porös wird und RNA austreten kann. Noch nicht geklärt ist, woher die RNA die richtigen Poren auswählt, um genau dort herauszukommen, wo das Virus an eine zelluläre Membran angedockt hat.2

Es ist aus den oben genannten Gründen also nicht nur gut, sich kleidungsmäßig warm zu halten. Fußbäder wärmen den gesamten Körper. Dämpfe von warmen Speisen erhöhen die Temperatur in der Nase und unterstützen bei der Virenabwehr. Dies ist wohl auch der Haupteffekt der oftmals bei Erkältungen propagierten Hühnersuppe. Warme Getränke sind ein Segen für den Organismus. Ideal sind Suspensionen mit Acetylsalicylsäure, um gleichzeitig die Abschwellung der Nasenschleimhaut zu fördern. Wer sich heiße Tees zubereitet und auf die antimikrobielle Wirkung von Honig setzt, sollte darauf hingewiesen werden, dass die Wirkung durch Hitze verlorengeht.

Besonders häufig kommt es im Rahmen einer Rhinovirusinfektion zu einer Pharyngitis. Aus Erhebungen geht hervor, dass 2 von 10 Patienten, die einen Arzt aufsuchen, von Rachenentzündungen betroffen sind. Die Erkrankung ist überwiegend viral bedingt. In rund 20 % der Fälle sind Rhinoviren verantwortlich.3 Auch Influenza-, Parainfluenza- und Adenoviren kommen als Ursache in Frage. Bakterielle Rachenentzündungen treten seltener auf, hauptsächlich sind sie dann durch Streptokokken bedingt. Gurgeln mit lauwarmem Salbeitee hat sich als unterstützende Maßnahmen ebenso bewährt wie Pastillen zum Lutschen. Der Wirkstoff Flurbiprofen weist ausgeprägte analgetische, antipyretische und entzündungshemmende Eigenschaften auf. Schon nach 30 Minuten kommt es zum Rückgang der Schwellung.

Türschnallen, Haltegriffe im Zug und das Mobiltelefon sind Reservoire für Viren und Bakterien. Vor einigen Jahren hat eine Studie gezeigt, dass sich auf Mobiltelefonen sogar mehr Keime tummeln als auf einem Toilettensitz. Dies zeigt, wie wichtig die persönliche Hygiene ist, um Infektionen in der Erkältungssaison zu vermeiden. Das regelmäßige Abspülen der Hände zählt ebenso dazu wie die Reinigung problematischer Bereiche im Haushalt, wenn man etwa an das WC, den Griff der Eingangstüre oder Tastaturen denkt.

Besonders beliebt bei Bakterien ist die Stirn. Der dünne Fettfilm bietet Anaerobiern einen optimalen Lebensraum und begünstigt die Vermehrung. Wer sich nachdenklich an die Stirn greift und danach zum Jausensemmerl greift, verleibt sich damit also jede Menge unerwünschte Mikroorganismen ein. Auch der Zeigefinger ist ein beliebter Tummelplatz für Bakterien.