HPV-assoziierte Erkrankungen und präputialer HPV-Nachweis

Wenngleich der Zusammenhang zwischen einem intakten Präputium und einem Zervixkarzinom bereits sehr lange vermutet wurde, konnte dies erstmal 2002 im Rahmen einer großen multizentrischen Studie nachgewiesen werden.8 Als Ursache wird heute das vulnerable, schwach keratinisierte innere Vorhautblatt vermutet: dieses ist zum einen im Rahmen des vaginalen Kontaktes der potenziellen infektiösen vaginalen Sekretion ausgesetzt, zum anderen kann eine Inokulation des Virus in entsprechende Makrophagen des inneren Vorhautblattes zur Eradizierung, aber auch zur stummen Infektion führen. Die negative Korrelation zwischen zirkumzidierten Patienten und einer HPV-Infektion wurde im Rahmen eines systematischen Reviews 2011 von Larke bestätigt9: 23 Publikationen wiesen den protektiven Effekt einer Zirkumzision gegenüber HPV-Infektionen nach, zusätzlich konnte eine protektive Wirkung einer High-Risk-HPV-Infektion (HR-HPV-Infektion) bei HIV-negativen wie -positiven Männern nachgewiesen werden.10 Weiters kann eine primäre – bereits im Kindes- oder Adoleszentenalter nachzuweisende – Infektion der dendritischen Zellen des inneren Vorhautblattes zur Infektionsquelle der späteren Partnerin führen. Die Übertragung der HPV Viren erfolgt folglich nicht nur durch sexuelle Kontakte, sondern bereits sehr früh durch die so genannnte „horizontale Transmission“, welche sowohl durch eine Auto- als auch eine Heteroinokulation erfolgen kann. Dies bedeutet, dass das HPV Virus durch ein­fache Haut- und Schleimhautkontakte übertragen wird, z. B. durch kontaminierte Gegenstände oder – in seltenen Fällen – auch während der Geburt durch Übertragung von der infizierten Mutter auf das Kind.

Aktuelle Studie: Um die Prävalenz sowohl von HR- als auch Low-Risk-HPV-Viren (LR-HPV Viren) bei Knaben und Männern zu untersuchen, wurden nach Vorliegen eines positiven Ethikkommissionsbescheides die Präputia von asymptomatischen Knaben und Männern nach medizinisch indizierter Zirkumzision untersucht. Insgesamt konnten 250 Präputia untersucht werden, diese wurden altersspezifisch (Kleinkinder und Kinder 0–10 Jahre, Adoleszente 11–20 Jahre und Erwachsene >20 Jahre) verglichen. Die Auswertung erfolgte nach In-situ-Hybridisierung mit dem Nachweis von HR- (onkogene Viren: 16, 18, 31, 33, 35, 45, 51, 52, 56, 58, 59, 68 und 70) und LR-Viren (nicht okogene Viren: 6 und 11).11 Zusätzlich wurden die Lokalisationen der Viruspräsenz bestimmt, d. h. episomal (latente virale DNA) vs. integrativer Virusreplikation (Abb.).
Im Gesamtkollektiv fand sich eine Prävalenz von High-Risk-positiven Präparaten von 49,8 % und 41,9 % Low-Risk-positiven Präparaten. Bemerkenswert ist die hohe Inzidenz von Low-Risk-positiven Befunden bei Adoleszenten mit einer Prävalenz von 63,6 %, bei Kindern bis zum 10. Lebensjahr und Erwachsenen fand sich eine Prävalenz von 35 bzw. 48,6 %. Wie zu erwarten, fand sich die höchste Inzidenz an positiven HR-Präparaten in der Gruppe mit der höchsten sexuellen Aktivität (Gruppe 2: 61,9 %). Unsere Studie bestätigt die hohe Inzidenz an HR- und LR-positiven Geweben bei Kindern, Adoleszenten wie Männern.

 

 

Die Konsequenz dieser Studie sollte eine Immunprophylaxe im Sinne einer Vakzinierung nicht nur von Mädchen, sondern auch von Knaben sein, denn nur mit der Impfung von Personen beiderlei Geschlechts vor Eintritt in das sexuell aktive Alter ist eine Unterbrechung der Infektionskette möglich. Derzeit sind 2 verschiedene Impfstoffe gegen HPV in Österreich verfügbar, ein quadrivalenter Impfstoff (gegen HPV Viren 16, 18 sowie 6 und 11) und ein bivalenter Impfstoff gegen die HR-HPV Viren 16 und 18. Leider werden die Kosten dieser Impfung dzt. in Österreich von den Sozialversicherungsträgern nicht übernommen, für 3 Teilimpfungen müssen etwa € 600 bezahlt werden12.

 

FACT-BOX

Es gibt einen eindeutigen Zusammenhang zwischen HPV-Infektionen und dem inneren Vorhautblatt von Kindern, Adoleszenten wie Erwachsenen.
Der Infektionsweg bei Kindern und Adoleszenten wird nicht durch sexuellen Kontakt, sondern – ähnlich wie bei Herpesviren – durch die so genannte „horizontale Transmission“ verursacht.
Die Korrelation zwischen nichtzirkumzidierten Patienten und einer HPV-Infektion wurde auch im Rahmen von Multizenterstudien mehrfach bestätigt, weitere mit dieser Infektion assoziierte Kofaktoren sind fehlende Kondomverwendung sowie eine positive Raucheranamnese.
Im Hinblick auf das Risiko von sexuell aktiven Menschen, sich mit einer 70–80%igen Wahrscheinlichkeit im Laufe ihres Lebens mit dem HPV Virus zu infizieren, müssen vorhauterhaltende Operationstechniken – medizinisch wie juristisch – hinterfragt werden.
Als Konsequenz dieser Erkenntnisse sollte eine Immunprophylaxe im Sinne einer HPV-Vakzinierung nicht nur von Mädchen, sondern auch von Knaben vor Eintritt in das sexuell aktive Alter gefordert werden.

 

1 Cates Jr W, Sex Transm. Dis 1999; 26:S2–S7.
2 Giuliano AR et al., Cancer Epidemiol Biomarkers Prev 2008a; 17:2036–2043.
3 Giuliano AR et al., Int. J. Cancer 2009; 124:1251–1257.
4 Hernandez BY et al., J. Infect. Dis. 2008a; 197:787–794.
5 Nielson CM et al., J Infect Dis 2009b; 199:7–13.
6 Vaccarella S et al., Int J Cancer 2006; 119:1934–1939.
7 Lu B et al., J. Infect Dis 2009; 199:362–371.
8 Castellsagué X et al., NEJM 2002; 346:1105–1112.
9 Larke N et al., J Infect Dis 2011; 204(9):1375–90.
10 Tobian AA, Gray RH, Future Microbiol 2011; 6(7):739–45.
11 Klinglmair G, Pichler R, Zelger B, Hasan Serkan Dogan HS, Ladurner-Rennau M, Müller R, Skradski V, Buttazzoni A, Leonhartsberger N, Horninger W, Oswald J, Prevalence of the Human Papillomavirus (HPV) Expression of the inner prepuce in asymptomatic boys and men. Im Review.
12 Österreichische Krebshilfe.„Impfung gegen HPV“.
www.krebshilfe.net/information/vorsorge/frauen/hpv.shtm