Föderalismus: Kommt jetzt die große Wende?

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Die getrennte Finanzierung von Spitälern und niedergelassenem Bereich gilt als Grundübel des Gesundheitswesens. Jetzt häufen sich Zeichen für einen möglichen Umbruch.

Bund, Länder und Gemeinden wollen sich 18 Monate Zeit nehmen, um eine größere Verwaltungsreform zustande zu bringen. Das kündigte Salzburgs Landeshauptmann Wilfried Haslauer (ÖVP) am Wochenende nach einer Landeshauptleute-Konferenz in Leogang an, an der auch die Spitzen von Bundesregierung, Gemeinde- und Städtebund teilgenommen hatten. Konzentrieren will man sich auf die Bereiche Gesundheit, Bildung und Energie sowie auf Kompetenzbereinigungen und Verwaltungsvereinfachungen. Formal wurde eine „Reformpartnerschaft“ vereinbart, die vom Bund, den Ländern, Gemeinden und Städten gemeinsam getragen wird – erstmals in dieser Form, wie Haslauer betonte. Bundeskanzler Christian Stocker (ÖVP) unterstrich, dass es hier nicht nur um Veränderung, sondern vor allem auch um Verbesserung gehe. Das Leben in Österreich solle an die Verhältnisse der heutigen Zeit angepasst werden. „Es geht dabei nicht nur darum Geld einzusparen, sondern in den angesprochenen Bereichen effizienter und schlanker zu werden.“

Im Gesundheitswesen habe man sich darauf verständigt, im Dreierschritt „digital vor ambulant vor stationär“ vorzugehen – und das Gesamtsystem zugunsten einer Beschleunigung der Patientenlenkung umzubauen, erklärte Wiens SPÖ-Bürgermeister und Städtebundpräsident Michael Ludwig. Wartezeiten auf Behandlungen und Operationen sollen verkürzt werden. „Die Bevölkerung erwartet Sparmaßnahmen, bei der persönlichen Betroffenheit endet dann aber die Begeisterung dafür. Darum ist es wichtig, dass wir gemeinsam an einem Strang ziehen.“ Aus Verhandlungskreisen ist zu hören, dass es auch eine Lösung für das seit Jahrzehnten schwelende Grundproblem im Gesundheitswesen geben könnte: die getrennte Finanzierung von Spitälern und niedergelassenem Bereich. Bisher zahlen die Kassen einen gedeckelten Pauschalbeitrag ihrer Einnahmen in die Spitalstöpfe der Länder. Die Folge: je weniger Patient:innen die Spitäler behandeln, umso mehr Geld beleibt den Trägern. Je mehr Patient:innen in den Spitälern therapiert werden, umso billiger wird es für die Krankenversicherungen. Und so versucht bisher jede Seite die Patient:innen der jeweils anderen zuzuschieben.

Jetzt könnte es sein, dass es zwischen Bund und Ländern zu einem Abtausch von Zuständigkeiten kommt, die jede Seite als Gewinn verkaufen kann. Für diesen Reformprozess wird ein politisches Steuergremium verantwortlich sein. Neben den Spitzen der Bundespolitik werden darin drei Vertreter:innen der Landeshauptleute – darunter der oder die jeweilige Vorsitzende der Landeshauptleutekonferenz sitzen. Dazu kommen Vertreter:innen von Städte- und Gemeindebund. Die Führungsverantwortung für die Themenkomplexe liegt beim Bund – und wird von den jeweiligen Minister:innen oder Staatssekretär:innen übernommen. Sie sollen in den nächsten Monaten Vorschläge sammeln und analysieren, Verbesserungsvorschläge herausfiltern und dann vorlegen.

Die Frist mit Jahresende 2026 dürfte allerdings keine völlig verbindliche sein. „Wenn wir in einem Teilbereich länger brauchen, dann ist das so“, betonte Haslauer. Er deutete auch an, dass die Entscheidungen über konkrete Maßnahmen wohl nicht konfliktfrei verlaufen werden. „Es wird das Match Förderlisten gegen Zentralisten.“ Jede Änderung verlange zudem auch Aufwendungen und Finanzierungen. „Das muss im nächsten Finanzausgleich abgebildet werden.“

Es gibt allerdings auch schon erste Querschüsse: „Ein großer Reformwurf wird dann gelingen, wenn Steuergeld dort ankommt, wo es die Bevölkerung tatsächlich braucht – nämlich bei den Leistungen, die tagtäglich vor Ort erbracht werden“, sagt Burgenlands Landeshauptmann Hans Peter Doskozil (SPÖ). Er verweist in diesem Zusammenhang auf das in der Bundesverfassung verankerte Subsidiaritätsprinzip. „Was die Länder gut erledigen können, sollen die Länder auch möglichst eigenständig verantworten – mit den dafür erforderlichen finanziellen Mitteln“, so Doskozil, der die Rolle der Bundesländer bei zentralen öffentlichen Dienstleistungen – vom Bildungsbereich über Gesundheit und Pflege bis hin zum Wohnbau oder der Wirtschaft – unterstreicht. „Eine Reform, die die Länder ausdünnt, wäre nicht tragfähig.“ (rüm/APA)