Was das EU-Defizitverfahren für Gesundheit bedeutet   

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Die EU-Finanzminister:innen haben am Dienstag in Brüssel offiziell die Eröffnung eines EU-Defizitverfahrens gegen Österreich beschlossen. Das hat auch Folgen für das Gesundheitssystem. 

Der Rat der EU-Finanzminister:innen folgt mit Eröffnung eines EU-Defizitverfahrens der Empfehlung der EU-Kommission. Österreich wird von der Europäischen Kommission aufgefordert, Maßnahmen vorzulegen, wie das übermäßige Defizit, mittelfristig abgebaut werden kann. Österreich vertritt die Position, dass man die entsprechenden Beschlüsse schon im Nationalrat mit dem Doppelbudget gefasst hat. Grund für das Defizitverfahren ist, dass Österreich mit seinem Budgetdefizit von 4,7 Prozent des BIP im vergangenen Jahr und den geplanten 4,5 Prozent heuer klar über der erlaubten Grenze von drei Prozent der Wirtschaftsleistung der sogenannten Maastricht-Kriterien der EU liegt.

Finanzminister Markus Marterbauer betonte, dass die Sanierung des Budgets nicht primär wegen der europäischen Regeln notwendig sei, sondern „weil wir uns hohe Defizite auch ökonomisch nicht leisten können. Wir geben das Geld lieber für Kindergärten und für Gesundheit und Pflege aus und nicht für hohe Zinszahlungen.“ Die Bürger:innen würden die Sparmaßnahmen merken, aber das sei die „notwendige Sanierung“. Das Defizitverfahren werde keine zusätzlichen Maßnahmen erfordern, es begleite die Sanierung.

Tatsächlich inkludiert das gesamtstaatliche Defizit auch die Bundesländer und die Krankenversicherungen. Dort führen die Entwicklungen in beiden Bereichen auch zu Kürzungen im Gesundheitsbereich: der Topf für Förderungen von neuen Primärversorgungseinheiten ist etwa leer; viele Bundesländer haben nach Auslaufen der entsprechenden EU-Förderung die Community Nurses gekürzt; der Bund erhöht die Krankenversicherungsbeiträge für Pensionist:innen und die Gebühr für die e-Card; die ÖGK führt Selbstbehalte bei Krankentransporten ein; die Bundesländer überlegen Optimierungen und Zusammenlegungen im Spitalsbereich. Weitere Maßnahmen könnten folgen.

Dabei wird übersehen, dass der Gesundheitssektor auch ein wichtiger Arbeitgeber und Wirtschaftsmotor ist. Fast die Hälfte der Gesundheitsausgaben fließen über Steuereinnahmen – vor allem durch Abgaben auf Löhne und Gehälter – wieder ins System zurück. Mit einem Anteil von fast 12 Prozent der Wirtschaftsleistung sind die Ausgaben auch Investitionen. Die Gesundheitswirtschaft ist somit ein ökonomisches Kraftzentrum. Natürlich gibt es im Gesundheitswesen auch in einzelnen Bereichen Überversorgung, die identifiziert und korrigiert werden muss. Das ist der Politik aber meist zu kompliziert. Stattdessen wird undifferenziert gespart, und das belastet nicht nur die Gesundheit der Menschen, sondern auch auf Kosten des Wachstums. (rüm)