Neue ÖGK-Zahlen: „Land in Sicht, aber der Weg ist weit“

© ÖGK

Die neue Gebarungsvorschau weist für die ÖGK ein um 360 Millionen geringeres Minus aus. Entwarnung gibt es aber noch keine, weshalb neue Forderungen an Gesundheitsberufe und Regierung kommen. Dabei ist sich die Kasse uneins.

Die finanziellen Aussichten der Krankenkassen haben sich laut der Gebarungsvorschau für August (Halbjahresausblick) etwas gebessert. Wie Peter McDonald, derzeit Vorsitzender im Dachverband der Sozialversicherungsträger, im APA-Interview erklärte, habe sich das Minus aller Kassen im Vergleich zum Mai um über 400 Millionen Euro auf einen Bilanzverlust von rund 591 Millionen reduziert. Der Abgang bei der Österreichischen Gesundheitskasse schlägt sich nun mit 546,7 statt mit den im Mai veranschlagten 906,7 Millionen zu Buche.

„Es ist Land in Sicht, aber der Weg zur Anlandung ist noch weit“, sagte McDonald, der auch Co-Vorsitzender der Österreichischen Gesundheitskasse (ÖGK) ist und im Juli den Dachverbands-Chefposten im halbjährlichen Turnus übernommen hat. Nun gelte es, „mit ruhiger Hand den Kurs zu halten“. Als Entwarnung möchte er dies keinesfalls verstanden wissen. Dass die Reduktion des ÖGK-Defizits geringer ausfalle, als bei der Gebarungsvorschau im Mai erhofft – damals ging die ÖGK noch von einer Verringerung von 650 Millionen aus – , liegt laut McDonald daran, dass nur Dinge eingepreist werden können, die bereits in trockenen Tüchern sind. Beispielsweise fehle in der ÖGK noch die Einigung mit den Ärzt:innen auf geringere Einkommenssteigerungen, „die dort von der Ärztekammer blockiert werden“, so McDonald: „Und deswegen wackelt auch die schwarze Null für 2026.“ Derzeit geht man beim Dachverband bei allen drei gesetzlichen Krankenversicherungsträgern 2026 von einem Minus rund 350 Millionen aus.

Bei den nun folgenden Verhandlungen mit der Ärztekammer erwartet sich McDonald Entgegenkommen – vor dem Sommer hatte er bereits einen „Solidarbeitrag“ eingefordert. Dabei gehe es freilich nicht darum, „den Ärzten etwas wegzunehmen“, also Einkommensbußen, sondern lediglich um geringere Einkommenssteigerungen. „Es geht nicht um einen Schritt zurück, sondern darum, dass es nicht mehr zwei Schritte nach vorne sein können in der jetzigen, wirtschaftlich schwierigen Situation, sondern halt nur ein Schritt.“

Diesbezüglich verspürt McDonald auch durch den jüngst bekanntgewordenen Rechnungshof-Rohbericht Rückenwind, der unter anderem festhält, dass die Honorare der Ärzt:innen über sieben Jahre doppelt so stark gestiegen seien wie die Inflation. „Der Rechnungshof unterstützt in ungewohnter Offenheit meinen Appell nach zurückhaltenden Abschlüssen“, so McDonald: „Wir haben in den letzten Jahren eine ganz gute Einkommensentwicklung für die Ärztinnen und Ärzte ermöglicht, aber jetzt, wo die Zeiten schwieriger werden, braucht die Versichertengemeinschaft ihre Solidarität damit es sich ausgeht. Niemand kann mehr geben als er hat.“ Die Ärztekammer führt hingegen die höheren Ausgaben nicht auf Honorarsteigerungen, sondern auf eine erhöhte Nachfrage der Patient:innen – nicht zuletzt aufgrund der demographischen Entwicklung zurück.

Die ÖGK ist sich allerdings nicht einige über die nächsten Schritte. ÖGK-Obmann Andreas Huss forderte etwa mehr Mittel von der Regierung ein. Mehrere Faktoren würden die finanzielle Situation der ÖGK zunehmend belasten. Huss nannte hier die rückläufige Wirtschaftsentwicklung „und somit eine schwächelnde Einnahmenentwicklung“, stark steigende Gesundheitsausgaben bei ärztlicher Hilfe sowie bei Spitalsfinanzierung und bei Medikamenten – „auch wegen innovativer, aber teurer Medikamente“, sowie den demografischen Wandel mit einer älter werdenden Bevölkerung. Auch die Kosten für Krankengelder für sehr langwierige Erkrankungen seien „stark steigend“. Die Krankenversicherungen sind mit dem Dilemma konfrontiert, dass geringere Beitragseinnahmen auf eine höhere Inanspruchnahme der Leistungen treffen. So sei man mit dem Phänomen konfrontiert, dass es demografisch bedingt zu einer höheren Inanspruchnahme von Leistungen beim Arzt und in der Apotheke kommt. Woran sich auch in den kommenden Jahren nur wenig ändern werde.

„Die offizielle Vorschaurechnung zeigt, dass die ÖGK bedauerlicherweise in den nächsten Jahren strukturell in einem Minus steckt“, sagte Huss. Das beweise, dass die österreichische Gesundheitsversorgung „dringend zusätzliches öffentlich und solidarisch finanziertes Geld“ benötige. Einmal mehr verwies Huss auf den Vergleich mit Deutschland, dort betrage der Krankenversicherungsbeitrag mittlerweile 16 Prozent, in Österreich hingegen 7,65 Prozent. Rechne man die dortige hundertprozentige Spitalsfinanzierung heraus, bräuchte man in Österreich (bei knapp 50 Prozent Spitalsfinanzierung) einen Beitrag von 9,5 Prozent, „um die gleiche finanzielle Ausstattung zu haben“. Mit anderen Worten: Huss wünscht sich eine Erhöhung der Krankenversicherungsbeiträge. McDonald lehnt das als Arbeitgeber allerdings prompt ab. Er wolle keine Erhöhung der Lohnnebenkosten – vor allem in wirtschaftlich schwierigen Zeiten. (red/APA)